Der CDU-Abgeordnete Hauke Hansen hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Seit 2004 können niedergelassene Ärzte sich in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zusammenfinden – und diese Großpraxen werden zunehmend von internationalen Finanzinvestoren übernommen. Vor allem Fachpraxen für Augenheilkunde, Radiologie oder Zahnmedizin sind betroffen. Der Landtag sieht die Entwicklung mit Sorge. Die Gesundheitsversorgung dürfe keine Ware sein, die an Renditeerwartungen ausgerichtet sei, hieß es parteiübergreifend. Das Parlament fordert die Landesregierung auf, gesetzliche Regelungen auf Bundesebene anzustoßen.
In einigen Bereichen gebe es „monopolartige Entwicklungen“, betonte Hauke Hansen, dessen CDU die Debatte gemeinsam mit den Grünen angestoßen hatte. Er forderte Transparenz: Patienten müssten schon „am Eingang erkennen, ob die Praxis ganz oder teilweise einem branchenfremden Investor gehört“. Zudem regte er ein öffentliches „Transparenzregister“ an, in dem die Eigentumsverhältnisse eines MVZ dargelegt werden. „Die Versorgungsqualität und das Patientenwohl sind gefährdet“, stellte Jasper Balke (Grüne) fest. Renditeorientierte Praxen überredeten ihre Patienten oft zu kostspieligen und unnötigen IGEL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen). „Nicht jeder mögliche Eingriff muss gemacht werden“, so Balke.
FDP regt gemeinnützige GmbH
MVZ seien vor allem im ländlichen Raum eine gute Idee, um die ärztliche Versorgung sicherzustellen, betonte Birte Pauls (SPD). Sie müssten allerdings in kommunaler Hand liegen. Pauls verwies auf das Beispiel Büsum, wo die Ärztegenossenschaft das MVZ organisiert. Heiner Garg (FDP) schlug vor, MVZ-Neugründungen nur als gemeinnützige GmbH (gGmbH) zuzulassen. Die öffentliche Hand werde wahrscheinlich nicht in der Lage sein, ausreichend Geld in den Gesundheitssektor zu investieren. Deswegen sei „Fremdkapital“ nötig – aber mit „klaren Regeln“ und dem Erhalt der „Freiberuflichkeit des Arztberufs“.
Die Unternehmenssitze der Investoren lägen häufig in Steueroasen, so Christian Dirschauer (SSW): „Von dem hier verdienten Geld sehen wir in Deutschland nicht viel.“ Er forderte ein „Vorgriffsrecht“ für niederlassungswillige Ärzte, wenn eine Praxis auf dem Markt sei. Und er richtete einen „moralischen Appell“ an Praxisinhaber, ihren Kassensitz nicht „für einen Fantasiepreis an einen internationalen Finanzinvestor“ zu verkaufen.
Thema für Gesundheitsministerkonferenz
Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) erklärte den Mechanismus der MVZ-Übernahmen. Investmentfonds benutzten kleine Krankenhäuser „als reine Investitionsvehikel“, um MVZ zu gründen und dann „mit großer Finanzkraft“ weitere Arztpraxen aufzukaufen. Sie forderte gesetzliche Begrenzungen für diese Übernahmen, aber leider seien „seitens des Bundes bislang keine konkreten Schritte erfolgt“. Sie werde das Thema deswegen auf der Gesundheitsministerkonferenz vorantreiben.