Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
©
Foto: Thomas Eisenkrätzer
Das Land fördert den geplanten Bau einer Batteriefabrik bei Heide mit 137 Millionen Euro. Diese Summe haben CDU, Grüne und SPD über einen Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt. Das Geld stammt aus dem Ukraine-Notkredit und ist nun als Zuschuss für das Bauvorhaben der schwedischen Firma Northvolt in Dithmarschen vorgesehen. FDP und SSW unterstützen zwar das Projekt, lehnten die Art der Finanzierung aber ab.
Northvolt plant eine Batteriefabrik für Elektroautos. Das Unternehmen will 4,5 Milliarden Euro investieren, 3.000 Arbeitsplätze schaffen und jährlich Batterien für eine Million E-Autos produzieren. Angesichts der geplanten Subventionen von Bund und Land muss die EU aber noch grünes Licht geben. Wenn alles nach Plan läuft, will Northvolt ab 2026 Batterien liefern. Es wäre das größte Industrievorhaben in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten.
SPD unterstützt Koalition
Der CDU-Abgeordnete Tobias Koch hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
©
Foto: Thomas Eisenkrätzer
„Ein derart großes Ansiedlungsprojekt bietet die Chance, dass sich die Dynamik der Energiewende an der Westküste weiter verstärkt“, so Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Sie verteidigte die staatliche Förderung: „Ohne Risiken einzugehen, ohne neue Wege zu beschreiten, werden wir die große Herausforderung der ökonomischen Transformation nicht meistern.“ CDU-Fraktionschef Tobias Koch sprach vom „wichtigsten Vorhaben dieses Jahrzehnts für Schleswig-Holstein“, das „Strahlkraft weit über die Landesgrenzen hinaus“ entwickeln werde. Bund und Land müssten der „Wettbewerbsverzerrung durch den US-amerikanischen Inflation Reduction Act“ entgegenwirken und nun ebenfalls in großem Umfang staatliche Wirtschaftsförderung betreiben.
„Für uns ist klar, dass wir in die Transformation unserer Wirtschaft investieren müssen“, begründete Fraktionschef Thomas Losse-Müller die Zustimmung der SPD: „Die Menschen in Schleswig-Holstein erwarten, dass die Politik ihren Job macht und die Probleme vor Ort löst.“
CDU, Grüne, SPD und SSW hatten den Notkredit im November vergangenen Jahres von 400 Millionen Euro auf maximal 1,4 Milliarden erhöht. Neben den 137 Millionen Euro für Northvolt haben Schwarz-Grün und Sozialdemokraten nun weitere Mittel entnommen: für die kommunale Wärmewende, für eine Beteiligung des Landes an einer noch zu gründenden Entwicklungsgesellschaft im Zusammenhang mit der Northvolt-Ansiedlung, für Flüchtlingshilfe, für Aushilfslehrkräfte zur Integration ukrainischer Kinder und für Cybersicherheit. Zudem reserviert das Land Mittel, mit dem der im Herbst erwartete Tarifabschluss im öffentlichen Dienst abgefedert werden soll. Das Gesamtvolumen beläuft sich laut Ministerin Heinold auf 318 Millionen Euro.
FDP: „Die Form der Finanzierung halten wir für falsch“
Der FDP-Abgeordnete Christopher Vogt hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
©
Foto: Thomas Eisenkrätzer
FDP und SSW kritisierten die Umwidmung des Ukraine-Kredits scharf: Die Northvolt-Ansiedlung sei keine Notlage und stehe nicht im direkten Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg. Dies sei nicht mit der Landesverfassung vereinbar. Die FDP hatte ein Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst des Landtages in Auftrag gegeben. Demnach bestehen Zweifel, ob eine Finanzierung der Investition aus dem Ukraine-Kredit verfassungsrechtlich Bestand haben würde. Für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh.
„Die FDP unterstützt Northvolt ausdrücklich“, stellte der Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt klar: „Aber die Form der Finanzierung halten wir für falsch.“ Die Northvolt-Ansiedlung stelle „keine Notlage dar, die sich der Kontrolle des Staates entziehen würde“, zumal die Ansiedlung lange vor dem Ukraine-Krieg geplant war. Der SSW stimmte dem Nachtraghaushalt größtenteils zu – mit Ausnahme der Northvolt-Förderung. Das Projekt biete zwar eine „großartige Chance für Schleswig-Holstein“, aber die Koalition lege eine „teilweise verfassungswidrige Vorgehensweise“ an den Tag, „die wir so nicht mittragen wollen“.
Die notwendigen Finanzmittel müssten „anderweitig bereitgestellt werden“. Demgegenüber verteidigte Lasse Petersdotter (Grüne) den Kurs: „Mit dem Notkredit reagieren wir auf Notlagen.“ Der russische Angriffskrieg habe die „enorme Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Energien deutlich gemacht“. Diese Abhängigkeiten zu reduzieren, sei „nicht nur politisch richtig, sondern auch von der Landesverfassung gedeckt“.
Absicherung für Wärmenetz-Bau
Der Landtag hat zudem Investitionen in den Bau von kommunalen Wärmenetzen mit Bürgschaften von bis zu zwei Milliarden Euro abgesichert. Dieser Vorstoß von Schwarz-Grün traf bei allen anderen Fraktionen auf Zuspruch. Auch das ist Teil des Nachtragshaushalts. Kommunen, kommunale Versorger und weitere Träger können die Bürgschaften im Rahmen des Programms „Wärmenetze Schleswig-Holstein“ in Anspruch nehmen. Diese Absicherung hatte das Land den Kommunen beim sogenannten Wärmegipfel im Mai in Aussicht gestellt. Das Land kalkuliert mit einem Ausfallrisiko von ein bis zwei Prozent. Die Landesregierung rechnet eigenen Angaben zufolge mit ersten Inanspruchnahmen der Bürgschaft nicht vor dem Jahr 2026.
Es gehe darum, die Kommunen für anstehende Herausforderungen fit zu machen, so Finanzministerin Heinold: „Da werden große Brocken aus Berlin auf uns zukommen, die kommunal finanziert werden müssen.“ CDU-Mann Koch betonte: „Wenn wir auf Öl- und Gasheizungen verzichten wollen, dann braucht man eine Alternative.“ Auch der Sozialdemokrat Losse-Müller hielt die Bürgschaft für richtig: „Die Wärmewende gelingt nur, wenn wir gemeinschaftliche Lösungen voranbringen.“ Zustimmung kam auch von FDP und SSW.