Der SPD-Abgeordnete Marc Timmer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtes.
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Foto: Michael August
Der stockende Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein hat bei der Opposition einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Seit dem Ende der Küstenkoalition 2017 seien bis Juli dieses Jahres nur vier zusätzliche Windkraftanlagen im Land dazugekommen, konstatierte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller. „Wenn es noch eine Zahl brauchte, die zeigt, dass sie nicht in den Tritt kommen, dann ist es doch die“, hielt der SPD-Fraktionschef der Landesregierung vor. Losse-Müller forderte: „Mehr Fläche und mehr Tempo.“ CDU und Grüne wiesen die Kritik zurück und legten einen Alternativantrag vor, der die am Ende der Debatte Mehrheit fand.
Das Papier der Koalitionsfraktionen würdigt das „vielfältige Engagement der Landesregierung sowie der Genehmigungsbehörden für eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren“. Andreas Hein (CDU) verwies darauf, dass Schleswig-Holstein bei der durchschnittlichen Genehmigungsdauer von Windkraftanlagen bereits deutlich schneller als der Bundesdurchschnitt sei: „Ab Vollständigkeit der Unterlagen sind es 6,7 Monate“, so Hein. Dass insgesamt derzeit 14 Monate Gesamtgenehmigungsdauer zu Buche schlagen, liege daran, dass sich Vorhabensteller nicht ausreichend frühzeitig informiert hätten.
Schnellere Bearbeitung gefordert
Ähnlich argumentierte auch Ulrike Täck (Grüne). Prozesse dauerten zu lange, da das Beratungsangebot der Landesregierung zum Thema Windkraftausbau wenig bekannt und kaum angenommen werde. Sie betonte zudem, in den Behörden fehle Personal, durch die Genehmigung des LNG-Terminals seien außerdem „Prioritäten verschoben“ worden.
„Unkonkret und ideenlos“, nannte hingegen Oliver Kumbartzky (FDP) den Alternativantrag von Schwarz-Grün. Er forderte bundeseinheitliche Leitlinien für umweltfachliche Aspekte und mehr Repowering: „Jede Kilowattstunde zählt“. „Mit Lippenbekenntnissen kommen wir nicht weiter“, schlug Sybilla Nitsch (SSW) in dieselbe Kerbe. Sie warnte vor Windkraftausbau in „Wildwest-Manier“. Es fehle nicht an Flächen, sondern an der Schnelligkeit der Bearbeitung, so Nitsch.
Lieferketten sind Problem
Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) betonte, Schleswig-Holstein fungiere als „bundesweites Vorbild“ beim Windkraftausbau. Weitere Flächen seien in der Ausweisung. Genehmigt wurden seinen Angaben zufolge im vergangenen Jahr 1037 Megawatt installierte Leistung. Die könnten nun gebaut werden. Zudem seien „rund ein Dutzend neue Stellen in den Genehmigungsbehörden und Dezernaten“ geplant. Der Minister hob hervor, Verzögerungen gebe es aber auch wegen fehlender Teile: „Durch Engpässe in den Lieferketten kommt einiges ins Stocken.“
Der Bundesverband Windenergie Landesverband Schleswig-Holstein kürzlich mit, dass aktuell 360 Anlagen im Land auf Genehmigungen warteten. In den ersten drei Quartalen 2022 sind dem Verband zufolge 46 Prozent weniger Genehmigungen im Vergleich zu 2021 erteilt worden. Die Branche fordert außerdem mehr Flächen für die Windkraft. Bisher stehen rund 1,1 Prozent der Landesfläche zur Verfügung.