Ein Zug der DB Regio fährt über den Hindenburgdamm zwischen Sylt und Niebüll. Tausende Pendler nutzen täglich die sogenannte Marschbahn, die immer wieder durch Unpünktlichkeit und Zugausfälle von sich Reden macht.
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Foto: dpa, Carsten Rehder
Der Landtag ist sich einig: Der Bund steht bei einer Anschlusslösung des Ende August ausgelaufenen 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr und damit für eine Mobilitätswende in der Pflicht und muss seine Regionalisierungsmittel erhöhen. Allerdings gibt es Differenzen zwischen Regierungskoalition und Opposition bei der Mitwirkung des Landes. Forderungen der SPD, die „landesseitig für den ÖPNV aufgebrachten Mittel“ in den Haushaltsentwürfen ab 2023 deutlich zu steigen, wiesen CDU und Grüne zurück.
Redner der Koalitionsfraktionen verwiesen stattdessen auf strukturelle Verbesserungen wie die Einrichtung der Arbeitsgruppe Klimaschutz, die eine Verständigung über die geplanten Maßnahmenfahrpläne der Ressorts erreichen will. Die Emissionen im Verkehrssektor würden nur durch eine gelungene Mischung aus Dekarbonisierung der Antriebe und Verlagerung des Verkehrs reduziert, machten Lukas Kilian (CDU) und Nelly Waldeck (Grüne) deutlich. Dabei zeige der aktuelle Landesnahverkehrsplan bereits, dass die notwendigen Investitionen für eine Verlagerung des Verkehrs erheblich seien.
Debatte um Mittel des Bundes
Die Grünen-Abgeordnete Nelly Waldeck hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Es reiche nicht, nur über billige Ticketpreise zu sprechen, konstatierte Lukas Kilian (CDU). Der Schwerpunkt liege vielmehr beim Ausbau der Infrastruktur, aber auch im laufenden Betrieb. „Wir wollen sprichwörtlich jede Milchkanne erreichbar machen“, so Kilian. Ähnlich äußerte sich auch Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos). Von der reinen Preisdebatte über Tickets fühle er sich „ein Stück weit verhöhnt“. Es gelte, zunächst die Infrastruktur im ÖPNV zu verbessern, dann die gestiegenen Energiepreise aufzufangen. Madsen forderte, der Bund sollte zu seiner Verantwortung stehen und das Land dabei unterstützen. Er warb für ein „Klimaticket“ und machte deutlich, ohne Unterstützung des Bundes sei das derzeitige Angebot kaum zu halten.
Das sah auch Nelly Waldeck (Grüne) so. Eine Diskussion über eine Anschlusslösung von subventionierten Pauschaltickets sei zwar begrüßenswert, aber nicht ohne Investitionen und einen angemessenen Ausgleich der gestiegenen Betriebs- und Investitionskosten im öffentlichen Verkehr durch den Bund. Im Verkehrssektor seien seit 1990 kaum Emissionen eingespart worden, kritisierte sie: „Es brennt die Hütte.“ „Bevor die ersten Unternehmen in die Knie gehen, muss was geschehen“, mahnte auch Sybilla Nitsch (SSW) an. Der Um- und Ausbau des ÖPNV dürfe „nicht mehr in Trippelschritten“ erfolgen. Der schwarz-grünen Regierungskoalition warf sie ein „Schwarze-Peter-Spiel“ vor. Das Land müsse in die Infrastruktur investieren, ohne dabei immer auf den Bund zu zeigen.
Warnung vor Abbestellungen im ÖPNV
Der SPD-Abgeordnete Niclas Dürbrook hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Ihm fehle die „eigene Verantwortung des Landes“, um die Klimaziele zu erreichen und die Mobilitätswende zu schaffen, monierte auch Niclas Dürbrook (SPD). Für den ÖPNV müsse deutlich mehr Geld auch auf Landesebene in die Hand genommen werden als bisher, forderte er. Der entsprechende Antrag der Sozialdemokraten wurde jedoch abgelehnt. Die FDP verlangte in ihrem Antrag, der in den Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde, eine „mindestens für das jeweilige Bundesland einheitlichen Tarifstruktur, die Konsolidierung unterschiedlicher Tarifverbünde und wettbewerbliche Ausschreibungen von Verkehrsleistungen“. Bernd Buchholz (FDP) unterstrich: „Oberste Priorität muss haben, dass es nicht zu Abbestellungen im ÖPNV kommt und das bestehende Angebot bleibt.“
Angenommen wurde der Antrag von CDU und Grünen, der die Landesregierung auf Bundesebene auffordert, die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP in Berlin vereinbarten Erhöhungen der Regionalisierungsmittel noch in diesem Jahr umzusetzen und die Regionalisierungsmittel für 2023 um mindestens drei Milliarden Euro aufzustocken.