Eine Schülerin mit Behinderung sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule in Hannover.
©
Foto: dpa, Holger Hollemann
Die Inklusion an den Schulen Schleswig-Holsteins soll ermöglichen, dass Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt an Regelschulen unterrichtet werden. Die Landesregierung sieht sich auf einem guten Weg, die Opposition spricht von einem gescheiterten Vorhaben. Ein von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vorgestellter Bericht zum Thema soll im Bildungsausschuss weiter diskutiert werden.
Vor rund 25 Jahren stellte Schleswig-Holstein mit einem neuen Schulgesetz die Weichen für einen gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung an regulären Einrichtungen. Damals war noch von Integration die Rede, später von Inklusion. Zwischenzeitlich war das Land bundesweit Vorbild und auch heute ist die Inklusionsquote eine der höchsten der Republik. Der Vorwurf der Opposition: Es herrscht mehr Quantität denn Qualität.
Prien: Förderzentren weiterhin wichtig
Ministerin Prien sieht die Politik der Koalition, dagegen durch den aktuellen Inklusionsbericht, bestätigt. Zwar sei es richtig, dass die Exklusionsquote, also die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die wieder in Förderzentren unterrichtet werden, seit 2017 gestiegen sei. Doch das liege auch daran, dass sich Eltern, vor allem bei geistigen Behinderungen ihrer Kinder, eher für Förderzentren entschieden. Für die Ministerin stellt das kein Problem dar: „So viel gemeinsame Beschulung wie möglich, soviel individuelle Unterstützung wie nötig“ lautet ihre Prämisse. Förderzentren seien deswegen weiterhin wichtig. Prien wies auf einen am Ende der Debatte angenommen Koalitionsantrag hin, in dem ein Neun-Punkte-Plan vorgestellt wird, mit dem die Inklusion an den Schulen weiter gestärkt werden soll.
Man sei auf „einem guten Weg“, befand auch Patrik Pender (CDU). Die Zahlen würden dies bestätigen. So hätte sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Inklusionsbedarf auf Regelschulen seit der Jahrtausendwende von 5000 auf 11.000 mehr als verdoppelt. Und seit 2018 seien 490 neue Stellen für Sonderpädagogen geschaffen worden. Die Inklusion habe insgesamt „somit bereits erhebliche Erfolgsschritte gemacht“, so Pender. Er sei „erstaunt und verwundert über einen Alternativantrag der SPD und des SSW“, welcher suggeriere, eine Weiterentwicklung der Inklusion fände nicht statt.
Harsche Kritik der SPD
Martin Habersaat (SPD) vertrat jedoch genau diese Meinung. Er führte den Inklusionsbericht der Landesregierung an. Aufschlussreich sei dieser vor allem, wenn man den Vorbericht aus dem Jahr 2020 lese. Denn viele Punkte, die bereits damals empfohlen wurden, seien bis heute nicht umgesetzt. So gebe es weiterhin zu wenig Sonderpädagogen, es mangele an Schulassistenzen sowie an einer Reform der Schulbegleitung. Zudem fehle noch immer ein Schlüssel für Sozialarbeiter. Das seien nur einige Punkte, die zu dem Schluss führten „dass die Bildungsministerin Prien das Leitbild der inklusiven Schule aufgegeben hatte“, resümierte Habersaat. Der Alternativantrag von SPD und SSW wurde später abgelehnt.
Bei der ganzen Debatte zeige die Praxis an den Schulen, „dass bei der Inklusion Anspruch und Wirklichkeit zum Teil sehr weit auseinanderliegen“, sagte Christopher Vogt (FDP). Aufgrund mangelnder Ressourcen sei die Umsetzung der Inklusion „auf keinem guten Weg und teilweise auch schlichtweg gescheitert.“ Als Sparmodell würde Inklusion nicht funktionieren. Seine Fraktion sei weder vom Antrag der Koalition, noch vom Alternativpapier von SPD und SSW überzeugt. Es stünden in beiden „jedoch jeweils diskussionswürdige Punkte drin, die wir in einer Ausschussbefassung vertiefend beraten sollten“, appellierte Vogt.
Weitere Rednerin und Redner:
Jette Waldinger-Thiering (SSW), Malte Krüger (Grüne)