CDU-Ministerpräsident Daniel Günther hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Der Landtag ist sich einig, dass die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen im Land durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und steigende Energiepreise in den kommenden Monaten weiter zunehmen werden. Doch wer muss jetzt wie handeln? Während die Landesregierung, die schwarz-grünen Koalitionsfraktionen und der SSW vorrangig die Bundesregierung in der Pflicht sehen, fordern SPD und FDP das Land auf, zu handeln.
CDU und Grüne lehnten zunächst einen Dringlichkeitsantrag der SPD ab, der „eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Artikel 109 Grundgesetz“ feststellen wollte und damit bei Bund und Ländern eine Aufnahme von Krediten über die Begrenzung der Schuldenbremse hinaus rechtfertigen sollte. Zuständig sei hierfür der Bund, nicht das Land, begründete CDU-Fraktionschef Tobias Koch die Ablehnung.
Schlagabtausch zwischen Ministerpräsident und FDP
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Mit scharfer Kritik an der Bundesregierung hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die Landtagsdebatte am Donnerstag eröffnet. „Der Bund ist nicht verhandlungsfähig. Es fehlt derzeit an Kommunikation und einem vernünftigen Austausch mit den Ländern“, sagte er. Der Regierungschef berichtete auf Antrag von CDU und Grünen über das Treffen der Ministerpräsidenten vom Vortag. Dabei habe es einen „Schulterschluss“ aller 16 Regierungschefs unter anderem zu den Themen Energiepreisdeckel auf Strom und Gas, zielgenauen Wirtschaftshilfen und einer fairen Lastenverteilung gegeben, so Günther.
FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, der erneut vehement für Atomkraft warb, wies die Beurteilung des Ministerpräsidenten ebenso scharf zurück. Während der Bund bereits 95 Milliarden Euro für konkrete Hilfen an die Bürger auf den Weg gebracht habe, seien die Beschlüsse in Schleswig-Holstein zu dem Thema bisher „Luftnummern“ oder „Alibi-Maßnahmen“. Der Regierungskoalition hielt er vor, „wirklich unübertroffen Forderungen an andere stellen“ zu können, aber im eigenen Land sei „die Performance maximal mangelhaft“.
CDU fürchtet „Deindustrialisierung“
SPD-Oppositionsführer Thomas Losse-Müller hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
In dieselbe Kerbe schlug Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD). Er konstatierte, seine Fraktion unterstütze grundsätzlich die Forderungen der Ministerpräsidenten. Allerdings habe das Land bisher kaum wirksame Ideen umgesetzt. Bürgschaften brächten keine Entlastung, ein Härtefallfonds für Bürger und Verbände sei noch nicht umgesetzt. „Und 170 Millionen Euro gehen in Landesliegenschaften und nicht in Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger“, so Losse-Müller.
Ministerpräsident Günther betonte hingegen, Schleswig-Holstein sei mit seinem Acht-Punkte-Entlastungspaket im Land „weiter als im Bundesdurchschnitt“. Hilfe müsse sich auf diejenigen konzentrieren, „die es am nötigsten haben“. Ähnlich äußerte sich Lukas Kilian (CDU), der ein düsteres Bild zeichnete: „Wir stehen vor der Deindustrialisierung des Landes, wenn es mit den Energiepreisen so weitergeht.“
Diskussion um Gaspreisdeckel
„Schockiert“ zeigte sich Lars Harms vom SSW über die Rede von Nelly Waldeck. Die Grüne hatte gefordert, Menschen mit geringen Einkommen gezielt bei der Wärmewende zu unterstützen. So könnten „viele Haushalte, gerade mit mehrheitlich Mietwohngebäuden, gemeinsam dekarbonisiert werden“, hatte Waldeck gesagt. „Menschen, die nichts haben, vorzuschreiben, sie sollen sich dekarbonisieren, ist wirklich unfassbar“, so Harms. Das sei „eine Missachtung der wirklich armen Bevölkerung im Land“. Er forderte, auch die Inflation zu bekämpfen. Diese „frisst alles auf“, was an Maßnahmen für Betroffene zur Verfügung gestellt werde.
Zentraler Punkt der Debatte war der Gaspreisdeckel. Während CDU, SPD und Grüne diesen begrüßten, zeigten sich FDP und SSW skeptisch. „Das ist eine populäre Forderung. Aber niemand sagt etwas zu den Kosten“, erklärte FDP-Fraktionschef Vogt. Bernd Buchholz (FDP) sprach von einem „irren Bürokratieaufwand“.
Anträge der Opposition abgelehnt
Mitbehandelt wurden diverse Anträge zu Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft, einem Pakt mit dem Handwerk für niedrigschwellige Energiesparmaßnahmen sowie den KiTa-Gebühren. Sämtliche Anträge der Opposition fanden keine Mehrheit. Angenommen wurden zwei Alternativanträge von CDU und Grünen. Darin begrüßt der Landtag unter anderem die Vereinbarung zwischen Landesregierung und Handwerk vom 6. September, dass Aufträge für Installationen zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung vorrangig umgesetzt werden sollen sowie das am selben Tag beschlossene Acht-Punkte-Entlastungspaket des Landes.