Der Grünen-Abgeordnete Joschka Knuth hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Die Zahlen sind insgesamt überschaubar: 2021 betrug das Außenhandelsvolumen Schleswig-Holsteins mit Russland rund 1,3 Prozent, das mit der Ukraine nur 0,2 Prozent. Dennoch erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP), die Auswirkungen des Ukraine-Krieges seien im Land „vielfältig, sehr heterogen und nicht absehbar“. Da einige Güter sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine kommen, würden „viele Dinge schlicht teurer“, so Buchholz in einer fast zweistündigen, emotionalen Energiedebatte, in der deutliche Differenzen auch innerhalb der Regierungskoalition deutlich wurden. In der Debatte wurden insgesamt sieben Anträge behandelt.
Laut Buchholz haben 250 Unternehmen aus Schleswig-Holstein Lieferbeziehungen oder sogar Produktionsstätten in der Ukraine oder Russland. Dennoch unterstützten auch diese Firmen wie die Landesregierung die Sanktionen gegenüber Russland. Der „russische Aggressor“ Wladimir Putin müsse wirtschaftlich in seine Schranken gewiesen werden und da machten die Unternehmen mit, lobte Buchholz. Entscheidend sei jedoch, ob man den, den man treffen wolle, auch trifft oder vielmehr sich selbst. „Wir müssen mit kühlem Kopf gucken, welche Auswirkungen das hat“, mahnte der Minister.
Streit um Ölbohrungen
Buchholz betonte, man sei noch über Jahre und Jahrzehnte auf fossiles Gas angewiesen. Das zeigten zum Beispiel die neu produzierten Ro-Ro-Fähren mit LNG-Antrieb in Flensburg, aber auch viele moderne Gasheizungen im Privatbetrieb. Energieminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) hielt dagegen, man müsse „schnellstmöglich“ unabhängig werden von Energie aus Russland und wolle dabei „die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien“. Eine Ausweitung der Erdöl-Förderung auf der Plattform Mittelplate in der Nordsee müsse „mit klaren Ausstiegsdaten“ versehen werden, so der Minister.
Das sah der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian (CDU) anders. Es müssten „alle Möglichkeiten einer eigenen Produktion von Energie“ ausgeschöpft werden, um die Abhängigkeit zu verringern, sagte er. Dazu zähle auch der Ausbau der Ölförderung von der Plattform Mittelplate in der Nordsee
Diskurs um Stilllegungsflächen
Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Noch deutlicher wurde Grünen-Energieexperte Joschka Knuth. Eine von der FDP geforderte Ausweitung der Ölförderung in der Nordsee sei „kein Heilsbringer“. Man könne so maximal drei Prozent des russischen Öls kompensieren. Auch eine von den Liberalen ins Spiel gebrachte Weiternutzung von Atomenergie lehnte Knuth klar ab. Das sei „absurd“. Oliver Kumbartzky (FDP) hielt dagegen: Man dürfe sich in dieser Situation „keiner Lösung verschließen.“
Die Forderung der CDU, Naturschutz-Stilllegungsflächen für die Nahrungsmittel-Produktion zu nutzen, wiesen sowohl Grüne wie auch SSW und SPD zurück. So könne man die globale Weizenproduktion um „maximal 0,1 Prozent“ erhöhen, das sei „trivial“ hieß es. Christian Dirschauer (SSW) und Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) mahnten, stattdessen bisherige Flächen für den Futtermittelanbau nun für Nahrungsmittel zu nutzen. Zudem müsse der Fleischkonsum „deutlich überdacht“ werden, sagte Eickhoff-Weber. Der SSW lehnte zudem einen LNG-Terminal in Brunsbüttel noch einmal deutlich ab. Das habe sich zum „goldenen Kalb entwickelt“, für das „bisherige Prinzipien über Bord geworfen“ geworfen werden, so Dirschauer.
SPD fordert mehr Investition in Wasserstoff
Für das LNG-Terminal, aber gegen Atomkraft sprach sich Thomas Hölck (SPD) aus. Es sei „peinlich“, dass nun eine Pipeline für grünen Wasserstoff aus Dänemark nach Hamburg gebaut werde, von der Schleswig-Holstein nicht profitiere. Und: „Im Haushalt stehen 40 Millionen Euro“, so Hölck, davon seien nicht mal eine Million ausgegeben.
Für den AfD-Zusammenschluss im Landtag forderte Volker Schnurrbusch die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im Rahmen der geplanten EU-Sozialtaxonomie als nachhaltig eingestuft werden. Die Unternehmen der Wehrtechnik leisteten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität in Europa, sagte Schnurrbusch. Der AfD-Antrag wurde jedoch abgelehnt.
Weitere Abstimmungsergebnisse
Der Antrag von CDU, Grünen und FDP, den LNG-Terminal in Brunsbüttel als Multi-Energie-Terminal zügig zu realisieren, wurde auch von der SPD begrüßt. SSW und AfD stimmten dagegen.
Der SPD-Antrag Energiesouveränität voranzubringen erhielt keine Mehrheit, stattdessen wurde der Alternativantrag der Jamaika-Koalition angenommen.
Schließlich fand der ebenfalls von der Jamaika-Koalition eingebrachte Antrag „Energieversorgung sichern – Erdölförderung befristet gestatten“ eine deutliche Mehrheit. Nur die SPD votierte dagegen.
Ein Dringlichkeitsantrag der Koalition, mit dem mehrere Industrieansiedlungen an der Westküste begrüßt wurden, wurde einstimmig angenommen.