Christopher Vogt (FDP)
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Nach den schlechten Noten für Deutschlands Schüler in der jüngsten PISA-Studie muss die Bildungspolitik dringend nachgebessert werden – auch in Schleswig-Holstein. Darüber waren sich Vertreter von Koalition und Opposition in einer Aktuellen Stunde im Landtag weitgehend einig. Zwei Erkenntnisse: Die langen Schulschließungen während Corona waren ein Fehler, und die soziale Herkunft spielt nach wie vor eine zu große Rolle für den Bildungserfolg. Zu viele Kinder aus bildungsfernen Haushalten kommen im Unterricht nicht mit.
Laut der Studie für das Jahr 2022 haben die deutschen 15-Jährigen in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften so schlecht abgeschnitten wie nie zuvor. Die Werte lagen sogar unter der ersten PISA-Studie aus dem Jahr 2000. Der Abwärtstrend sei „katastrophal für die Kinder und Jugendlichen und für die gesamte Gesellschaft“, sagte Christopher Vogt, dessen FDP-Fraktion die Debatte angestoßen hatte. „Natürlich spielen die Corona-Pandemie und die zunehmende Zuwanderung eine nicht unerhebliche Rolle“, so Vogt, aber dies dürfe keine Ausrede sein. Er forderte verpflichtende Sprachtests für alle 4 1/2-Jährigen, „um Defizite zu erkennen und zu korrigieren“. Zudem gelte: „Eine gesunde Leistungsbereitschaft schadet den Kindern nicht.“
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Soziale Ungleichheit ist ein Problem
Die Ergebnisse seien „nicht hinnehmbar“, befand auch Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Sie warnte aber davor, rasche Besserung zu erwarten: „Sie verändern ein Bildungssystem nicht innerhalb weniger Wochen oder Monate.“ Ein Punkt sei die Unterrichtsqualität: „Die Jugendlichen langweilen sich im Matheunterricht.“ Im Haushalt 2024 schaffe das Land 420 neue Lehrerstellen, so Prien. Das deutsche Bildungssystem habe „ein riesiges Problem mit sozialer Ungleichheit“, mahnte die neue Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD). Der ständige Verweis auf Menschen mit Migrationsgeschichte löse das Problem nicht, denn PISA zeige auch, dass Kinder aus Zuwandererfamilien in Deutschland „die größten Nachteile weltweit“ hätten. Dabei seien fünf Millionen Kinder aus Zuwandererfamilien „fünf Millionen Hoffnungsträger“.
„Unsere Integrationsansätze reichen nicht aus, um soziale Unterschiede auszugleichen“, stellte Jette Waldinger-Thiering (SSW) fest. Mit Blick auf die PISA-Sieger aus Skandinavien und dem Baltikum machte sie sich für eine Gemeinschaftsschule und „gemeinsames Lernen mit genügend Ressourcen“ stark. Martin Balasus (CDU) bezeichnete die monatelangen Schulschließungen während der Pandemie als Fehler. Dennoch gelte: „Corona und Migration sind nicht Ursache, sondern Verstärker.“ Er forderte „mehr Zeit und Ressourcen für die Basiskompetenzen Lesen, Scheiben, und Rechnen.“
Lasse Petersdotter (Grüne)
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Unzufriedenheit der Schüler in den Blick nehmen
Auch Lasse Petersdotter (Grüne) bezeichnete die Ergebnisse als „dramatisch“. Laut der Studie gäben 22 Prozent der Schüler an, sie seien mit ihrem Leben unzufrieden. Das gelte es in den Blick zu nehmen, „damit die Jugendlichen sich etwas zutrauen“. Er wies darauf hin, dass PISA viele Dinge nicht teste, etwa sprachliches Ausdrucksvermögen, wirtschaftliche und politische Bildung, Geografie und Geschichte, Kunst und Kultur: „Für einen erfolgreichen Bildungsweg ist all das aber sehr relevant.“