Das Plenum tagt im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
In einer gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen hat der Landtag den russischen Angriff auf die Ukraine „aufs Schärfste“ verurteilt und zugleich seine Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung erklärt. Der Einmarsch Russlands in das Nachbarland sei ein „eklatanter Völkerrechtsbruch“, die Armee von Präsident Wladimir Putin müsse sich „sofort aus der Ukraine zurückziehen“. Als Reaktion auf den Angriff fordert das Landesparlament „harte Sanktionen“ von EU und NATO gegen Russland und mahnt zugleich eine Rückkehr zu einer „diplomatischen und politischen Konfliktlösung“ an.
„Wir unterstützen die Bundesregierung in jeglicher Hinsicht“, erklärte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und berichtete von einer Konferenz mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie den Regierungen der anderen Bundesländer. Polizei, Verfassungsschutz und Katastrophenschutz würden sich auf die neue Lage einstellen, so Günther. Zu befürchten seien Cyberangriffe auf die deutsche Energieversorgung, Desinformationskampagnen sowie ein Zustrom ukrainischer Flüchtlinge. Schleswig-Holstein werde Schutzsuchenden selbstverständlich eine Zuflucht bieten, so der Ministerpräsident.
Nordstream 2 darf nicht in Betrieb gehen
Die Fraktionsvorsitzenden forderten geschlossen eine größere energiepolitische Unabhängigkeit Deutschlands. So dürfe die umstrittene Gas-Pipeline Nordstream 2 nicht in Betrieb gehen. Deutschland müsse zudem seine Verteidigungsfähigkeit ausbauen. Tobias Koch (CDU) sprach von einem „grundsätzlichen Paradigmenwechsel“ in der europäischen Geschichte, die bisherige Friedensperiode sei „unwiderruflich zu Ende gegangen“. Koch regte an, die aktuell ausgesetzte Wehrpflicht wiedereinzuführen. Dies sei „ein rabenschwarzer Tag für Europa, die Welt und unsere gesamte Nachkriegsordnung“, sagte Serpil Midyatli (SPD): „Wir erleben eine Zeitenwende.“ Je mehr sich Russland isoliere, „desto fester suchen wir den europäischen Schulterschluss“, so die SPD-Fraktionschefin.
„Ich bin nicht überrascht, aber trotzdem schockiert“, sagte Eka von Kalben (Grüne). Die aktuellen Ereignisse seien „kein Startschuss, sondern der vorläufige Höhepunkt von Putins Aggressionspolitik“. Sie äußerte die Hoffnung, dass die russische Bevölkerung den Präsidenten entmachtet. Dieser habe „sich selbst auf eine Palme gesetzt, von der er nicht mehr runterkommt“. „NATO und EU müssen jetzt glasklar sein“, forderte Christopher Vogt (FDP). Der Westen habe Fehler im Umgang mit Russland gemacht und sei „zu lange zu gutgläubig“ gewesen. „Naivität und Opportunismus“ dürfe es nun aber nicht mehr geben.
Freie Welt zu Gesprächen bereit
„Solche Herrscher lassen sich nicht von ihren Taten abbringen, wenn man Schwäche zeigt“, merkte Lars Harms (SSW) an. Auch das Prinzip „Wandel durch Annäherung“ funktioniere nur bei eigener Stärke: „Nur, wenn die freie Welt von despotischen Diktaturen als stark wahrgenommen wird“, könne es Gespräche geben, die zum Ziel führten. Jörg Nobis (AfD) kritisierte ebenfalls den russischen „Bruch des Völkerrechts, der durch nichts zu rechtfertigen ist“. Die aktuelle Lage sei aber auch eine „Scherbenhaufen der Ostpolitik mehrerer Bundesregierungen“. Der Westen habe es versäumt, Russland in eine gemeinsame Friedensordnung einzubinden, und ein möglicher Beitritt der Ukraine zur NATO sei „die rote Linie für Russland“ gewesen.
Bereits am Morgen des Sitzungstages hatte Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré den russischen Angriff in einer Eingangsrede verurteilt.