Grünen-Umweltminister Jan Philipp Albrecht hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Mit mehr Solaranlagen will Schleswig-Holstein den Klimaschutz voranbringen. Die Jamaika-Koalition will es beim Bau gewerblicher Immobilien zur Pflicht machen, Photovoltaik zu installieren. Das soll auch gelten, wenn Nicht-Wohngebäude ein neues Dach bekommen. Der Entwurf des Klimaschutzgesetzes von Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sorgte in der Ersten Lesung im Landtag am Donnerstag aber für kontroverse Diskussionen in einer mehr zwei Stunden andauernden Debatte.
Albrecht fordert einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. „Und das, obwohl wir bereits 160 Prozent unseres eigenen Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energien decken.“ Neben der Windkraft spiele beim Ausbau vor allem die Photovoltaik eine zentrale Rolle. Schleswig-Holstein sei die Energie-Drehscheibe Europas. Und: Mit dem neuen Gesetz nehme das Land eine bundesweite Vorreiterrolle ein.
Öko-Anteil bei neuen Heizungen
Die Pläne haben auch für Eigenheim-Besitzer Folgen. Neu ist eine Pflicht zur Nutzung von Öko-Energie in der Wärmeversorgung bestehender Gebäude. Sie greift bei einem Wechsel der Heizungsanlage in Wohnhäusern, die vor 2009 gebaut wurden. Dann müssen Hausbesitzer künftig mindestens 15 Prozent des jährlichen Bedarfs durch Erneuerbare Energien decken. Zudem muss jeder neue Parkplatz ab 100 Stellplätzen mit Solaranlagen überdeckt werden.
Albrecht verwies darauf, dass das Ziel, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, 2020 verfehlt worden sei. „Noch immer ist bei vielen nicht angekommen, dass der steigende Preis für fossile Energieträger keine Frage mehr von politischen Entscheidungen ist, sondern eine Tatsache, die bei der Wirtschaftlichkeit einbezogen werden muss.“ Er kündigte eine Anpassung des Gesetzes an, sobald das Bundesklimaschutzgesetz von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde.
SPD spricht von „Blamage“
Der SPD-Abgeordnete Thomas Hölck hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Der SPD reichen die Pläne bei weitem nicht aus. „Wenn Sie Klimaschutz wollen, dann dürfen Sie nicht nur die Lippen spitzen, dann müssen Sie auch pfeifen“, sagte der Energiepolitiker Thomas Hölck. Im Gegensatz zur Landes- habe die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichts-Urteils ihre Klimaschutzziele deutlich verschärft und gebe nun 65 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen bis 2030 und Klimaneutralität bis 2045 als Ziel aus. Den Gesetzentwurf nannte er eine Blamage. Beim Heizungswechsel erlaube er weiter Gasthermen, obwohl ein stärkerer Fokus auf Wärmepumpen notwendig sei. „Warum warten Sie ab, Sie können doch Vorreiter sein?“
CDU-Fraktionschef Tobias Koch forderte die schnellstmögliche Abschaltung des Heizkraftwerks Wedel an der Landesgrenze. „Hamburg darf seine Klimaziele nicht länger auf Kosten Schleswig-Holsteins erreichen.“ Mehr Ökostrom will er durch den Ersatz älterer Windräder durch leistungsstärkere erreichen. Neue Vorranggebiete für Windkraft lehnte Koch ab. Stromtrassen müssten schneller ausgebaut werden, damit Windräder im Norden nicht länger abgeschaltet werden müssten. „Was wir nicht brauchen sind symbolische Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen und ein Verbot von Kurzstreckenflügen.“
„Kein Klimaschutz ist unsozial“
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben, machte deutlich, dass auch das Soziale beim Klimaschutz mitgedacht werden müsse. „Die Menschen dürfen nicht abgehängt werden.“ Gleichzeitig sei es aber notwendig, auch auf Veränderungen im Privaten zu pochen und dabei auf Effizienz und Einsparung zu setzen. Denn, so von Kalben: „Kein Klimaschutz ist auf jeden Fall unsozial.“
Oliver Kumbartzky (FDP) kritisierte, dass das bislang geltende, von der Vorgängerkoalition beschlossene Gesetz „handwerklicher Murks“ gewesen sei. Die Jamaika-Koalition wolle nun verbindlicher vorangehen und „vor der eigenen Haustür und auf dem eigenen Dach kehren“. Er wies darauf hin, dass es mit Blick auf Photovoltaik keine Zwangsverpflichtung von Privatpersonen geben dürfe.
SSW: EU-Vorgaben umsetzen
Christian Dirschauer (SSW) gab zu bedenken, dass der European Green Deal als zentraler Bestandteil der EU-Klimapolitik auch für Schleswig-Holstein richtungsweisend sei und damit auch das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein. Die Visionen im neuen Klimaschutzgesetz seien gut, aber sie müssten auch umsetzbar und vor allem finanzierbar sein. Er sehe die Gefahr, dass bei den Menschen der Wille verloren geht, etwas für den Klimaschutz zu tun.
Der AfD-Abgeordnete Jörg Nobis sprach von „Grünem Staatsdrigismus in Reinform“. Er kritisierte vor allem die Pläne für neue Heizungsanlagen. Die geplante Ökoenergiepflicht greife in ruinöser Weise in die Freiheit von Hausbesitzern ein und bedeute immense Mehrkosten. Die AfD forderte Bestandsschutz für alle bestehenden Häuser.
Der Gesetzentwurf sowie ein SPD-Antrag zum Thema Photovoltaik und der turnusmäßige Klimaschutzbericht wurden an den Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen.
Hinweis:
Eine im Europaausschusses erarbeitete Beschlussvorlage zum Antrag der SPD zum „European Green Deal“ wurde gegen die Stimmen der SPD sowie des AfD-Zusammenschlusses angenommen. Die Vorlage der Sozialdemokraten war zuvor abgelehnt worden.