Ein wesentliches Kriterium für den Fraktionsausschluss war die Verbindung der 64-jährigen AfD-Landesvorsitzenden zu dem vom Verfassungsschutz Thüringen als rechtsextremistisch eingestuften „Verein Gedächtnisstätte“, wie AfD-Fraktionschef Jörg Nobis nach der Fraktionssitzung am Nachmittag sagte. Er betonte, dass der Verein auf der Unvereinbarkeitsliste für AfD-Mitgliedschaften stehe. Das Votum für den Ausschluss von Sayn-Wittgenstein aus der Fraktion sei von den anderen Fraktionsmitgliedern einstimmig gefallen, so Nobis.
Zuvor hatte es widersprüchliche Aussagen zu angeblichen Beziehungen der Rechtsanwältin ins rechtsextreme Lager gegeben. Nobis hatte vor einigen Tagen gesagt, dass Sayn-Wittgenstein nicht nur bestätigt habe, dass sie vor Jahren zur Unterstützung des Vereins aufgerufen habe. Vielmehr habe sie auch erklärt, sie sei dort seit Jahren Mitglied.
Bundespartei berät weiter
Dagegen hatte Sayn-Wittgenstein angegeben, sie sei nicht Mitglied des Vereins und sei es auch nicht gewesen. Sie räumte aber ein, für den Verein im Jahr 2014 geworben zu haben. Der Verein sei als gemeinnützig anerkannt gewesen und habe damals weder auf der Liste des Verfassungsschutzes noch auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD gestanden.
Nobis betonte heute nach der Fraktionssitzung, dass es für den Ausschluss nicht maßgeblich gewesen sei, „ob Frau von Sayn-Wittgenstein jemals Mitglied in dem Verein war oder nicht”. Wie eng die Verbindung mit dem rechtsnationalen Verein tatsächlich war, damit werde sich der Bundesvorstand der AfD „zeitnah“ beschäftigen, sagte der Fraktionschef der Oppositionsfraktion. Das Verhältnis zwischen der Fraktionsmehrheit und der dem rechtsnationalen AfD-Flügel zugerechneten Sayn-Wittgenstein gilt seit langem als angespannt.
26 fraktionslose in der Geschichte des Landtages
Letztmalig gehörte mit der ehemaligen Grünen-Politikerin Adelheid Winking-Nikolay ein fraktionsloses Mitglied dem Landtag an. Sie hatte sich 1999 mit ihrer Partei überworfen, war ausgetreten und hatte die Fraktion verlassen. Sayn-Wittgenstein ist die 26. Politikerin ohne Rückendeckung einer Fraktion in der Geschichte der gewählten Landtage in Schleswig-Holstein. Der Fraktionsstatus der AfD ist durch ihren Ausschluss nicht gefährdet. Für den Fraktionsstatus sind vier Abgeordnete nötig – genau auf diese Zahl kommt die Oppositionsfraktion jetzt.
Die nun fraktionslose Sayn-Wittgenstein, die kurz nach ihrem Ausschluss ankündigte, „normale Abgeordnete“ zu bleiben, kann weiter an den Plenartagungen teilnehmen.