Ungeachtet des jüngsten Bundesverfassungsgerichtsurteils startet die SPD-Fraktion den Vorstoß, einen weiteren Notkredit aufnehmen zu wollen. So soll bis zum Jahr 2040 der „sozial gerechte“ Umbau Schleswig-Holsteins zu einem klimaneutralen Bundesland vorangetrieben werden. Mit 11,6 Milliarden Euro soll so ein Sondervermögen „Transformationsfonds des Landes Schleswig-Holstein (TraFo.SH)“ gefüllt werden, wie ein beigelegter Gesetzentwurf ausweist. Die Mittel selbst sollen erst nach Bedarf in Anspruch genommen werden. Vorgesehen ist eine Tilgung über 40 Jahre ab 2035. Der bereits eingeführte Klima- und Transformationsfonds des Bundes war ein wesentlicher Gesichtspunkt im Urteil der Karlsruher Richter am 15. November.
Jetzt ruft die SPD den Landtag dazu auf anzuerkennen, „dass die immensen Herausforderungen der Transformation von Energieversorgung, Mobilität, Infrastruktur und Wirtschaft sowie der Anpassungen an den Klimawandel für Schleswig-Holstein eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Artikel 61 Absatz 3 der Landesverfassung darstellen, die sich der Kontrolle des Staates entzieht“. Für SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller besteht kein Zweifel daran, dass dies auch im Sinne sozialer Gerechtigkeit nötig sei. Denn: Klimaanpassungen wie etwa bei der Wärmeversorgung seien stets teuer und für viele Menschen nicht zu stemmen, sagte er bei Vorstellung des Vorstoßes Anfang November.
Was aus Sicht der SPD notwendig ist
Die Sozialdemokraten planen 6,5 Milliarden Euro für öffentlichen Nahverkehr ein. Doppelt so oft wie heute sollen die Menschen Busse und Bahnen nutzen – 400.000 statt bislang 210.000 Mal am Tag. Allein für den Ausbau des Schienenverkehrs veranschlagen sie 3,5 Milliarden Euro. 2000 Busse will die SPD elektrifizieren (2 Milliarden Euro) und 30.000 öffentliche Ladesäulen für E-Autos bauen lassen (300 Millionen Euro). Für Rufbusse auf dem Land plant sie eine halbe Milliarde Euro ein und weitere 200 Millionen Euro für den Ausbau der Radwege.
4,85 Milliarden Euro sind für die Wärmewende vorgesehen. Damit sollen 40 Prozent aller Gebäude und damit mehr als jede zweite Wohnung bis 2030 an ein Wärmenetz angeschlossen werden. Das kostet laut SPD inklusive Ersatz von Kohle- und Gaskraftwerken zwar acht Milliarden Euro, sei aber billiger als eine Wärmepumpe und Dämmung pro Haus. Stadtwerke und Kommunen könnten das meiste finanzieren, wenn das Land zwei Milliarden Euro Eigenkapital bereitstelle, hieß es. Für den Umbau der Industrie und der Forschung hat die Fraktion knapp 2 Milliarden Euro vorgesehen. Für die Erhöhung von Deichen und den Katastrophenschutz rechnet sie mit 2,1 Milliarden Euro.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vergangenen Mittwoch eine Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt von 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Der Bund darf zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachtes Geld damit nicht für den Klimaschutz nutzen. Das könnte sich stark auf den sogenannten Klima- und Transformationsfonds auswirken, aus dem die Bundesregierung zahlreiche Förderprogramme – unter anderem für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen ‒ bezahlen wollte.
(Stand: 20. November 2023)