Die Grünen-Abgeordnete Nelly Waldeck hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Landtag, Thomas Eisennkrätzer
In der letzten Debatte der Februar-Tagung hat es eine in Teilen aufgeheizte Debatte gegeben. Thema: das Radwegeprogramm des Landes. Grund war die Empörung der Oppositionsfraktionen von SPD, FDP und SSW über eine bereits heute Vormittag erfolgte mediale Berichterstattung zum Thema. Darin seien konkrete Informationen zur Entwicklung des landesweiten Radverkehrsnetzes enthalten gewesen, welche dem Parlament bis dato noch nicht vorgelegen hätten sowie Details aus einer Kabinettssitzung samt Maßnahmenpaket mit Beschlüssen von Dienstag.
Niclas Dürbrook (SPD) bezeichnete den Antrag deswegen als „hochgradig albern“. Der Wirtschaftsminister schicke eine Mitteilung und das Kabinett hat schon beschlossen. Bernd Buchholz (FDP), letzte Wahlperiode Wirtschaftsminister des Landes, nannte das Vorgehen „in der Form unmöglich“ und spottete: Entweder wolle man das Parlament bewusst düpieren, „oder es ist Fachkräftemangel im Landeskabinett ausgebrochen“. Die SSW-Abgeordnete Sybilla Nitsch sah in den Abläufen ein „Riesen-Problem“.
Minister: Übliches Vorgehen
CDU-Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Foto: Landtag, Thomas Eisenkrätzer
Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) verteidigte die Geschehnisse kurz und knapp. Es habe sich bei den an die Presse und später an den Landtag herausgegebenen Informationen nicht um eine offizielle Pressemitteilung gehandelt. Die komme erst noch. Solch ein Vorgehen sei soweit üblich, so Madsen.
Inhaltlich standen unter anderem Neubaumaßnahmen in Form von Lückenschlüssen, die Sanierung des Bestandsnetzes an Landesstraßen und Bundesstraßen, die Realisierung von neuen Radschnellwegen zur Debatte. All dies hatten die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen in ihrem der Debatte zu Grunde liegenden Antrag gefordert. Auf Basis des landesweiten Radverkehrsnetzes (LRVN) solle die Landesregierung ein Bauprogramm für Radwege erarbeiten – als Bekenntnis zur Radstrategie, mit der Schleswig-Holstein auch als Radtourismusland weiterentwickelt werden soll.
38 Millionen Euro sollen fließen
Die Landesregierung wolle liefern, so Madsen: „Wir werden in Schleswig-Holstein dieses Jahr 38 Millionen Euro investieren, sagte er. Das sei eine Rekordsumme und eindeutiges Bekenntnis zum Radverkehr. „Diese Regierung tut mehr als jede zuvor.“ Enthalten sei, so der Verkehrsminister, ein einmaliger Zuschuss von 20 Millionen Euro an die Kreise und Gemeinden. Künftig werde Geld zum Erhalt und Ausbau des rund 4300 Kilometer langen Radwegenetzes im Norden nicht mehr nach dem Prinzip vergeben, „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, sondern nach einem priorisierten Bauprogramm. Rund 40 Projekte sollen in diesem Jahr angepackt werden, darunter der Radweg Nieblum-Wyk auf der Insel Föhr. Schwerpunkte liegen außerdem in Flensburg, Dagebüll, Niebüll und Husum sowie in den Kreisen Pinneberg, Stormarn und Ostholstein.
Mit einem in das LRVN zu implementierenden digitalen Radverkehrsinformationssystem sei zudem die kontinuierliche Pflege der Radverkehrsdaten und die mögliche Bearbeitung durch andere Baulastträger wie Bund oder Kommunen möglich, ergänzte Thomas Jepsen (CDU). Die Weiterentwicklung des Radwegenetzes sei ein großer Erfolg der vergangenen Jahre, sagte Nelly Waldeck (Grüne). „Wir befinden uns auf gutem Weg, wir haben die Mittel vervierfacht und werden sie gut einsetzen.“ Man müsse nun auch die Kommunen stärker ermutigen Landesmittel umzusetzen und Radwege zu bauen.
Kommunen enger beteiligen
SPD-Mann Dürbrook vermisste zu viele wichtige Informationen. Mit dem bisherigen Tempo des Ausbaus seien die Ziele nicht zu erreichen, der unterfinanzierte Landesbetriebshof Verkehr wäre mit der Umsetzung überfordert. Und der Liberale Buchholz beklagte, die Schwerpunkte des Programms lägen zu sehr auf Bundes- und Landesstraßen und zu wenig auf den Wegen zur Schule und zur Arbeit an Gemeinde und Kreisstraßen. „Wie will man Kommunen befähigen das auszubauen? Diesen Punkt sah auch Nitsch vom SSW als Problem an. Viele Kommunen könnten den Ausbau nicht aus eigener Kraft leisten. „Das Land muss auf Kreise und kreisfreie Städte zugehen, damit die Kommunen in der Lage sind die Vorplanungen einzugehen.“
Das Plenum kam überein, den Antrag der Koalitionsfraktionen im Wirtschafts- und Digitalausschuss weiter zu beraten.