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21. Februar 2024 – Februar-Plenum

Touré zur Kita-Situation: „Beim Personal knirscht es“

Der Evaluationsbericht zum Kita-Gesetz liegt vor. Es zeigt sich, dass das bestehende System viele Schwachstellen hat. Aber auch Erfolge. Der Weg zur Reform im Jahr 2025 ist noch lang. Die Opposition warnt vor Alleingängen der Ministerin.

Kinder stehen im Umkleideraum eines Kindergartens.
Kinder stehen im Umkleideraum eines Kindergartens.
© Foto: dpa, Carsten Rehder

Das Parlament hat sich mit dem vor einer Woche erschienenen Evaluationsbericht zum 2021 beschlossenen Kindertagesförderungsgesetz beschäftigt. Während die Opposition kaum ein gutes Haar an der aktuellen Situation lässt, zeichnet die Koalition ein eher positives Bild. Man müsse festhalten „was geleistet wurde und dass es uns dieser Bericht schwarz auf weiß zeigt“, sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) mit Verweis unter anderem auf verbesserte Betreuungs- und verkürzte Schließzeiten. Doch trotz der Einstellung von rund 8000 zusätzlichen Fachkräften: „Beim Personal knirscht es“, gab Toure zu. Mehr qualifizierte Fachkräfte, mehr Flexibilität, mehr Verlässlichkeit und eine faire Aufteilung der Kosten – das seien die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht.

Parteikollegin Eka von Kalben betonte ihrerseits das bisher Erreichte: Man habe eine bessere Personalausstattung, die Eltern seien entlastet, Schließzeiten seien kürzer und das Land beteilige sich finanziell um ein Vielfaches mehr als noch 2019. „Die Kita-Reform war ein Erfolg. Sie ist nicht gescheitert“, so von Kalben.

CDU: Flexibilität ist das „Maß der Dinge“

Der Bericht würde diesen Erfolg bestätigen, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch. Sicher habe man Fehler gemacht, beispielsweise bei der Berechnung von Personalkosten. Auch sei die Finanzierung nicht auskömmlich. Doch dank der Studie wisse man nun, wo man nachsteuern müsse. Koch warb für den Abbau von Regelungen, um Betreuungen auch bei Personalmangel sicherstellen zu können. Flexibilität sei das „Maß der Dinge, um mit dem vorhandenen Geld die Verlässlichkeit der Betreuung sicherzustellen“.

Die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe hält eine Rede im Plenarsaal des Landtages.
Die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe hält eine Rede im Plenarsaal des Landtages.
© Foto: Landtag, Thomas Eisenkrätzer

Von einer sich verschärfenden Krise sprach dagegen Sophia Schiebe (SPD). Sie habe gerade erst erfahren, dass ihr eigener Sohn „nächste Woche wieder einen Tag zu Hause bleiben muss“. Kein Einzelfall, sondern eher die Normalität sei dieser Umstand, der nicht nur eine organisatorische und finanzielle Herausforderung für die Familie darstelle, sondern auch fatal für die emotionale Entwicklung der Kinder sei. Eine dauerhaft stabile und beständige Umgebung sei wichtig, damit Kinder Vertrauen aufbauen können. Es müsse „mehr Geld ins System und zwar sofort“, so Schiebe – man erwarte „in der Nachschiebeliste ein deutliches Signal in dieser Richtung“.

FDP: Regierung soll Kernziele definieren

Heiner Garg (FDP) forderte die Landesregierung auf, sich trotz gespannter Haushaltslage zu den Kernzielen der Kita-Reform zu bekennen: Es gelte, die Eltern nicht weiter zu belasten und die Qualität zu erhöhen. Bei einer Finanzierungslücke von bis zu 130 Millionen Euro sei es der Job von Ministerin Toure, mit allen Beteiligten nach Lösungen zu suchen „und zwar ohne eine Ansage, dass das Land nicht mehr Geld in das System gibt“. Den Vorwurf der Ministerin, man würde immer nur fordern, ohne eine Gegenfinanzierung zu präsentieren, wies Garg zurück: Man habe zweimal die Absenkung der Elternbeiträge gefordert und dafür auch Deckungsvorschläge gemacht.

Christian Dirschauer (SSW) fasste zusammen: Die Skala der Bewertung zur aktuellen Lage reiche „von einem „gut funktionierenden System“ bis hin zum „Totalkollaps““. Er sprach sich für ein weiteres Festhalten am Dreiklang der Reformen aus. „Nicht nur Eltern und Kommunen zählen auf die versprochene Entlastung. Es muss auch am Ziel der verbesserten Qualität in den Kitas festgehalten werden“. Es gelte, hier Wort zu halten.

Grünen-Sozialministerin Aminata Touré hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Grünen-Sozialministerin Aminata Touré hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Landtag, Thomas Eisenkrätzer

Die für das kommende Jahr vorgesehene Kita-Reform wirft ihre Schatten voraus. Vergangene Woche ist ein Evaluationsbericht zum bestehenden Kindertagesförderungsgesetz, das im Januar 2021 in Kraft getreten war, erschienen. In der Bewertung wird moniert, dass vieles in dem Gesetz sich zu wenig an der Praxis orientiere – „zu bürokratisch und nicht flexibel genug“ sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) bei der Vorstellung des Berichts vergangenen Mittwoch. Zudem gebe es keine einfachen Lösungen für die sich auf mindestens 100 Millionen Euro belaufende Finanzierungslücke im Kita-System. Positiv erachtete die Ministerin, dass Betreuungszeiten verbessert und Schließzeiten hätten verkürzt werden können. Jetzt will das Parlament Stellung beziehen.

FDP und Koalitionsfraktionen verlangen einen Regierungsbericht zu der Evaluation. Die Liberalen wollen darüber hinaus noch von Touré wissen, welche Konsequenzen sie in puncto Elternbeiträge, Betreuungs-Qualität und -Verlässlichkeit sowie finanzielle Beteiligung der Kommunen aus den Evaluationsergebnissen zieht. Die Ministerin hatte bereits erste Eckdaten genannt: Bei der Überarbeitung des Kita-Gesetzes müsse eine größtmögliche Verlässlichkeit in der Betreuung sichergestellt werden. Ebenso sollen Fachkräfte weiter gestärkt werden, eine hohe Qualität in den Kindertagesstätten gewährleistet und mehr Flexibilität ermöglicht werden. Zudem solle die Finanzierung fair zwischen allen Beteiligten – Land, Eltern, Kommunen – aufgeteilt werden.

Sorge um steigende Elternbeiträge

Die Anpassung der Kita-Standards und der Betreuungsverlässlichkeit will Touré vor „weiteren Beitragssenkungen in Zeiten knapper Kassen“ zu stellen. Dies nahmen FDP und SPD umgehend zum Anlass, massiven Widerstand für den Fall steigender Kita-Beiträge anzukündigen. Die Oppositionsfraktionen sehen das Kita-System im Norden grundsätzlich als unterfinanziert an und erinnerten Schwarz-Grün an den Koalitionsvertrag, in dem sich die Regierenden auf eine weitere Senkung der Elternbeiträge verständigt hätten. Touré hatte diesbezüglich betont: „Ich teile das politische Ziel der Beitragsfreiheit grundsätzlich“. Von den 16 Milliarden Euro des Landeshaushalts fielen aber nur 2,3 Milliarden Euro in ihren Bereich.

Im Evaluationsbericht sei keine dramatische Unterfinanzierung vermerkt, sagte Touré. Im vergangenen Jahr seien bereits 1,5 Milliarden Euro für die Kindertagesbetreuung ausgegeben worden, so Touré weiter. Davon trage das Land rund 700 Millionen Euro, Kommunen etwa 550 Millionen Euro und Eltern etwa 300 Millionen Euro. Steigende Kosten für alle Beteiligten schloss die Sozialministerin dennoch nicht aus.

Auf die Vorlage des Evaluationsberichtes folgt nun die Auswertung und die Erarbeitung der Stellungnahme des Fachgremiums, die laut Ministerin Touré Ende April vorliegen soll. Das Gesetzgebungsverfahren soll dann bis November abgeschlossen werden, sodass das neue Kita-Gesetz zum Januar 2025 in Kraft treten könne.

15.600 Kita-Plätze fehlen

Der Bedarf an Kitaplätzen in Schleswig-Holstein kann nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung von Ende November voraussichtlich erst im Jahr 2030 gedeckt werden. Im Ergebnis fehlten dem Bundesland 15.600 Kita-Plätze, um die Bedarfe der Eltern zu decken. Das zeigten die Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“.

(Stand: 19. Februar 2024)

Vorherige Debatte zum Thema:
Dezember 2023

Antrag

Top 18:
Ergebnisse der Evaluation des Kindertagesförderungsgesetzes (KiTaG) sowie Umsetzung durch die Landesregierung
Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 20/1865

Antrag

Top 21:
Bericht der Landesregierung zum Abschlussbericht zur Evaluation des Kindertagesförderungsgesetzes (KitaG)
Antrag der Fraktionen von CDU und B´90/Grüne – Drucksache 20/1868