Blumengestecke und Kränze liegen am Gedenkstein auf dem Bahnsteig für die Opfer der Messerattacke im Regionalzug in Brokstedt.
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Foto: dpa, Christian Charisius
Nach der Messerattacke von Brokstedt am 25. Januar 2023 sei es darum gegangen, „alle in unserer Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um solche Gräueltaten in Zukunft zu verhindern“ – das erklärte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) in ihrer Bilanz ein Jahr nach dem tödlichen Angriff in einem Regionalexpress. Zahlreiche Anstöße aus einem Zehn-Punkte-Papier der Koalitionsfraktionen seien umgesetzt oder in die Wege geleitet worden, so die Ministerin. Die Opposition sah hingegen noch erheblichen Handlungsbedarf.
Im Januar 2023 hatte der staatenlose Palästinenser Ibrahim A. im Regionalzug von Kiel nach Hamburg auf andere Fahrgäste eingestochen. Eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger wurden getötet, und es gab mehrere Schwerverletzte. In der Kritik stand nach dem Tötungsdelikt die mangelhafte Kommunikation von Ausländer- und Sicherheitsbehörden in Schleswig-Holstein, Hamburg und NRW über den mutmaßlichen Täter, der bereits mehrfach wegen Körperverletzung und Drogendelikten auffällig gewesen war.
Es muss weiter gearbeitet werden
CDU-Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Sönke Ehlers
Inzwischen seien Informationen über ausländische Mehrfach- und Intensivtäter länderübergreifend verfügbar, betonte Sütterlin-Waack. Zudem habe das Land zusätzliche Stellen bei Staatsanwaltschaften und Gerichten geschaffen, um Strafverfahren zu beschleunigen. Die psychosoziale Begleitung von Straftätern nach der Haft sei verbessert worden, es gebe mehr Sicherheitspersonal in Zügen sowie Videotechnik an einigen Bahnhöfen.
Gemeinsam mit Hamburg habe Schleswig-Holstein einen Vorstoß für mehr Waffenkontrollen an Bahnhöfen in die Innenministerkonferenz eingebracht, und die rechtliche Grundlage für Waffenverbotszonen an Bahnhöfen werde vorbereitet. „Uns ist bewusst, dass wir noch einiges weiter umsetzen müssen“, merkte die Ministerin an: „Aber eine hundertprozentige Sicherheit wird nicht möglich sein.“
Opposition mit harscher Kritik
„Was konkret umgesetzt ist, ist ernüchternd“, erwiderte Bernd Buchholz (FDP), der die Debatte mit dem Berichtsantrag angestoßen hatte. Beim mangelhaften Informationsaustausch zwischen den Behörden sei es „bisher an keiner Stelle zur Änderung der gesetzlichen Grundlagen gekommen“. In Schleswig-Holstein würden Waffenverbotszonen lediglich geprüft, während Hamburg dies am Hauptbahnhof bereits eingerichtet habe. Die Ausländerbehörden seien nach wie vor „alle komplett überlastet“. Buchholz forderte, deren Aufgaben teilweise beim Land zu zentralisieren.
Auch Niclas Dürbrook (SPD) machte Defizite aus: „Ein bundesweites Messerverbot in den Zügen lässt auf sich warten.“ Zudem sei Schleswig-Holstein aktuell „weit entfernt“ von einer Einrichtung wie der Hamburger GERAS (Gemeinsame Ermittlungsstelle zur Rückführung ausländischer Straftäter). Lars Harms (SSW) rief dazu auf, die Zusammenarbeit der Behörden weiter zu verbessern. Im Fall Ibrahim A. seien sieben Ämter beteiligt gewesen, „und keines hatte wirklich alle Informationen vorliegen“. An dieser Stelle müssten die Zuständigkeiten gebündelt werden. Harms forderte zudem ein Punktesystem zur einheitlichen Bewertung ausländischer Straftätern.
Resozialisierung und Prävention
„Wir haben schnell die Problematik des Daten- und Informationsaustausches ausgemacht“, stellte Birte Glißmann (CDU) fest, „aber das sind richtig dicke Bretter, die man Bohren muss“. Außerdem müsse genau geprüft werden, an welchen Bahnhöfen es ein Waffen- und Kriminalitätsproblem gebe, um dann Verbotszonen auszurufen. „Resozialisierung und Prävention sind der beste Ansatz für mehr Sicherheit in unserem Land“, betonte Jan Kürschner (Grüne). Die Stärkung der Gewaltpräventionsambulanz sei der bedeutsamste Schritt, gewesen. Kürschner forderte außerdem Bewährungshilfe auch für entlassene U-Häftlinge.