Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Die Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention war Thema zu Beginn des zweiten Plenar-Nachmittags. In einer großen Anfrage wollte der SSW wissen, welche Maßnahmen seit dem Strategieforum Prävention des Sozialministeriums im Jahr 2016 umgesetzt und wie die finanziellen Mittel eingesetzt wurden. Ebenso wurde gefragt, wie die Landesregierung die Angebote für Prävention und Gesundheitsförderung im nördlichsten Bundesland bewerte.
Gesundheitsministerin Kerstin Von der Decken (CDU) betonte in ihrer Antwort die Vielfalt der Präventionslandschaft in Schleswig-Holstein. Die Ausgaben hierfür seien in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, wobei das meiste Geld in dem Bereich „Gesundes Aufwachsen“ investiert werde. Im Fokus vieler neuen Maßnahmen sind demnach Kinder aus psychisch oder suchtbelasteten Familien. Am 1. Juli wolle man ein neues Modell der kommunalen Präventionsketten vorstellen. Prioritär sei auch der Ausbau der Gesundheitsberichterstattung durch Schwerpunktberichte, um daraus Ziele abzuleiten, geeignete Maßnahmen zu überprüfen und zielgerichtet umzusetzen. „Wir möchten die Präventionsstrategie neu ausrichten“, so von der Decken. Eine größere Abfrage bei Akteuren der Prävention sei auf den Weg gebracht worden, im November wolle man ein weiteres Strategieforum Prävention ausrichten.
SSW: Folgekosten und menschliches Leid mindern
Christian Dirschauer vom antragstellenden SSW betonte die Wichtigkeit von Präventionsangeboten. Ziel der Anfrage sei es, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. „Wir vermindern damit die Folgekosten der Gesellschaft und menschliches Leid des Einzelnen.“ Sein Eindruck sei allerdings, dass Prävention in der Breite noch nicht ausreichend vorhanden sei und oft nur als ein „Nice to have“ gesehen werde. Gerade in Zeiten knapper Kassen sei es jedoch fatal, wenn zu wenig Präventionsarbeit stattfindet. „Man verschiebt die Probleme in die Zukunft und die Gegenmaßnahmen werden immer teurer.“
Im Ergebnis seien viel zu viele gute Ansätze als Projekt angelegt, der überwiegende Teil der Maßnahmen zeitlich befristet und nicht nachhaltig, es sei eine politische Strategie nötig. In der Suchtprävention etwa habe die Regierung nach der Legalisierung von Cannabis bislang wenig bis gar nichts auf die Beine gestellt. „Das ist das Gegenteil von durchdachter Präventionsstrategie“, so Dirschauer
Es gehe vor allem darum, vor die Lage zu kommen und rechtzeitig politische Weichen für die Zukunft zu stellen. Seit 2016 habe es nur zwei Strategieforen zum Thema Prävention gegeben, das weise auf den gegebenen Stellenwert des Themas hin. „Die Strategieforen müssen regelmäßiger stattfinden als bisher“, forderte Dirschauer.
Kalinka kontert: Sind gut aufgestellt
Werner Kalinka (CDU) vermochte keine Vernachlässigung des Themas Prävention zu sehen, man sei diesbezüglich gut aufgestellt und auf dem richtigen Weg. Quer durch alle Lebensbereiche müsse angesetzt werden, um den Problemen zu begegnen. Die Regierung habe seit 2015 rund 128 Millionen Euro in Präventivmaßnahmen und somit in die Zukunft investiert. Die Krankenversicherungen hätten in der Zeit rund 150 Projekte angepackt.
Der Schwerpunkt „Gesund aufwachsen“ sei wichtig, er helfe auch den Kindern und Jugendlichen, die von der Pandemie hart getroffen wurden, was sich in dem dramatischen Anstieg psychischer Auffälligkeiten bei einem Drittel und einem Anteil von 24 Prozent bei den Angststörungen zeige.
Grüne: In anderen Ländern mehr Geld für Prävention
Der Grüne Jasper Balke hob auf die Ungerechtigkeit durch sozioökonomische Benachteiligung ab. Armut und Mangel an Bildung sorgten für Mangelernährung und einen ungesunden Lebensstil. Dabei sei eine gute Ernährung gerade in jungen Jahren besonders wichtig, so Balke. „Je früher der Mangel auftritt, desto verheerender sind die Folgen.“ Deshalb sei eine konsequente Bekämpfung von Kinderarmut so wichtig. „Wir leben in einem der teuersten Gesundheitssysteme der ganzen Welt und geben deutlich weniger Geld für Prävention aus als andere Länder.“
Birte Pauls (SPD) kritisierte in Zusammenhang mit den psychischen Belastungen für Kinder und Jugendliche durch Corona, dass die Befristungen für 15 zusätzliche Schulpsychologen auslaufen. Insgesamt sei die Prävention in Schleswig-Holstein „ein Flickenteppich von guten Angeboten und wenig strukturiert“. Sie hob die Situation der Pflegekräfte hervor, die zu 29,8 Prozent krank seien. „In keinem anderen Berufsfeld ist der Krankenstand so hoch, es geht hier um Arbeitsbedingungen, die krankmachen.“
Sozialausschuss berät weiter
Die vorgenommenen Kürzungen beim Versorgungssicherungsfonds kritisierte Heiner Garg von der FDP: „Bei der nächsten Haushaltskonsolidierung sollte man die Finger davon lassen.“ Garg monierte zudem zu lange Wartezeiten auf Vorsorgeuntersuchungen bei Fachärzten und forderte eine Verbesserung der Leistungen im Reha-Bereich, um auch eine Verschlimmerung von chronischen Erkrankungen zu verhindern.
Die Antwort auf die Große Anfrage wurde an den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen.