Bauarbeiter arbeiten auf einer Baustelle an der Kieler Hörn.
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Foto: dpa, Marcus Brandt
Der Wohnungsmarkt ist in vielen Orten im Lande angespannt. „Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation“, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Insbesondere in den großen Städten, im Hamburger Rand sowie an den Küsten ist Wohnraum knapp. Zudem haben zuletzt Berichte über Vermieter, die ihre Mietshäuser verkommen lassen, die Öffentlichkeit alarmiert. Mit einem Wohnraumschutzgesetz will die Landesregierung der Verwahrlosung vorbeugen. Künftig sollen Mindeststandards gelten: Heizungs- und Sanitäranlagen müssen funktionieren, die Gebäudehülle muss dicht sein, und genügend Tageslicht muss die Räume erreichen. Aufzugs-, Türschließ- oder Beleuchtungsanlagen in Hauseingängen und Treppenfluren müssen nutzbar sein.
CDU-Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Bei Missständen sollen die Gemeinden einen „Werkzeugkoffer“ in die Hand bekommen, so die Ministerin. Die Kommunen werden den Plänen zufolge Auskunfts- und Betretungsrechte erhalten, Anordnungen treffen können und schlimmstenfalls auch Räume für unbewohnbar erklären sowie Bußgelder verhängen können. Dann müsste der Vermieter für eine anderweitige zumutbare Unterbringung der Mieter sorgen, wenn er den schlechten Zustand zu verantworten hat. Einige „gravierende Einzelfälle“ hätten gezeigt, „dass die Kommunen mehr Möglichkeiten brauchen“, sagte Sütterlin-Waack.
Opposition unterstützt Schutzgesetz
Die Pläne der Landesregierung stießen im Parlament auf breiten Zuspruch. Michel Deckmann (CDU) wies darauf hin, dass die Kommunen im Bedarfsfall davon Gebrauch machen könnten, dass sie aber nicht verpflichtet seien „Extrastrukturen“ zu schaffen. Lars Harms (SSW) begrüßte das Gesetz als „vernünftig“ angesichts gesundheitsgefährdender Zustände in einigen Mietshochhäusern, etwa in Husum und Henstedt-Ulzburg. Damit sei es jedoch nicht getan, so Harms: „Die Kommunen werden am Ende nicht darum herumkommen, sich stärker am Wohnungsmarkt zu beteiligen.“
SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Die SPD fordert mehr Einsatz des Landes beim Bau von bezahlbarem Wohnraum. 11.000 Menschen in Schleswig-Holstein seien wohnungs- oder obdachlos, merkte Fraktionschef Thomas Losse-Müller an. Dies seien „so viele, wie in Niebüll wohnen“. Es habe im Lande einmal 200.000 Sozialwohnungen, heute seien es nur noch 45.000, „und es werden immer weniger“. Gegen die „Wohnungskrise“ regten die Sozialdemokraten ein Landesbündnis für bezahlbares Wohnen, in dem Kommunen, Wohnungswirtschaft und Verbände zusammenarbeiten, sowie eine Landeswohnungsgesellschaft an. Die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen müssten für alle Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt wieder in Kraft gesetzt werden.
FDP kritisiert: Bauen ist zu teuer
Die Wiedereinführung der Kappungsgrenzenverordnung, die Mieterhöhungen begrenzen soll, stehe kurz bevor, so Lasse Petersdotter (Grüne). Im Innenministerium werde im Moment an der entsprechenden „Gebietskulisse“ gearbeitet. Er wies die Kritik der SPD an einer angeblich besonders schlechten Situation in Schleswig-Holstein zurück: Im Lande kämen auf 1.000 Einwohner 63 Sozialwohnungen, „da sind wir bundesweit auf Platz vier“.
Bernd Buchholz (FDP) spottete über den Vorstoß der Landesregierung: Dies sei „ein hübsches Gesetz mit viel Symbolik aber wenig inhaltlicher Schlagkraft“. Das Hauptproblem am Wohnungsmarkt sei der drastische Rückgang von Baugenehmigungen, „weil sich das Investieren in Wohnungen nicht mehr lohnt“. Die hohen Baustandards in Deutschland hätten den Wohnungsbau so stark verteuert, dass es nicht mehr möglich sei, Wohnraum für unter 16 Euro pro Quadratmeter anzubieten.
Der Gesetzentwurf wird im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten. Die drei SPD-Anträge wurden abgelehnt, stattdessen beschloss der Landtag mehrheitlich Alternativanträge der Koalition.