Ein junger Flüchtling macht sich Notizen für den Schulunterricht.
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Foto: dpa, Hendrik Schmidt
Schleswig-Holstein hat nach langer Diskussion ein eigenes Integrations- und Teilhabegesetz für zugezogene und geflüchtete Menschen bekommen. CDU, Grüne und FDP beschlossen das zehnseitige Papier gegen die Stimmen der Opposition. Auch innerhalb der Regierungskoalition gab es einige kritische Anmerkungen in der Debatte. Von der SPD in einem Antrag vorgelegte Änderungen, unter anderem zur interkulturellen Öffnung der Landesverwaltung, wurden abgelehnt.
Das von der Jamaika-Koalition auf den Weg gebrachten Gesetz schreibt in sechzehn Paragrafen Ziele und Handlungsebenen fest. Dabei wird die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund als ein „gesamtgesellschaftlicher“, durch die Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützter Prozess bezeichnet. Ein übergeordnetes Ziel des Gesetzes ist es, die Integration „in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, insbesondere in der lokalen Gemeinschaft, zu ermöglichen, zu fördern und zu gestalten.“
Grüne hätten sich „mehr Mut“ gewünscht
Es habe einer besonderen Kraft bedurft, Leitlinien in ein verbindliches Gesetz zu bringen, gab Barbara Ostmeier, CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Innen- und Rechtsausschusses, zu. Dafür habe sich auch die CDU bewegen müssen. Neben Integration sei nun erstmals auch der Aspekt der Teilhabe als Zielvorgabe formuliert. Damit sei das Gesetz „weit mehr als ein Papiertiger“. Es schaffe „gemeinsame Verantwortung und förderliche Rahmenbedingungen“ und werde immer „ein lebendes“ sein, das sich an aktuelle Gegebenheiten anpassen müsse, betonte Ostmeier.
Grüne und FDP reagierten deutlich zurückhaltender. Aminata Touré (Grüne) erklärte, das Gesetz „ist in Wahrheit okay“. Sie habe sich aber mehr Mut gewünscht. Die aktive Politik sei bereits weiter als das, was im Gesetz drinstehe. Als Beispiele nannte sie den vor der Verabschiedung stehenden Landesaktionsplan gegen Rassismus, die bereits erhöhten Mittel für Sprachkurse, die laufende Einbürgerungskampagne, die Stärkung des Ehrenamtes oder den Schutz für geflüchtete Frauen. Die Grünen hätten 47 Vorschläge zum ersten Entwurf „des Innenministeriums“ gemacht. „Wir haben nun eine gute Grundlage, an der man weiterarbeiten kann und muss“, so Touré.
Ähnlich äußerte sich Jan Marcus Rossa (FDP). Er hob hervor, seine Fraktion habe sich „ein gutes, klares, stringentes Artikelgesetz“ gewünscht, mit dem man zielgenau Integrationsarbeit geregelt hätte. Dennoch halte er den gefundenen Kompromiss nun für „den richtigen Weg“. Rossa wiederholte, Migranten müssten die Grundwerte des Rechtsstaates und der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland anerkennen. „Wer in diesem Land leben will, hat das zu akzeptieren.“ Er wies damit Missbilligungen nach seinen entsprechenden Äußerungen bei der Anhörung zum Gesetz zurück. „Es erschüttert mich, dass das so viel Kritik ausgelöst hat.“
Scharfe Kritik der Opposition
Der designierten SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli fehlten die neuen Ideen im Gesetz. Ihr Fazit: „Es ist einfach unnötig.“ Bei den 16 Paragrafen handele es sich lediglich um eine Aneinanderreihung von Maßnahmen, die schon längst im Land gemacht würden. „Bis auf die tolle Show, die sie jedes Mal machen, ist am Ende nichts drin, was Integration und Teilhabe voranbringt“, kritisierte sie.
Lars Harms (SSW) konstatierte, Schleswig-Holstein habe nun ein Gesetz, das „kaum integriert und nur bedingt teilhaben lässt“. Das Gesetz bleibe in vielem hinter den Forderungen aus den Anhörungen zurück, etwa bei Gesundheitsleistungen, Sprachkursen unabhängig vom Status oder der Anerkennung von sprachlichen und kulturellen Fähigkeiten. Und Claus Schaffer (AfD) nannte Integration „eine Bringschuld des Migranten“. Das Gesetz kehre das zu einer „Last für die Gesellschaft“ um.
Ministerin weist auf Kosten hin
Bildungsministerin Karin Prien erklärte in Vertretung von Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU), Schleswig-Holstein sei ein buntes und ein Zuwanderungsland. 15,3 Prozent der Menschen im Land hätten einen Migrationshintergrund, vor allem stammten diese aus der Türkei, aus Polen und Russland. Das Gesetz enthalte viele Zielvorgaben, die die Landesregierung nun zum Leben erwecken müsse. Dabei gehe es um eine Querschnittsaufgabe. Prien unterstrich, das geforderte Integrations-Monitoring sowie der Integrationsbeirat bedürften zusätzlichen Personals. „Das muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen.“