Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU, re.) unterhalten sich auf der Regierungsbank im Plenarsaal.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat den Haushalt für das Jahr 2023 mit den Stimmen von CDU, Grünen und SSW beschlossen. SPD und FDP stimmten dagegen. Dem Abstimmungsfinale ging eine rund achtstündige kontroverse Debatte voraus. Die Einnahmen in dem von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) verantworteten Zahlenwerk steigen nach den im Landtag beschlossenen Änderungen und der Nachschiebeliste auf 15,8 Milliarden Euro. Auf der Ausgabenseite sind 16,7 Milliarden Euro vorgesehen. Die Investitionsquote steigt auf 10,6 Prozent.
In der Generaldebatte zum Landeshaushalt sind Regierung und Opposition mit gänzlich verschiedenen Bewertungen des rund 16,7-Milliarden schweren Landesetats ans Mikrofon getreten. Während Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) einen „Chancenhaushalt“ propagierte, der „Maß und Mitte halte“, attestierte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller der Regierung, sie hinke mit dem Zahlenwerk hinter ihren eigenen Zielen her.
Um den Haushalt auszugleichen, sind unter anderem gut 125 Millionen Euro aus den Rücklagen des Ukraine-Notkredits und fast 324 Millionen Euro aus Rücklagen des Infrastruktur-Modernisierungsprogramms „Impuls“ vorgesehen. 372 Millionen Euro werden über Kredite aufgenommen. Für Zinszahlungen sind 481 Millionen Euro vorgesehen. Schleswig-Holstein ist mit mehr als 33 Milliarden Euro verschuldet.
Günther: Zukunft im Blick
In der Runde der Fraktionsvorsitzenden und des Ministerpräsidenten am Vormittag unterstrich Regierungschef Daniel Günther (CDU), Schwarz-Grün präsentiere keinen Krisenhaushalt, sondern einen „Chancenhaushalt“. Der Etat richte sich auf die Zukunft aus und investiere in Bildung, Krankenhäuser, Infrastruktur sowie staatliche Handlungsfähigkeit. Günther untermauerte die Absicht, dass Schleswig-Holstein klimaneutrales Industrieland wird.
Für Schwarz-Grün seien Klimaziele „die DNA“, man halte „Maß und Mitte“. Ziel sei es, dass die Menschen „gerne und sicher in einem resistenten und leistungsfähigen Schleswig-Holstein leben“.
SPD: Ziele verpasst
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Losse-Müller hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Oppositionsführer Thomas Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) erklärte, die Regierungskoalition habe das Versprechen, klimaneutrales Industrieland zu werden, mit diesem Haushalt „beerdigt“. Es würden „Simulation vor Umsetzung“ gestellt. Das habe mit Realität nichts zu tun. Schwarz-Grün wende eine „Methode Eichhörnchen“ an und bessere an Projekten immer nur dann nach, wenn es nicht anders gehe. „Das ist eine ernsthafte Problematik für das Land geworden“, sagte der Oppositionsführer.
Er warb dafür, wieder mehr in den Staat zu investieren. „Wir brauchen das Vertrauen der Menschen für die kommende Transformation“, betonte Losse-Müller. Sein Fazit in Richtung Regierungskoalition: „Ihre Lösung sind nicht so groß wie das Problem und ihre Maßnahmen reichen nicht, ihre eigenen Ziele zu erreichen“.
Koch: „Bemerkenswerte Schwerpunkte“
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
CDU-Fraktionschef Tobias Koch hob „einen Haushalt in schwierigen Zeiten“ hervor. Der politische Handlungsspielraum für Regierung und Koalition habe sich „äußerst begrenzt“ gezeigt. Dennoch gelinge es, „bemerkenswerte Schwerpunkte“ zu setzen. Dazu gehöre die Stärkung der inneren Sicherheit, aber auch des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes. Koch hob besonders die Investitionsquote in Höhe von 10,6 Prozent hervor, das sei „der bisher höchste Wert“. Bei der Schuldenbremse werde zugleich der Abstand zur Verfassungsgrenze um mehr als 10 Millionen Euro eingehalten.
Der Opposition hielt die Regierungskoalition vor, Vorschläge zu machen, die nur gemacht werden könnten, wenn man keine Verantwortung trage. Mit dem Haushalt werde „reale Politik gestaltet, statt Luftschlösser zu bauen wie die Opposition“, sagte Koch. „Ihr Haushalt ist nicht so groß wie ihre Rhetorik“, pflichtete Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter bei. Er hob die Förderung von kommunalen Projekten wie dem Umwelthaus in Neustadt oder den „Kinos im ländlichen Raum“ hervor und warb einmal mehr für eine Vermögenssteuer.
FDP: „Haushalt der verpassten Chancen“
Es bleibe „ein Haushalt der verpassten Chancen“, klagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt an. Bei den Kita-Gebühren und Krankenhausinvestitionen seien CDU und Grüne „völlig falsch abgebogen“. Vogt bemängelte auch die „Aufblähung des Regierungsapparates“. Das propagierte erste klimaneutrale Industrieland sei „nur ein PR-Gag“.
SSW-Fraktionschef Lars Harms begrüßte, dass immerhin sechs von seiner Fraktion eingereichten Änderungsanträge eine breite Zustimmung gefunden hätten. Besonders erfreulich sei dabei die geplante Errichtung eines Friesischen Bildungsinstituts.
Sondervermögen Bürgerenergie
Verabschiedet wurde am Vormittag bereits eine Gesetzesänderung für die Vergrößerung des 2018 aufgelegten Sondervermögens Bürgerenergie.SH. Der Fördertopf soll auf 195 Millionen Euro anwachsen. Die Koalitionsfraktionen und der SSW stimmten dafür, SPD und FDP votierten dagegen.
Große Posten in dem Paket sind das Investitionsprogramm „Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger“ mit 75 Millionen Euro. Weitere 75 Millionen Euro dienen zur Unterstützung der Kommunen bei der Wärmewende. Investitionen in Nah- und Fernwärmenetze sollen unterstützt werden. 45 Millionen Euro sollen für die Dekarbonisierung der Wirtschaft in Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen ‒ das ist die Umstellung auf Techniken, bei denen kein Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre abgegeben wird.
Innovationsagentur für die Metropolregion
In einer weiteren Sachabstimmung hat sich das Plenum hinter den schon länger angestrebten Aufbau einer länderübergreifenden Innovationsagentur für die Metropolregion Hamburg mit den Ländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen gestellt. Die Landesregierung soll nun in weitere Abstimmungsprozesse mit den Partnern der Metropolregion eintreten. „Hierbei“, so heißt es in einem angenommenen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, „soll neben der Innovationsagentur zunächst der Fokus auf die Bereiche autonomes Fahren und Fachkräftesicherung gerichtet werden“. Ein ähnlich lautender Antrag der FDP wurde abgelehnt. Das Koalitionspapier fand auch die Zustimmung der SPD, FDP und SSW enthielten sich hierzu.
Das bereits vorliegende Konzept für den Aufbau einer länderübergreifenden Innovationsagentur zielt unter anderem darauf, die Zusammenarbeit und Vernetzung zu steigern, die Wettbewerbsfähigkeit der Metropolregion weiter zu stärken und die Wahrnehmbarkeit als Innovationsstandort bei Themen wie nachhaltige und smarte Energiesysteme, CO2-freie Mobilitätslösungen sowie Life Science und Gesundheit voranzutreiben.