Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

11. Oktober 2023 – Oktober-Plenum

Viele Wege zu einer günstigen Wärmeversorgung

Der Mehrwertsteuersatz auf Gas und Fernwärme könnte zu Beginn des kommenden Jahres wieder hochgesetzt werden. Hiergegen regt sich Widerstand. Ein Antrag des SSW wird kontrovers diskutiert. Auch die Wärmewende allgemein wird thematisiert

Eine Gasflamme wird auf einem Küchenherd mit einem Streichholz entzündet.
Eine Gasflamme wird auf einem Küchenherd mit einem Streichholz entzündet.
© Foto: dpa, Marijan Murat

Viele Haushalte leiden unter hohen Energiepreisen. Der SSW hat deswegen vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme weiterhin niedrig zu halten. Wegen der Preissteigerung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Bund den Steuersatz von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Das bedeute eine jährliche Ersparnis von 270 Euro für eine vierköpfige Familie, so Lars Harms (SSW). Davon würden „nicht nur die Ärmsten der Armen“ profitieren, sondern auch die Mittelschicht. „Den normalen Leuten sind wir es schuldig, dass sie planen können mit ihrem Haushaltseinkommen“, betonte Harms vor der Überweisung des Antrags an den Wirtschafts- und den Finanzausschuss.

Ursprünglich sollte der niedrigere Mehrwertsteuersatz bis März 2024 gelten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant jedoch, den Steuersatz bereits zum Jahresbeginn 2024 wieder auf 19 Prozent zu heben. Die Energieminister der Länder hatten sich Ende September dafür ausgesprochen, den Sieben-Prozent-Satz über die Wintermonate zu erhalten. Der Berliner Meinungsumschwung sei „nicht glücklich“, sagte der schleswig-holsteinische Ressortchef Tobias Goldschmidt (Grüne) im Landtag. Die Verbraucher bräuchten Verlässlichkeit. Allerdings wendete sich auch Goldschmidt gegen eine dauerhafte Steuersenkung. Es dürfe keine Förderung mit „Füllhorn“ und „Gießkanne“ geben.    

SPD will Ausbau von Wärmenetzen beschleunigen

„Die Senkung der Mehrwertsteuer war das richtige Instrument zur richtigen Zeit“, lobte Ole Plambeck (CDU) die Berliner Ampel. Zur weiteren Entlastung der Industrie schlug er einen „Brückenstrompreis“ vor, einen niedrigeren Tarif für energieintensive Unternehmen. Zudem solle sich die Landesregierung beim Bund dafür einsetzen, die in Schleswig-Holstein überdurchschnittlich hohen Netzentgelte zu senken. Oliver Kumbartzky (FDP) machte sich dafür stark, das Energieangebot insgesamt zu steigern, etwa mit der Nutzung von LNG-Flüssiggas und mit Atomstrom.  

Außerdem forderte die SPD erneut den raschen Ausbau von Wärmenetzen. Bis 2030 sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten 40 Prozent aller Gebäude im Land an ein Wärmenetz angeschlossen werden. Im September hatte der Landtag mit einem Nachtragshaushalt Landesbürgschaften von bis zu zwei Milliarden Euro für den Aufbau kommunaler Wärmenetze ermöglicht. Fraktionschef Thomas Losse-Müller (SPD) rechnete mit Gesamtkosten von acht Milliarden Euro: „Kein Stadtwerk, keine Kommune, keine Genossenschaft in Schleswig-Holstein ist heute dazu in der Lage, diese Kosten aus eigener Kraft zu stemmen.“ Deswegen müsse das Land seine Unterstützung weiter ausbauen.

CDU: Wärmenetze nicht überall geeignet

Die Koalition betonnte in einem eigenen Papier, „dass nicht in allen Gebieten des Landes Wärmenetze künftig geeignet sind, die Wärmeversorgung klimaneutral, energieeffizient und wirtschaftlich sicherzustellen.“ Deshalb seien auch „massive Förderprogramme für Investitionen in die Energieeffizienz von Gebäuden sowie für klimaneutrale, dezentrale Wärmeerzeugungsanlagen erforderlich“. Ulrike Täck (Grüne) verwies darauf, dass das Land zusätzlich zehn Millionen Euro für die Energieberatung, 75 Millionen Euro für kommunale Wärmeplanung und 30 Millionen Euro für den Anschluss privater Haushalte an Solarthermie und für den Einbau von Wärmepumpen bereitgestellt habe.   

Das SPD-Papier wurde mehrheitlich abgelehnt und der Koalitionsantrag mehrheitlich angenommen.

Der SSW stützt einen Beschluss der Energieminister der Bundesländer, die sich Ende September auf ihrer jüngsten gemeinsamen Konferenz in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) dafür ausgesprochen haben, die auf 7 Prozent reduzierte Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme über die Wintermonate zu erhalten. „Durch Inflation und hohe Abgabenlast besteht für die breite Bevölkerung kein Spielraum, um neue Erhöhungen bei den Energiekosten tragen zu können“, begründet die Oppositionsfraktion im Kieler Landtag ihren Appell. Hintergrund des Vorstoßes sind Pläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP), den Mehrwertsteuersatz bereits zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent zu heben.

Wegen der extrem hohen Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte der niedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent bis März 2024 gelten. Nun aber soll die Entlastungsmaßnahme schon zum Jahreswechsel auslaufen. „Die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten haben sich inzwischen gelegt“, erklärte das Bundesministerium. Zudem würden „Spielräume für die öffentlichen Haushalte“ geschaffen.

Wärmenetze schnell ausbauen

Ein weiterer Antrag, der dieser Energiedebatte zugrunde liegt, stammt von der SPD. Darin fordert die Fraktion erneut den raschen Ausbau von Wärmenetzen in Schleswig-Holstein. Dies müsse „politische Priorität“ haben. Bis zum Jahr 2030 sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten 40 Prozent aller Wohngebäude im Land an ein Wärmenetz angeschlossen werden. „Die kommunale Wärme- und Kälteplanung muss dafür vorangebracht und landesweit koordiniert werden“, heißt es in dem Antrag.

Im September hatte der Landtag mit einem Nachtragshaushalt Landesbürgschaften von bis zu zwei Milliarden Euro für den Aufbau kommunaler Wärmenetze ermöglicht. Jetzt fordert die SPD mit ihrem Antrag von der Landesregierung, sie möge auch Eigenkapital in derselben Höhe für den Ausbau zur Verfügung stellen. „Nur so lässt sich das für den flächendeckenden Ausbau von Wärmenetzen notwendige Fremdkapital durch Stadtwerke, Genossenschaften und Unternehmen mobilisieren.“

Eine weitere Forderung gilt der Gründung einer Landesinfrastrukturgesellschaft, die die Kommunen bei Planung, Bau und Betrieb von Wärmenetzen unterstützten kann. Und: IB.SH, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Geschäftsbanken sollen Wege zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für Wärmenetze entwickeln.

Investitionen in Milliardenhöhe nötig

Vergangenen Donnerstag sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) den Kommunen erneut Unterstützung des Landes beim Aufbau kommunaler Wärmenetze zu. „Die Wärmewende ist ein großer Kraftakt, deren Gelingen entscheidend für den Klimaschutz ist“, so Goldschmidt nach einem Spitzengespräch mit Vertretern der kommunalen Landesverbände, der Verbraucherzentrale, der Energie- und Wasserwirtschaft, des Fachverbands Sanitär, aus Forschung und Finanzwesen sowie der Stadtwerke. Nach dem Willen der schwarz-grünen Landesregierung soll der Norden 2040 klimaneutral sein.

Früheren Angaben zufolge rechnen die Stadtwerke in Schleswig-Holstein mit Investitionen von mindestens sechs Milliarden Euro für die Wärmewende. Die 78 größten Kommunen im Land, in denen 60 Prozent der Bevölkerung leben, müssen aufgrund des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Konzepte zur klimaneutralen Wärmeversorgung im Land erarbeiten.

(Stand: 9. Oktober 2023)

Vorherige Debatten zum Thema:
Mai 2023 (ohne Meldung in plenum-online)
Januar 2023 (Kompetenzzentrum - News-Meldung, 26,01./17:05.)
November 2022 (Wärmenetze)

Antrag

Mehrwertsteuerermäßigung auf Gas und Fernwärme beibehalten
Antrag der Fraktion des SSW ‒ Drucksache 20/1459

Antrag

Rahmenbedingungen für die solidarische Wärmewende in Schleswig-Holstein verbessern
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/1471 
Alternativantrag der Fraktionen von CDU und Grünen ‒ Drucksache 20/1516