In dem seit Jahren dauernden Streit um die EU-Migrationspolitik fordern SPD und SSW im Landtag nun die Landesregierung auf, sich im Bundesrat sowie gegenüber der EU für eine grundlegende Reform des Europäischen Asylsystems einzusetzen. Es gehe um „eine faire Verteilung von Verantwortung und Zuständigkeit bei der Aufnahme von Schutzsuchenden zwischen den EU-Staaten“, machen die Sozialdemokraten deutlich.
Hintergrund ist das Handeln des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko. Ihm wirft die Europäische Kommission in Beschlüssen von Dezember vergangenen Jahres „eine konzertierte Bemühung“ vor, die Europäische Union durch die gezielte Schleusung von Migranten an die EU-Außengrenze zu destabilisieren „und die Gesellschaft und ihre wichtigsten Institutionen zu unterminieren“. Die Kommission schlägt daher vor, die Unterstützung Lettlands, Litauens und Polens „durch die Bereitstellung der jeweils erforderlichen Maßnahmen und operativen Unterstützung, um die Ankunft der durch Belarus instrumentalisierten Personen unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte auf menschenwürdige und geordnete Weise zu managen“.
SSW will „abgestimmte und humane Politik“
Anders als der SSW, der einen Alternativantrag vorlegt, lehnt die SPD die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zugunsten von Lettland, Litauen und Polen ab. Entsprechend soll die Landesregierung sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung den Vorschlägen nicht zustimmt. Die EU sei seit Jahren nicht in der Lage, Menschen, die nach Europa flüchten, unter Einhaltung der Menschenrechte und humanen Bedingungen effektiven Schutz vor politischer Verfolgung zu gewähren, begründen die Sozialdemokraten den Vorstoß. Zuletzt habe die Situation an der belarussischen Grenze deutlich gemacht, wie „handlungsunfähig“ die EU in dieser Frage ist.
Der SSW befürwortet hingegen zwar grundsätzlich die Beschlüsse der EU-Kommission, stellt aber fest, diese sollten nur der Beginn einer „abgestimmten und humanen EU-Flüchtlingspolitik“ sein. Alle Maßnahmen, so die Forderung der Partei der dänischen Minderheit, sollen auf maximal sechs Monate beschränkt bleiben, und es müsse sichergestellt sein, dass sämtliche humanitären Standards tatsächlich eingehalten werden. „Die Maßnahmen müssen so gestaltet werden, dass die Unterbringung der Geflüchteten in den Transitzentren nicht länger als fünf Monate dauert und die Geflüchteten nach Beendigung des Asylverfahrens auf die EU-Staaten verteilt werden und von dort aus das weitere Verfahren veranlasst wird. Den Geflüchteten muss die Bewegungsfreiheit erhalten bleiben“, heißt es in dem Antrag.
Das Thema ist seit Jahren auf der Agenda
Die EU-Staaten streiten seit Jahren über ihre Migrationspolitik. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie Schutzsuchende in der EU verteilt werden. Weil es kein Vorankommen gibt, haben die Länder sich zuletzt vor allem auf besseren Grenzschutz und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten konzentriert. Frankreich, das derzeit den rotierenden Vorsitz der EU-Staaten hat, unternimmt nun einen neuen Anlauf, Bewegung in die Migrationspolitik zu bringen.
(Stand: 21. Februar 2022)