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3. November 2022 – Sozialausschuss

Corona: Vierte Experten­anhörung im Landtag

Der Sozialausschuss befragt erneut Experten zur Pandemie-Lage. Zu Beginn der kalten Jahreszeit geht es um Fragen zu Schutzmaßnahmen. Mediziner treten für eine Entschärfung der Einschränkungen ein.

Im Plenarsaal sitzen Abgeordnete und Experten bei einer Corona-Anhörung. In der Mitte des Saals stehen mehrere Bildschirme, da einige Experten per Video zugeschaltet werden.
Im Plenarsaal sitzen Abgeordnete und Experten bei einer Corona-Anhörung. In der Mitte des Saals stehen mehrere Bildschirme, da einige Experten per Video zugeschaltet werden.
© Foto: Landtag, Regina Baltschun

Der Sozialausschuss hat den Beschluss des Landtages aus dem August-Plenum aufgegriffen und gemeinsam mit dem Innen- und Rechtsausschuss eine weitere Anhörung zur Corona-Pandemie durchgeführt. Ganztägig befragten die Abgeordneten rund 20 Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden in einer ganztägigen Sitzung im Plenarsaal. Einige Experten waren vor Ort, andere wurden per Video zugeschaltet. Die nunmehr vierte Anhörung seit Beginn der Pandemie wurde per Live-Stream übertragen.

Mit Beginn der kalten Jahrezszeit stand der weitere Umgang mit der Corona-Pandemie und insbesondere die Diskussion zur Isolationspflicht ganz oben auf der Tagesordnung. In der ersten Anhörungsrunde plädierten renommierte Experten dafür, Corona-Schutzmaßnahmen wie die Isolations- und Maskenpflicht weiter zurückzufahren. Darüber hinaus appellierten sie an die Selbstverantwortung: Wer Symptome habe, solle zu Hause bleiben, bis sie abgeklungen sind. Und: Sie befürworten eine Gleichstellung mit anderen Viruserkrankungen und befürchten eine schwere Grippewelle.

Covid eine Infektion neben anderen

Die Situation sei mit der von 2020 und 2021 nicht mehr vergleichbar, sagte der Leiter des Instituts für Infektionsmedizin an der Uni Kiel, Prof. Helmut Fickenscher, in der Anhörung. Er verwies auf eine sehr hohe Impfquote und auf eine hohe Genesenenquote. Die Todesfallquote betrage 0,05 Prozent und darin sei eingerechnet, wer nicht an, sondern mit Corona stirbt. Fickenscher riet zum Beispiel dringend dazu, die Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen von Pflegeheimen abzuschaffen, und er wandte sich auch gegen die Maskenpflicht in Bus und Bahn. Aber im Falle einer Grippewelle sollten Empfehlungen aus der Corona-Pandemie ‒ wie eine Maske zu tragen und Distanz zu halten ‒ befolgt werden.

Die Isolationspflicht für Infizierte sei ein zahnloser Tiger geworden, sagte der zugeschaltete Virologe Prof. Hendrik Streeck von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn unter Hinweis auf eine sehr hohe Dunkelziffer bei Infektionen. Sie könne aufgehoben werden. Streeck befürwortete einen Umstieg von Pflichten auf Gebote: Wer sich krank fühle, sollte zu Haus bleiben. Wie auch Fickenscher zuvor, sagte er, er mache sich derzeit mehr Sorgen um eine verstärkte Grippewelle. Covid sei jetzt eine Infektion neben anderen, pflichtete der Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum in Lübeck, Prof. Jan Rupp bei.

„Wir brauchen eine Normalität“

Auch die Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Uniklinikum in Kiel, Prof. Kamila Jauch-Chara, forderte eine Rückkehr zur Normalität für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Sie verwies auf eine starke Zunahme stressbedingter Erkrankungen. In der Pandemie habe sich die Zahl der Suizidversuche von Kindern und Jugendlichen verdreifacht, während der Lockdown-Zeit und danach. Der Ärztliche Direktor der Lungenklinik Großhansdorf, Prof. Klaus Rabe sagte, derzeit gebe es keinen Grund, eine Covid-19-Infektion „zu verbesondern“. Rabe forderte einen „symptomorientierten Umgang“. Die Krankenhäuser seien extrem unter Druck, Notaufnahmen extrem voll. „Wir brauchen eine Normalität, um wieder arbeitsfähig zu sein.“

Im weiteren Verlauf der Anhörung lag der Fokus auf den rechtlichen Aspekten von Corona-Maßnahmen. Deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, Pflege und auf Schulen behandeln die Abgeordneten und Fachleute im dritten Teil.