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19. Juni 2024 – Juni-Plenum / Vorschau

Kürzungen im Bahnnahverkehr im Fokus

CDU-Verkehrsminister Madsen kündigt Einsparungen in Schienennahverkehr an und ruft damit die SPD auf den Plan. Die Oppositionsfraktion spricht von einem „verheerenden Signal“ für die Verkehrswende.

Ein Bahngleis auf einer Waldstrecke
Ein Bahngleis auf einer Waldstrecke
© Foto: dpa, Stefan Sauer

Im Plenum hat Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) die von ihm vor gut einer Woche angekündigten Einsparungen im Schienennahverkehr als ausgewogen und durchdacht verteidigt. Die Opposition hingegen läuft Sturm und nutzt die von der SPD beantragten Aktuellen Stunde für eine Generalabrechnung in Sachen Verkehrspolitik. Sie spricht von einem Ende der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Mobilitätsgarantie. Nicht fehlende Mittel vom Bund oder die Kosten für das Deutschlandticket seien ursächlich, sondern eine verfehlte Verkehrspolitik der Landesregierung.

Nach Plänen der Landesregierung sollen rund 1,5 Prozent der heute bestehenden Verbindungen im Schienennahverkehr abbestellt und dadurch sechs Millionen Euro eingespart werden. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Niclas Dürbrook, kritisierte die Pläne als ein „verheerendes Signal“ für die Verkehrswende. Statt Verbindungen zu streichen, hätte man Alternativen wie eine Reform der Schuldenbremse und den Transformationsfonds in Betracht ziehen sollen, um den ÖPNV aus-, statt abzubauen, so Dürbrook. 

SSW: Sinnbild für verfehlte Politik

Bernd Buchholz (FDP) warf der Koalition eine irreführende Argumentation vor, wenn sie auf fehlende Mittel aus Berlin verweise. Stattdessen habe der Bund die Regionalisierungsmittel kontinuierlich erhöht, von 10 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf voraussichtlich 14 Milliarden Euro im Jahr 2031. Auch die zusätzlichen Kosten für das Deutschlandticket seien von der Koalition selbst beschlossen worden. „Das, was jetzt passiert, fällt nicht vom Himmel“, so Buchholz. Der ehemalige Verkehrsminister sagte, er habe vielmehr den Eindruck, dass die Koalition nie einen Überblick gehabt habe, „über das, was da zu finanzieren ist und das, was finanziert werden muss“.

Sybilla Nitsch (SSW) nannte die Streichungen zudem moralisch problematisch. Zunehmend mehr Menschen würden sich abgehängt fühlen – die Europawahl hätte dies gerade bewiesen. Die Streichungen von Bahnverbindungen seien dafür ein Sinnbild und grundsätzlich falsch.

Madsen: „Die Lösung liegt in Berlin“

CDU-Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
CDU-Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Claus Ruhe Madsen (CDU) verteidigte dagegen die Streichungen als ausgewogen und durchdacht. „Schleswig-Holstein wird nicht das einzige Bundesland bleiben, das Verbindungen streichen muss“, sagte der Verkehrsminister voraus. Die Vorwürfe der Opposition ließen ihn „verwundert zurück“. So habe Buchholz selbst als Verkehrsminister mehr Verkehr ohne Risikovorsorge bestellt und sich auf Regionalisierungsmittel vom Bund verlassen. Auch dies sei ein Grund für die jetzige Finanzlücke. Hinzu kämen unter anderem die Zusatzkosten für das Deutschlandticket, die allgemein negativen Entwicklungen in der Welt und sehr wohl auch fehlende, zugesagte Mittel vom Bund.

„Die Lösung liegt in Berlin“, so Madsen. Um weitere Einschnitte in den kommenden Jahren zu verhindern, handele man jetzt. „Unser Anspruch ist es, dass die ÖPNV-Finanzierung auf festen Füßen steht und langfristig gesichert ist.“

Entscheidung nicht leicht gemacht

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Tobias Koch, sagte: „Eher früher als später müssen wir bundesweit eine Debatte darüber führen, ob ein Preis von 49 Euro noch haltbar ist, oder ob dieser nicht besser auf 59 oder sogar 69 Euro angehoben werden müsste.“ Die Koalition habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, hob Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter hervor. „Wir haben sie nicht leichtfertig getroffen und sie sind auch von niemandem gewollt. Aber wir müssen damit umgehen, dass die Haushaltslage des Landes Schleswig-Holstein besonders herausfordernd ist“, sagte er.

Die SPD verlangt eine Aktuelle Stunde zu der Ankündigung von Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), im Schienennahverkehr Einsparungen tätigen zu wollen. Letzten Freitag hatte Madsen gesagt, die bisherigen Leistungen im schleswig-holsteinischen Schienennahverkehr könnten aufgrund fehlender Mittel ab 2025 nicht vollständig aufrechterhalten werden. Um die Einsparziele vollständig zu erreichen, sei neben der Einsparung von Verwaltungskosten auch die Abbestellung von Verkehrsleistungen in Höhe von etwa sechs Millionen Euro jährlich unumgänglich, so Madsen. Damit entfielen zwei Prozent der bestellten Verkehrsleistungen auf der Schiene.

Seinen Angaben zufolge fehlen bis zum Jahr 2032 voraussichtlich allein 570 Millionen Euro an Regionalisierungsmitteln. „Wir haben uns in der Landesregierung darauf verständigt, einen Teil des Fehlbetrags durch Abbestellungen von Verkehr abzufedern“, sagte der Minister. Dabei sollen Leistungen in allen Netzen reduziert werden, um eine landesweite Ausgewogenheit sicherzustellen. Streckenabschnitte, die bereits vergleichsweise schlecht angebunden sind, sollen nicht in den Blick genommen werden. Gleichzeitig, so Madsen, werde sich bei den Abbestellungen auf Züge konzentriert, die im Randbereich liegen oder bereits seltener benutzt werden.

SPD: „Bankrotterklärung“

Während Madsen von einer „reinen Vorsichtsmaßnahme“ sprach, nannte die SPD die Ankündigung der Abbestellungen eine „Bankrotterklärung“. „Geplant war der Ausbau von Bus und Bahn, die Reaktivierung von Strecken, sogar eine Mobilitätsgarantie“, sagte der SPD-Abgeordnete Niclas Dürbrook. Stattdessen sende die Landesregierung mit dieser Streichliste ein Signal, dass die Mobilitätswende und der Klimaschutz auf der Prioritätenliste nach hinten durchgereicht würden.

Stichwort Aktuelle Stunde:
Über eine bestimmte Frage von allgemeinem und aktuellem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.

Im Rahmen der Aktuellen Stunde steht allen Fraktionen eine Redezeit von zehn Minuten zur Verfügung. Diese Redezeit kann von je zwei Rednerinnen oder Rednern in Anspruch genommen werden, wenn dies dem Sitzungspräsidium vor Eröffnung der Aussprache mitgeteilt wird. Nach der letzten Rednerin oder dem letzten Redner kann einem Mitglied der Landesregierung das Wort erteilt werden. Die von den Mitgliedern der Landesregierung in Anspruch genommene Redezeit sollte zehn Minuten nicht überschreiten. Werden in der Aktuellen Stunde zwei Gegenstände behandelt, verlängert sich die Redezeit auf jeweils 15 Minuten..

Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.

Aktuelle Stunde

„Streichung von Bahnverbindungen durch die Landesregierung”
Beantragt von der Fraktion der SPD - Drucksache 20/2254