In Berlin stehen Polizeibeamte hinter explodierendem Feuerwerk.
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Foto: Julius-Christian Schreiner/TNN/dpa
„Bestürzt“ und „erschüttert“ haben sich alle Redner aller Fraktionen über die Ausschreitungen gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in der Silvesternacht geäußert und geschlossen mehr Wertschätzung für Einsatzkräfte eingefordert. Die Attacken, unter anderem in Berlin, seien inakzeptabel, stellten einen Angriff auf Staat und Gesellschaft dar und müssten konsequent bestraft werden, hieß es übereinstimmend in einer Landtagsdebatte. Umstritten blieb, inwieweit die Gewalttaten im Zusammenhang mit der Herkunft der Täter stehen. Laut Polizeistatistiken hatte ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Festgenommenen einen Migrationshintergrund.
„Wir beobachten mit zunehmender Sorge, dass der Respekt in unserer Gesellschaft abnimmt“, sagte Christopher Vogt, dessen FDP-Fraktion die Debatte angestoßen hatte. Er beklagte „erhebliche Erziehungs- und auch Integrationsdefizite, die man ansprechen muss“. Damit nahm er auch Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) ins Visier, die sich per Twitter gegen „dämliche Metadebatten über Integration“ gewandt und sich stattdessen für ein Verbot von Böllern eingesetzt hatte. Diese Aussagen seien „in Ton und Inhalt nicht angemessen und nicht überzeigend“, so Vogt. Ein Böllerverbot bringe nichts, wenn Steine und Flaschen geworfen würden.
Keine Einigkeit beim Böllerverbot
Tim Brockmann (CDU) forderte eine „offene und ehrliche Debatte“, die „nicht zu Beginn, aus welchen Gründen auch immer, politisch abgewürgt“ werden dürfe. Auch er wandte sich gegen Tourés Position, ohne sie namentlich zu nennen. Ein Böllerverbot sei der falsche Weg, so Brockmann: „Wer glaubt, dass mit einem solchen Verbot alle Probleme gelöst seien, der ist ganz eindeutig auf dem Holzweg.“
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter unterstrich: „Wir verurteilen alle feigen Angriffe auf Einsatzkräfte aufs Schärfste.“ Gewalt zu Silvester sei jedoch kein neues Phänomen, und „Alkohol und Sprengstoff“ seien grundsätzlich „nicht die beste Kombination“. Er forderte, den Zugang zu Schreckschusspistolen zu erschweren und unterstrich: „Ja, es gibt auch gute Gründe für ein Böllerverbot.“
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) stellte dagegen heraus: „Weder drastische Strafverschärfungen noch Böllerverbote helfen.“ Nötig sei eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die gewachsene Distanz zu staatlichen Einrichtungen. „Nur mit guter Präventionsarbeit können wir den gesellschaftlichen Trend umkehren“, so die Ministerin.
„Probleme bestehen schon länger“
„Wer Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr angreift, der greift uns alle an“, sagte Niclas Dürbrook (SPD) und forderte zugleich „Differenzierungen“. Zwei Drittel aller Jugendlichen in Berlin-Neukölln hätten einen Migrationshintergrund, insofern sei es nicht verwunderlich, dass deren Anteil auch unter den Festgenommenen hoch sei.
Lars Harms (SSW) merkte an, es gebe „schon viel zu lange“ ein Problem mit Menschen, „die Rettungsgassen behindern oder gar nicht erst bilden und alkoholisierten Menschen, die gegenüber Rettungsdiensten aggressiv werden“. Harms kritisierte CDU-Politiker, „die unverhohlen über Vornamen und Hautfarbe spekulieren, die hier überhaupt keine Rolle spielen“ und unterstrich: „Die Einsatzkräfte unterstützen und gleichzeitig vernünftige Sozialarbeit machen, das ist der beste weg.“
Der Innen- und Rechtsausschuss behandelt die drei Anträge, die Grundlage der Debatte waren, weiter.