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22. Februar 2024 – Februar-Plenum

Bezahlkarte für Geflüchtete: Um Details wird diskutiert

Statt Bargeld für Asylbewerber eine Bezahlkarte ohne Überweisungsfunktion: Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Der Kieler Landtag ist sich weitgehend einig zu der Einführung, strittig sind aber die Bedingungen.

Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz in Greiz (Thüringen) gezeigt.
Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz in Greiz (Thüringen) gezeigt.
© Foto: dpa, Bodo Schackow

Die Bezahlkarte für staatliche Leistungen für Asylbewerber kommt. Sie soll als Debit-Karte ohne eigenes Konto funktionieren und keine Überweisungen ermöglichen. Auf diese Standards hatten sich im Januar alle Bundesländer mit Ausnahme von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern verständigt. Im Kieler Landtag herrscht Einigkeit, dass die Karte möglichst diskriminierungsfrei sein soll. Um andere Fragen wird im Plenum gestritten – darunter über die Höhe des Auszahlungsbetrages in bar.

Bereits im Vorfeld der Debatte war von einem Koalitionsstreit die Rede. Ein solcher sei jedoch „herbeigeredet“, stellte Sozialministerin Aminata Touré klar. Von einem Konflikt innerhalb der Regierung könne keine Rede sein, es werde beraten und ein entsprechendes Konzept werde folgen. Sie persönlich sei froh, dass es nun um die konkrete Umsetzung gehe. Gegebenenfalls könne auch das Asylbewerbergesetz angepasst werden, wenn es um technische Vereinfachung geht. Eine Senkung der Leistungen komme für sie allerdings nicht infrage.

FDP: Karte kann Migration senken

Oppositionsführerin Serpil Midyatli warf den Grünen vor, einen Start der Bezahlkarte zu blockieren. Die SPD-Politikerin mahnte eine zügige Einigung an. „Wir könnten die Bezahlkarte schon haben. Eine bundesgesetzliche Regelung liegt vor“, sagte sie. Wichtig sei vor allem die diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Karte. Es sei sicherzustellen, dass an der Supermarkt-Kasse nicht zu sehen sei, „wer Flüchtling ist und wer nicht“.

Bernd Buchholz (FDP) wies darauf hin, dass mit der Bezahlkarte ursprünglich der Anreiz für Asylbewerber gesenkt werden sollte, nach Deutschland zu kommen. Er wundere sich, dass das Hauptargument nun plötzlich der Bürokratieabbau sein solle. Eine nur geringe Auszahlung von Bargeld sowie fehlende Möglichkeiten zur Überweisung ins Ausland seien probate Mittel, den Migrationsdruck zu senken. Dem widersprach die Grünen-Abgeordnete Uta Röpcke: Es gebe keine Belege dafür, dass die Höhe von Sozialleistungen einen Effekt auf Migration habe. Den Antrag der FDP-Fraktion zum Thema nannte Röpcke „restriktiv“ – das Papier wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt.

Eine „faktenfreie“ Debatte

Die CDU-Abgeordnete Seyran Papo hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Die CDU-Abgeordnete Seyran Papo hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
© Foto: Landtag, Thomas Eisenkrätzer

Die CDU-Abgeordnete Seyran Papo wies auf die stark steigenden Flüchtlingszahlen hin und auf die damit verbundenen Herausforderungen für die Kommunen. Die geplante Bezahlkarte sei ein gutes Mittel, um die Verwaltungen zu entlassen und zugleich den Missbrauch von Leistungen einzuschränken. Es sei Realität, so Papo, „dass die empfangenen Sozialleistungen für Asylbewerber teilweise nicht im Sinne des sozialen Grundgedankens verwendet werden“.

„Ich mag Debatten nicht, in denen es darum geht, denen, die am wenigsten haben, das Leben schwer zu machen“, bekannte SSW-Fraktionschef Lars Harms. Die Debatte sei „faktenfrei“ und bewege sich im „Dreiklang der falschen Vorstellungen, Vorurteile und vorgetäuschten Lösungen“. Seine Fraktion plädiere für eine Karte mit umfangreichen Möglichkeiten – überall und uneingeschränkt nutzbar. Der Alternativantrag seiner Fraktion wurde allerdings abgelehnt.

Am Ende wurde schließlich der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen des SSW und bei Enthaltung der FDP angenommen.

Die Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte für Flüchtlinge rückt näher. Damit sollen Asylbewerberinnen und Asylbewerber künftig einen Teil der staatlichen Leistungen als Guthaben erhalten und nicht mehr als Bargeld. Ende Januar einigten sich 14 von 16 Bundesländer auf ein gemeinsames Vergabeverfahren, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Die FDP-Fraktion im Kieler Landtag begrüßt diesen Beschluss. „Die Einführung einer Bezahlkarte war überfällig“, heißt es in einem vorliegenden Antrag. Es sei sicherzustellen, so die Liberalen, dass bei der Einführung in Schleswig-Holstein keine Bargeldauszahlung über die Karte möglich ist und keine Transaktionen, insbesondere ins Ausland, vorgenommen werden können.

Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen, damit ein Anreiz für illegale Migration entfällt. Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen, etwa Sperren für Glücksspielaktivitäten, soll jedes Land selbst bestimmen. Laut aktueller Rechtsprechung müsse jedem Leistungsbezieher ein Teil des Geldes bar ausgezahlt werden. Die Bezahlkarte soll keine Kontobindung haben, aber nicht im Ausland verwendet werden dürfen.

Meinungsverschiedenheit in Berlin

Aktuell ist am Wochenende eine Meinungsverschiedenheit innerhalb der Berliner Koalition ausgebrochen. SPD und FDP haben sich im Sinne einer Formulierungshilfe aus dem Bundesarbeitsministerium für eine bundesgesetzliche Regelung ausgesprochen. Grünen-Politiker aus dem Bundestag hatten dagegen erklärt, dass sie dafür keine Notwendigkeit sehen. Die Länder hätten alle rechtlichen Möglichkeiten, die sie bräuchten, um die Karte einzuführen.

Für mehrere Hunderte Flüchtlinge in Thüringen ist eine Bezahlkarte bereits Alltag. Dort haben zwei Landkreise schon im Dezember Modellversuche gestartet. Die erste Resonanz ist aus Sicht der Verantwortlichen positiv: Die Umstellung habe problemlos geklappt und werde weitgehend akzeptiert, hieß es. Beide Landkreise berichteten aber auch von Menschen, die nach Einführung der Karte ausgereist seien. Der Flüchtlingsrat in Thüringen übte dagegen deutliche Kritik. So könne zwar in Supermärkten bezahlt werden, beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlandtickets gebe es aber Probleme. Die Organisation Pro Asyl nannte die Bezahlkarte ein „Diskriminierungsinstrument“.

„Diskriminierungsfrei wie irgend möglich“

Asylbewerber erhalten bislang gesetzlich festgelegte Regelleistungen und darüber hinaus besondere Unterstützung etwa im Fall von Krankheit oder Schwangerschaft. Ende 2022 hatten rund 482.300 Menschen nach Angaben des Statistischen Bundesamts Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen, Zahlen für 2023 liegen bisher nicht vor.

In seinem Alternativantrag fordert der SSW, die Einführung der Karte müsse „so diskriminierungsfrei wie irgend möglich erfolgen“ und „einen flexiblen und restriktionsfreien Umgang der Nutzerinnen und Nutzer sicherstellen“. So solle es unter anderem ermöglicht werden Geld am Automaten nach eigenem Ermessen und ohne regionale Begrenzungen abzuheben, Gebühren sollten bei der Nutzung nicht anfallen und keine Artikel vom Kauf ausgeschlossen werden.

(Stand:20. Februar 2024)

Vorherige Debatte zum Thema:
Oktober 2023

Antrag

Top 19
Bezahlkarte zielführend ausgestalten
Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 20/1866(neu)
Alternativantrag der SSW-Fraktion – Drucksache 20/1904 
Alternativantrag der Fraktionen von CDU undGrünen – Drucksache 20/1914