Mehrere hundert Eltern, Erzieher und Kita-Träger demonstrieren wenige Stunden vor der Debatte gegen die Auswirkungen des neuen Kita-Gesetzes vor dem Landtag.
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Bereits am Morgen hatten rund 1200 Kita-Beschäftigte und Eltern lautstark vor dem Landtag für bessere Bedingungen in den Kindertagesstätten demonstriert. Am Nachmittag stand dann Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) im Parlament am Pult, um bezüglich des von SPD und SSW geforderten Berichts zum Bedarf und der Finanzierung von Fachkräften in der Kindertagesbetreuung in den kommenden zehn Jahren Stellung zu nehmen. Jener wird derzeit noch gemeinsam mit dem Bildungsministerium und wissenschaftlicher Unterstützung erarbeitet, er soll vor der Sommerpause vorliegen, erklärte die Ministerin im Plenum.
Die Demonstration sei „passend zum Tag“, sagte Touré, „denn wir brauchen insgesamt mehr Personal im Bereich der frühkindlichen Bildung“. Und Fachkräfte würden nur dann bleiben, wenn sie gute Arbeitsbedingungen haben. Dennoch sehe sie die Landesregierung auf dem richtigen Weg, um den Herausforderungen zu begegnen, so Touré. So habe man etwa in den vergangenen zehn Jahren 8000 zusätzliche Fachkräfte eingestellt.
Fachkräfte Dreh- und Angelpunkt
Die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Die Fachkräfteinitiative sei 2024 mit 12, ab 2025 mit jährlich 13 Millionen Euro hinterlegt. 2023 seien bereits vier Millionen Euro geflossen. „Ohne Fachkräfte funktioniert Kita nicht, das ist der Dreh- und Angelpunkt und wir werden uns weiter dafür einsetzen“, sagte Touré.
An jedem Tag seien im Land Krippen und Kitagruppen geschlossen oder im Notbetrieb, weil Fachkräfte fehlten, der Krankenstand sei hoch, mahnte Sophia Schiebe (SPD). „Wenn die Probleme der Kitas nicht gelöst werden, dann werden wir das weiter thematisieren.“
Mehr praxisorientierte Ausbildung
Katja Rathje-Hoffmann (CDU) hob als eine Antwort auf den Fachkräftemangel die Praxisorientierte Ausbildung (PiA) im Bereich der Sozialpädagogik hervor, die nun stärker gefördert werde. „Insgesamt haben wir circa 3.800 angehende Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung, inklusive PiA. Und es werden 275 PiA-Ausbildungsstellen zusätzlich vom Land anteilig gefördert.“ Insgesamt stünden dafür in diesem Jahr fünf Millionen Euro und im kommenden Jahr zehn Millionen Euro im Rahmen der Fachkräfte-Stärken-Strategie zur Verfügung. Zudem bilde man mehr pädagogische Lehrkräfte aus.
Catharina Nies (Grüne) fand ebenfalls Verständnis für die Demonstranten vor dem Landtag. Als alleinerziehende Mutter sehe sie, wie gut die Einrichtungen arbeiten, aber auch, wie hart sie arbeiten müssten. „Es kostet viel Kraft und Ressourcen ausreichend Personal zu finden, Stellen zu besetzen, erkrankte Kollegen zu vertreten und ohne Gruppenschließungen den Laden am Laufen zu halten.“ Ein Ergebnis aller Evaluation müsse am Ende sein, den Kitas künftig mehr Flexibilität für den Einsatz ihres Personals zu geben.
Ziel der Beitragsfreiheit
Heiner Garg (FDP) betonte, die derzeitige Lage sei keine Angelegenheit von einer Regierung: „Das ist ein gesellschaftlicher Prozess, der richtig schiefgelaufen ist." Auch er sehe, dass man angesichts der Lage den Einsatz von Personal flexibler gestalten müsse. Im Kern gehe es darum, die Qualitätsstandards zu halten. „Die Qualitätsstandards sind eingeführt worden, um den Erzieherinnen und Erziehern zu zeigen: Wir haben kapiert, dass etwas schief läuft und wir wollen das ändern."
Man müsse dringend auch in die Absenkung der Elternbeiträge investieren, forderte Christian Dirschauer (SSW). „Wir dürfen uns auf gar keinen Fall vom Ziel der Beitragsfreiheit verabschieden. Denn die sichert Chancengleichheit und ist für uns absolut zentral."