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24. März 2023 – März-Plenum

Nach Messerangriff: Gewaltpräventionsambulanz soll kommen

Der Landtag diskutiert erneut Maßnahmen nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg. Es gibt unter anderem Pläne für eine Ambulanz zur Gewaltvorsorge.

Der Grünen-Abgeordnete Jan Kürschner hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Der Grünen-Abgeordnete Jan Kürschner hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Michael August

Schleswig-Holstein soll eine „multiprofessionelle Gewaltpräventionsambulanz“ bekommen. Mit dem Pilotprojekt wolle man „in einem frühen Stadium der Gewaltentwicklung ansetzen“, erläuterte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) in einer von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Debatte. CDU und Grüne hatten mit dem Titel „Vertrauen in den Rechtsstaat stärken“ einen Antrag überschrieben, der mit Rückblick auf den tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt dazu aufruft, weitere Konsequenzen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum zu ziehen. Dieser wurde – genauso wie zwei Änderungsanträge von SPD und FDP – an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.

Noch einmal drückte der Landtag geschlossen seine Betroffenheit über die Tat, das Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer und den Dank an die vielen Helfer aus, die nach dem tödlichen Messerangriff Ende Januar in einem Zug von Kiel nach Hamburg im Einsatz waren. Seitdem erarbeiteten das Innen-, das Justiz- und das Sozialministerium gemeinsam mit Hamburg Lösungen, „damit Taten wie diese in Zukunft verhindert werden können“, sagte Sütterlin-Waack. Dazu gehöre es auch, die Kommunikation und den Informationsfluss zwischen Behörden zu verbessern. Die Ministerin schlug eine Vernetzung durch „eine Kerndatei“ vor, auf die alle Behörden länderübergreifend Zugriff haben sollen. Dazu müsse das Ausländerzentralregister weiterentwickelt werden.

Strafregister mit Punkten

Auch ein Bewertungssystem von Straftaten mit Punkten nach dem Vorbild des Straßenverkehrsregisters sei denkbar, so Sütterlin-Waack. Die Landesregierung will auch Forderungen von CDU und Grünen nachkommen und auf Bundesebene aktiv werden. „Wir wollen die Grundlage für ein bundeseinheitliches Vorgehen schaffen“, so die Ministerin. Birte Glißmann (CDU) forderte, Menschen ohne Bleiberecht „konsequenter“ abzuschieben. Zudem müsse es eine Strafverschärfung bei Taten mit Messern geben.

Dem schloss sich Niclas Dürbrook (SPD) an. Die „krasse Zahl“ an Straftaten mit Messern müsse „ein Weckruf“ sein. „Messer haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen“, betonte er. Die Sozialdemokraten setzen sich für eine landesweite Strategie im Umgang mit solchen Menschen ein, die aufgrund von Auffälligkeiten Hausverbot in Unterkünften erhalten haben. Jan Kürschner (Grüne) verwies darauf, dass die Zahl der Menschen mit einer Psychose in Schleswig-Holstein stetig steige. Darunter seien auch immer mehr Gewaltbereite. Er begrüßte daher die eingestellten Haushaltsmittel für die Gewaltpräventionsambulanz und die geplante Informationskampagne.

FDP-Antrag für eine zentrale Rückführungsgruppe

Bernd Buchholz (FDP) forderte eine zentrale Gruppe für die Rückführung straffällig gewordener Ausländer, bestehend aus Vertretern der Innenbehörde, den Ausländerbehörden und dem Justizministerium, einzurichten. Dieser Vorstoß nach dem Hamburger Vorbild müsse auf Schleswig-Holstein angepasst werden, sagte er. Und Lars Harms (SSW) fasste zusammen, man könne das Risiko von solchen Straftaten nur reduzieren, ganz verschwinden werde es nicht.

Und Lars Harms (SSW) fasste zusammen, man könne das Risiko von solchen Straftaten nur reduzieren, ganz verschwinden werde es nicht.

Die Koalitionsfraktionen wollen das „Vertrauen in den Rechtsstaat stärken“. So ist ein Antrag überschrieben, der mit dem Rückblick auf den tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug bei Brockstedt dazu aufruft, weitere Konsequenzen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum zu ziehen. So wird unter anderem in Schleswig-Holstein ein Pilotprojekt einer multiprofessionellen Gewaltpräventionsambulanz angeregt sowie vorgeschlagen, das Resozialisierungs- und Opferschutzgesetz mit einem besonderen Schwerpunkt auf das Übergangsmanagement aus dem Justiz- und Maßregelvollzug zu evaluieren.

Zudem fordern CDU und Grüne die Landesregierung mit einem Sechs-Punkte-Katalog auf, auf Bundesebene aktiv zu werden. Genannt werden unter anderem Verbesserungen beim Informations- und Datenaustausch bei der Strafverfolgung und beim Zugriff auf das Ausländerzentralregister, die Überprüfung der Definition und Erfassung von Intensiv- und Mehrfachtätern, die „konsequente und zügige Rückführung von Täterinnen und Tätern schwerwiegender Straftaten“ sowie die Unterstützung von Abkommen mit Drittstaaten zur Rückführung ausreisepflichtiger, auch staatenloser Personen.

Rückblick

Der Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Zug von Kiel nach Hamburg Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei junge Menschen getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt. Erst wenige Tage zuvor war der Mann aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Während der Haft soll er psychische Auffälligkeiten gezeigt haben. In der JVA gab es laut Justizbehörde zudem zwei Zwischenfälle.

Die Aufarbeitung des Falls erbrachte klare Mängel im Informationsaustausch zwischen Behörden in Hamburg, Kiel und Nordrhein-Westfalen, wo Ibrahim A. jeweils gelebt und auch Straftaten begangen hatte.

(Stand: 20. März 2023)

Vorherige Debatten zum Thema:
Februar 2023
Februar 2023 (News-Meldung, 22.02./11:25)

Antrag

Vertrauen in den Rechtsstaat stärken!
Antrag der Fraktionen von CDU und B´90/Die Grünen ‒ Drucksache 20/825 
Änderungsantrag der FDP ‒ Drucksache 20/863 
Änderungsantrag der SPD ‒ Drucksache 20/876