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31. August 2022 – August-Plenum

AKW Brokdorf nicht wieder ans Netz

Zur Atomkraft sagt eine breite Mehrheit im Landtag „Nein, danke“. Die Liberalen bleiben mit ihrem Antrag, der auch ein Wiederanlaufen des AKW Brokdorf beinhaltete, allein im Plenum.

Blick von der Elbe auf das infolge des Atomausstiegs am 31. Dezember 2021 abgeschaltete Atomkraftwerk Brokdorf.
Blick von der Elbe auf das infolge des Atomausstiegs am 31. Dezember 2021 abgeschaltete Atomkraftwerk Brokdorf.
© Foto: dpa, Markus Scholz

Der Plan der FDP, wegen der aktuellen Energiekrise die drei noch laufenden deutschen AKW in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg am Netz zu lassen, ist auf breite Ablehnung gestoßen. Auch der Vorschlag, einen Neustart des zum Jahresbeginn abgeschalteten Meilers im schleswig-holsteinischen Brokdorf zu prüfen, fiel durch.

„Es droht ein Energiemangel, den man auch mit Hilfe der Kernkraft bekämpfen sollte“, hatte der Oliver Kumbartzky vergeblich für den FDP-Antrag geworben „Kein Land der Welt würde in so einer Situation ohne Not Kraftwerke abschalte“, argumentierte er. Mit dieser Position stand er jedoch allein da. „Wollen Sie das wirklich?“, fragte Andreas Hein (CDU) die Liberalen. Brennelemente seien am Markt aktuell kaum verfügbar, diese kämen größtenteils aus Russland, und Brokdorf habe derzeit keine Betriebsgenehmigung.

Koalition und SPD offen für „Stresstest“

„Ein AKW ist kein Auto, bei dem man mal eben nachtankt und dann zum TÜV fährt“, betonte Ulrike Täck (Grüne). Die Koalition legte einen Gegenantrag vor, der auf den „Stresstest“ zur Stabilität des Stromnetzes verweist, den die Bundesregierung momentan vornimmt. Dabei spielt auch die Atomkraft eine Rolle. Ein Weiterbetrieb der drei noch laufenden AKW sei für ihn nicht ausgeschlossen, sagte der Christdemokrat Hein, „wenn es denn Sinn macht“. Die Grüne Täck verteidigte den Einsatz von Kohle als Übergangstechnologie, machte sich aber vor allem für Windstrom und Biogas stark. 

Auch die Sozialdemokraten stimmten für den schwarz-grünen Antrag. Der Abgeordnete Marc Timmer warf der FDP vor, „olle Kamellen“ zu verbreiten und eine „Scheindebatte anzustoßen“. Die richtige Antwort auf die Krise sei es, die Energiewende zu vollenden: „Wir müssen hier wirklich mal konsequent sein.“

Forderung nach „konsequenter Energiewende“

Der SSW lehnte beide Anträge ab und forderte einen raschen Netzausbau für die Windkraftanlagen im Lande. „Wir reden über Energiemangel und schalten trotzdem unseren sauberen Windstrom ab, weil wir ihn nicht abtransportieren können“, stellte die Abgeordnete Sybilla Nitsch fest. Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) warf der FDP vor, mit ihrem Vorstoß „Spielchen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kraftwerken“ zu treiben.

Der 2011 nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima beschlossene Atomausstieg betrifft auch die drei schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke. Brunsbüttel und Krümmel sind bereits vor mehr als zehn Jahren abgeschaltet worden, Brokdorf ging am 1. Januar 2022 vom Netz. Zurzeit befindet sich das AKW Brokdorf im Rückbau. Der soll 2029 abgeschlossen sein. In Deutschland gibt es noch drei aktive Kernkraftwerke, die voraussichtlich Ende des Jahres vom Netz gehen: Die AKW Emsland in Niedersachsen, Isar 2 bei München und Neckarwestheim 2 zwischen Heilbronn und Ludwigsburg. Die Kernkraft hatte im ersten Halbjahr dieses Jahres nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft einen Anteil von 14,6 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland.

Die Landtagsfraktion der FDP fordert die Landesregierung dazu auf, sich für Laufzeitverlängerungen der Kernkraftwerke in Deutschland einzusetzen. Dabei soll auch geprüft werden, ob das AKW Brokdorf bei Brunsbüttel wieder den Betrieb aufnehmen soll. Die Liberalen begründen ihre Forderungen damit, dass wegen der Energiekrise und des anstehenden Winters ein höheres Stromangebot Deutschland von Energieimporten unabhängig macht und den Geldbeutel der Kunden schont.

Der Landtagsabgeordnete und designierte FDP-Landeschef Oliver Kumbartzky, der den scheidenden Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg auf diesem Posten beerben will, ist offen dafür. „Das Wiederanfahren von Brokdorf ist eine Option, die man ernsthaft prüfen sollte. Der Rückbau ist noch nicht so weit fortgeschritten, als dass ein Wiederanfahren unmöglich wäre“, sagte Kumbartzky der Nachrichtenagentur dpa. Die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Wiederinbetriebnahme von Braunkohlekraftwerken sieht er hingegen als äußerst klimaschädlich an.

Ende des Atomzeitalters

Der 2011 nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima beschlossene Atomausstieg betrifft auch die drei schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke. Brunsbüttel und Krümmel sind bereits vor mehr als zehn Jahren abgeschaltet worden, Brokdorf ging am 1. Januar 2022 vom Netz. Zurzeit befindet sich das AKW Brokdorf im Rückbau, der soll 2029 abgeschlossen sein. Insgesamt gibt es in Deutschland noch drei aktive Kernkraftwerke, die voraussichtlich Ende des Jahres nicht mehr in Betrieb sind: Das AKW Emsland bei Osnabrück in Niedersachsen, das AKW Isar 2 bei München und das AWK Neckarwestheim 2 zwischen Heilbronn und Ludwigsburg in Baden-Württemberg.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht sich gegen die Laufzeitverlängerung der noch verbliebenen Atommeiler aus. Denn mit dem AKW-Weiterbetrieb könne man den Gasverbrauch um maximal zwei Prozent senken, sagte er bei einem Bürgerdialog am Tag der offenen Tür der Bundesregierung. „Für das wenige, was wir da gewinnen, ist es die falsche Entscheidung“, so Habeck. Dafür solle der Konsens zum Atom-Ausstieg nicht wieder aufgeschnürt werden.

(Stand: 29. August 2022)

Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2022 (Energiekosten/19. Wahlperiode)
Juni 2022 (Übergewinnsteuer/19. WP)
Mai 2022 (AKW/ohne Aussprache/19.WP)

Antrag

Jede Kilowattstunde zählt
Antrag der Fraktion der FDP ‒ Drucksache 20/138 
Alternativantrag der Fraktionen von CDU und Grünen ‒ Drucksache 20/184