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1. September 2022 – August-Plenum

Streit um Zuständigkeiten in der Energiekrise

Eine ausreichende und bezahlbare Energieversorgung ist das Thema in diesen Wochen. Doch wer muss jetzt handeln und wie? Darüber diskutiert das Plenum in einer lebhaften Debatte.

Ein herkömmlicher Stromzähler zeigt in einem Wohnhaus die verbrauchten Kilowattstunden an.
Ein herkömmlicher Stromzähler zeigt in einem Wohnhaus die verbrauchten Kilowattstunden an.
© Foto: dpa, Jan Woitas

Der Landtag ist sich einig: Energie wird knapp, die Preise werden weiter steigen. Die Bürgerinnen und Bürger stehen vor finanziell harten Zeiten. Einen heftigen Diskurs gab es in der von SPD beantragten, rund 100-minütigen Debatte aber um die nun anstehenden Maßnahmen und vor allem die Zuständigkeiten ‒ insbesondere im Bereich der Entlastung einkommensschwacher Menschen. Während CDU und Grüne zunächst den Bund in der Pflicht sehen und einen entsprechenden Antrag mit ihrer Mehrheit durchsetzten, forderte die Opposition schnelle Maßnahmen der Landesregierung.

Die SPD schlug ein 100-Millionen-Entlastungspaket in Schleswig-Holstein vor, blieb aber ohne Zuspruch im Plenum. „Viele Kommunen sind jetzt schon auf dem Weg, Härtefallfonds auf den Weg zu bringen. Damit sind sie deutlich weiter als das Land“, konstatierte Fraktionschef Thomas Losse-Müller in der emotional geführten Debatte. Der Sozialdemokrat schlug ein „Ich-mach-das-jetzt-für-dich-Programm“ vom Land gemeinsam mit dem Handwerk vor. Dabei sollten Haushalte im Land schnell mit neuen Heizungssystemen ausgestatten werden.

Opposition zieht sprudelnde Steuereinnahmen heran

Diskussion gab es auch ums Wohngeld. „Der Zugang muss niedrigschwelliger gestaltet werden“, erklärte Annabell Krämer (FDP). Viele Bürger würden den Zuschuss nicht in Anspruch nehmen, das Land spare hier – dabei „sprudeln die Steuereinnahmen wie nie zuvor“. Sie sprach sich zugleich für eine Erhöhung der Pendlerpauschale und ein Ende von Verstromung aus Gas aus.

Lars Harms (SSW) sieht „ganz düstere Sorgenszenarien“ im Land. Seine Vorschläge: „Runter mit der Mehrwertsteuer auf Strom, alle Heizstoffe, Kraftstoffe und Lebensmittel, weg mit der Gasumlage, ein kluges Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket.“ Das gebe bei geringen Aufwand eine hohe Effizienz mit sofortiger Wirkung. Auch er hielt fest: „Finanzielle Probleme des Landes gibt es derzeit nicht.“

Schwarz-Grün will Entlastungspaket des Bundes abwarten

Die Regierungskoalition reagierte angesichts der Vorwürfe der Untätigkeit aus der Opposition brüskiert und verwies auf Berlin. Es sei „ein absolutes Armutszeugnis für die Bundesregierung, keinen Plan zu haben“, ereiferte sich CDU-Fraktionschef Tobias Koch. An den Bund gerichtet verlangte er „einen Preisdeckel für den Grundbedarf an Energie“. Er rechne damit, dass auch nach den Vorschlägen aus Berlin noch Lücken entstehen. Diese werde das Land schließen, versprach Koch.

In die gleiche Kerbe schlug Lasse Petersdotter (Grüne). Schwarz-Grün wolle die Maßnahmen der Bundesregierung „flankieren“. Aber: „Nicht der Bund muss auf 16 Entlastungspakete der Länder, sondern die Länder auf ein Entlastungspaket des Bundes reagieren“, sagte er.

Energiegipfel am Dienstag

Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei im Ministerrang, stimmte in Vertretung von Finanzministerin Heinold (Grüne) in die schwarz-grüne Kritik ein. „Der Bund hat kein Konzept. Das ist aber seine gesamtstaatliche Aufgabe und Verantwortung, die er nicht wahrnimmt“, sagte er. Ankündigungen reichten nicht, jetzt müsse es schnell gehen. Je schneller die Maßnahmen auf den Tisch lägen, je eher könne das Land über notwendige Ergänzungsmaßnahmen sprechen. Wille der Landesregierung sei es, solidarisch zusammenzustehen. Daher gebe es am 6. September einen Energiegipfel. Dabei werde auch über die Inanspruchnahme der Notkredite diskutiert, so Schrödter.

Der Alternativantrag von CDU und Grünen mit der Forderung nach Bundesinitiativen wurde von der Opposition geschlossen abgelehnt.

Die Strompreise werden sich nach Schätzungen für die Verbraucher zum Winter verdoppeln, die Wärmepreise verdrei- bis vervierfachen: Das Thema Entlastungen von hohen Kosten rückt auch im Norden verstärkt in den Fokus der Landespolitik. Die SPD-Fraktion im Norden sieht nicht nur den Bund in der Pflicht, die Bürger – und hier insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen – vor existenzgefährdenden Energieausgaben zu schützen. Spätestens ab Oktober müsse auch das Land stärker initiativ werden, „weil viele Maßnahmen auf der regionalen Ebene deutlich zielgenauer umgesetzt werden können“, heißt es in einem Antrag der Sozialdemokraten. Konkret wird ein 100 Millionen Euro schweres Entlastungspaket gefordert. Das Geld soll aus Notkrediten kommen, die zur Abfederung von Folgekosten des Ukrainekriegs beschlossen wurden.

„Wir setzen auf den Dreiklang von Entlastungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern, Stärkung von Kommunen und Energieversorgern sowie Anreize und Unterstützung bei Energieeinsparungen“, heißt es in dem SPD-Antrag. Die Pläne seien nicht für Empfänger von Grundsicherung bestimmt, sondern für Haushalte mit geringem Einkommen, die besonders von den Energiekosten belastet sind.

Regierung kündigt Energiegipfel an

Konkret wollen die Sozialdemokraten Härtefallfonds kofinanzieren, die Kommunen, Energieversorger und Wohnungsunternehmen für Menschen in Not auflegen. 30 Millionen sind für praktische Energiesparmaßnahmen vorgesehen, „wie beispielsweise der Vornahme hydraulischer Abgleiche“, zehn Millionen zur Vermittlung von Hilfsangeboten wie Wohngeld, Beratung und Energiespartipps. Fünf Millionen Euro sind geplant für eine Werbekampagne zum Recht auf Wohngeld, das laut SPD möglicherweise von 100.000 zusätzlichen Berechtigten beansprucht werde. Weitere fünf Millionen sollen in Zusatzangebote der Verbraucher- und Schuldnerberatung fließen.

Die Landesregierung hat unterdessen einen Energiegipfel mit Spitzen von Kommunen, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wohnungs- und Landwirtschaft, Sozialverbänden und Verbraucherschutz ankündigt: der Schwerpunkt soll auf Energiesparmaßnahmen liegen. Land und Kommunen müssten eng abgestimmt die notwendigen Maßnahmen auf den Weg bringen, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne), und laut Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) gebe es in Kommunen wie beim Land viele Ideen für Sparmaßnahmen. Die Kommunen sollten einen einheitlichen Maßnahmenkatalog entwickeln. Das Land sei bereit, so Günther, Hemmnisse bei der Umsetzung zu beseitigen.

(Stand: 29. August 2022)

Vorherige Debatte zum Thema:
Januar 2022

Antrag

Sozialen Zusammenhalt sichern: Entlastungs- und Sicherungspaket gegen steigende Energiekosten in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/125 
Alternativantrag von CDU und Grünen ‒ Drucksache 20/185