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17. Juli 2024 – Juli-Plenum

Kinder- und Jugendgewalt bereitet Kopfzerbrechen

Immer mehr Kinder und Jugendliche üben Gewalttaten aus oder werden Opfer. Im Landtag besteht Einigkeit darüber, dass dieser Entwicklung Einhalt geboten werden muss, über den richtigen Weg wird jedoch diskutiert.

Ein Schüler drückt auf dem Schulhof eines Gymnasiums einen anderen Schüler zu Boden (gestelltes Illustrationsfoto).
Ein Schüler drückt auf dem Schulhof eines Gymnasiums einen anderen Schüler zu Boden (gestelltes Illustrationsfoto).
© Foto: dpa, Oliver Berg

„Heute geht vom Schleswig-Holsteinischen Landtag, von CDU, Grünen, FDP und SSW, ein starkes Signal gegen Kinder- und Jugendgewalt aus.“ Mit diesen Worten würdigt Martin Balasus einen gemeinsamen Antrag, der im Plenum heute vorgelegt worden war. „Gewalt unter Kindern und Jugendlichen wird immer häufiger, sie beginnt in einem jüngeren Alter und fällt brutaler aus“, sagte der CDU-Politiker. Der gemeinsame 13-Punkte-Maßnahmenkatalog würde unter anderem Prävention, Aktualisierung von Materialien und bessere Kooperation zwischen Schule, Polizei und Jugendhilfe umfassen. Dies sei ein Anfang, so Balasus.

Christopher Vogt (FDP) wies auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung hin. Vielen Kindern fehle es an Empathie und Respekt, was oft aus dem familiären Umfeld resultierte, so Vogt. „Die psychische Belastung hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen“, was die Situation weiter verschärfe. Vogt forderte verstärkte Integrationsbemühungen und ein „verbessertes Frühwarnsystem“.

SPD: Ganzheitlichkeit muss im Vordergrund stehen

Die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Die SPD hatte den gemeinsamen Antrag nicht unterzeichnet und stattdessen einen Alternativantrag vorgelegt, der auf ganzheitliche, familienorientierte Ansätze und Chancengleichheit fokussiert. Nur durch ein solch ganzheitliches Konzept könne der Kinder- und Jugendgewalt begegnet werden, sagte die Sozialdemokratin Sophia Schiebe. „Genau dieser ganzheitliche Ansatz ist uns beim Antrag der anderen Fraktionen zu kurz gekommen.“ Schiebe wie darauf hin, dass nur ein minimaler Teil der Jugendlichen delinquentes Verhalten zeige, während viele selbst „von Gewalt betroffen“ seien.

Der Grünen-Abgeordnete Malte Krüger hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Der Grünen-Abgeordnete Malte Krüger hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Seitens der Grünen kritisierte Malte Krüger, dass die Jugend oft pauschal als „brutal“ dargestellt würde, und hob hervor, dass Gewalt zwar statistisch zugenommen hätte, jedoch nicht quantitativ mehr Fälle vorlägen. Den parteiübergreifenden Maßnahmenplan nannte der bildungspolitische Sprecher der Grünen ein „gutes Zeichen“. Besonders wichtig seien aus Sicht der Grünen präventive Ansätze, da die „Herabsetzung der Strafmündigkeit von jetzt 14 Jahren keine Lösung“ sei, so Krüger. Auch Christian Dirschauer (SSW) betonte die Wichtigkeit präventiver Maßnahmen, um durch frühe Hilfen ein gesundes Umfeld für resiliente Kinder zu schaffen.

Bildungsministerin dankt für professionelles Verhalten

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) lobte die „nüchterne und sachliche“ Arbeit des Landtages. Es sei wichtig das Problem nicht für „aufgeregte und polemische Debatten“ zu missbrauchen. Das passiere hier nicht, „dafür bin ich sehr dankbar“, so die Ministerin. Tatsächlich herrschte parteiübergreifend Einigkeit, dass die Inhalte beide Anträge zu einer gemeinsamen Strategie führen könnten.

Die Papiere wurden an den Bildungsausschuss und mitbratend an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.

Die Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen ist 2023 laut der aktuellen Kriminalitätsstatistik der Polizei in Schleswig-Holstein erneut gestiegen. Das Martyrium einer 13-Jährigen in Heide, die von anderen Mädchen geschlagen, gedemütigt und dabei gefilmt wurde, oder die körperliche Misshandlung eines Zwölfjährigen in Uetersen durch Gleichaltrige sind dabei nur zwei von vielen Fällen. Daher hatten drei Landtagsausschüsse (Bildung, Soziales, Innen und Recht) im März dieses Jahres Expertinnen und Experten zu einer Anhörung zum Thema Kinder- und Jugendgewalt ins Landeshaus geladen. Aus den Erkenntnissen dieser Sitzung resultiert nun ein gemeinsamer Antrag von CDU, Grünen, FDP und SSW.

Unter dem Titel „Kinder- und Jugendgewalt entschieden entgegentreten“ fordern die Fraktionen die Landesregierung in 13 Punkten auf, entschiedener gegen solche Delikte tätig zu werden. So soll etwa ein Leitfaden zur Einberufung eines „Runden Tisches“ an betroffenen Schulen erarbeitet werden, der in Konfliktlagen alle Beteiligten einbezieht. Eine Handreichung zum Umgang mit Diskriminierung, Extremismus, Rassismus und Antisemitismus an Schulen soll erarbeitet und dort allen tätigen Personen sowie den Schülerinnen- und Schülervertretungen zur Verfügung stehen.

Konfliktspotential früh erkennen

Weiter seien präventionsbezogene Fortbildungs- und Projektangebote an Schulen unter anderem durch Fachtage zu stärken, ebenso die Gewaltprävention an Schulen als Bestandteil der Lehrkräfteausbildung. Auch Präventionsangebote gegenüber Risiken im digitalen Raum, in Schule und außerschulischen Angeboten sollen weiterentwickelt werden. Perspektivisch schlagen CDU, Grüne, FDP und SSW eine Schnittstelle zwischen Schule, Polizei und Jugendhilfe vor, um eine Früherkennung von Konfliktszenarien zu ermöglichen. Und: Von Kinder- und Jugendgewalt betroffene Personen sollen durch verbesserte Strukturen schneller Hilfe bekommen.

Finanzielle Mittel könnten laut Antragsbegründung unter anderem aus dem Sofortprogramm „Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen“ kommen, dort stehen demnach für dieses Jahr noch 3,1 Millionen Euro für den schulpsychologischen Dienst und 5 Millionen Euro für die Stärkung der Schulsozialarbeit zur Verfügung. Auch sei die Arbeit von „TiK.SH“ (Traumapädagogik in Kindertagesstätten) auf Grundschulen ausgeweitet worden mit bereit gestellten Mitteln von insgesamt 5,1 Millionen Euro ab 2023. Über das Startchancen-Programm würden den ausgewählten Schulen sowie Kitas ab dem Schuljahr 2024/2025 zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.

(Stand: 15. Juli 2024)

Vorherige Debatte zum Thema:
Juli 2023 (ohne Meldung in plenum-online)

Kinder- und Jugendgewalt entschieden entgegentreten
Antrag der Fraktionen von CDU, Grünen, FDP und SSW – Drucksache 20/2328 
Alternativantrag der SPD-Fraktion – Drucksache 20/2364