Besprechung mit Masken kurz vor der Sitzung: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), SPD-Fraktionschef Ralf Stegner und der SPD-Angeordnete Martin Habersaat.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Demonstrative Rückendeckung für die Bundeskanzlerin: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat im Landtag „großen Respekt“ für Angela Merkel (CDU) bekundet, nachdem die Kanzlerin den zuvor angekündigten Oster-Lockdown mit zwei zusätzlichen „Ruhetagen“ wieder einkassiert hatte. Der „Fehler“ sei gemeinsam mit allen Ministerpräsidenten beschlossen worden, betonte Günther selbstkritisch: „Auch ich habe dem am Ende zugestimmt.“ Und: „Es war eine falsche Entscheidung, die wir heute korrigiert haben.“ Für zukünftige Bund-Länder-Gipfel kündigte Günther eine „vernünftige Vorbereitung“ sowie eine bessere Abstimmung mit Koalitionspartnern und Parlament an: „Wir müssen das besser machen als bei dieser Konferenz.“
In Schleswig-Holstein sollen die Corona-Einschränkungen bis zum 11. April weitgehend so bleiben, wie sie sind. Ab dem 12. April kündigte der Regierungschef eine Öffnung der Außengastronomie in Kreisen mit einer Zahl von weniger als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner binnen einer Woche an. Landesweit lag der Wert am Tag der Debatte bei 58. Zudem wolle das Kabinett in den kommenden Tagen ein Konzept für „Modellregionen“ in den Bereichen Gaststätten, Tourismus und Sport entwickeln. „Unser Weg in Schleswig-Holstein ist richtig“, betonte Günther. „Wir müssen in den kommenden Wochen weiter vorsichtig miteinander sein, und dann haben wir Perspektiven.“
Stegner: „Weniger versprechen, mehr einhalten“
Auch Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) zollte der Kanzlerin Respekt: „Es ist aller Ehren wert, dass sie die Verantwortung für diese 180-Grad-Wende übernimmt.“ Die „Politik im Panikmodus“ bleibe dennoch falsch, so Stegner. Ein Lockdown folge auf den anderen, und eine konsistente Strategie sei nicht erkennbar, während die Akzeptanz in der Bevölkerung schwinde.
Stegner forderte verbindliche Vorschriften für Unternehmen, ihren Mitarbeitern jede Woche zwei Schnelltests sowie FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen. Das Impftempo müsse beschleunigt werden, und bei den Wirtschaftshilfen müssten die Abschlagszahlungen von derzeit 50 auf 70 Prozent der beantragten Summe steigen. Den Ministerpräsidenten forderte Stegner auf, „weniger anzukündigen und mehr einzuhalten“. Er erinnerte an Günthers Versprechen, den Osterurlaub im Lande zu ermöglichen und die Außengastronomie bereits Anfang April zu öffnen.
Weitere Stimmen aus dem Plenum
CDU-Fraktionschef Tobias Koch…
…bedauerte die Irritationen durch die Rücknahme der Osterruhe. „Für die Bevölkerung sind solche Zeichen mit Sicherheit nicht hilfreich“, konstatierte er. In dieser schwierigen Situation sei ein gesellschaftlicher Konsens über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie aber immer weniger erkennbar. „In so einer Phase dann Kritik zu üben, ist immer leicht. Allein mit Kritik werden wir aber der politischen Verantwortung nicht gerecht“, so Koch.
Er warnte davor, bei allem Interesse aus dieser Krise politisches Kapital zu schlagen und „ein Zerrbild der deutschen Politik zu zeichnen, das dazu geeignet ist, das Vertrauen in unsere Demokratie grundlegend zu gefährden“. In dieser Hinsicht trügen Regierung und Opposition gleichermaßen Verantwortung. Der SPD warf er eine „perfide Strategie“ und eine „irrsinnige Argumentation“ vor. „Von verantwortungsvollem und gemeinsamem Handeln bleibt bei Ihnen nicht viel übrig“, sagte Koch. Er warb zugleich dafür, kontaktarmen Urlaub im Land wieder zuzulassen. Schleswig-Holstein sei „prädestiniert für eine Modellregion zur Öffnung von Tourismus und Kultur“.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben…
…nahm Kanzlerin Merkel in Schutz: „Fehler dürfen gemacht werden und es ist wichtig, in Deutschland zu einer besseren Fehlerkultur zu kommen“. Wer mutig sei, mache Fehler. Allerdings habe sich die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) keinen guten Ruf verdient. „Das Ergebnis hilft wenig, die entnervte Bevölkerung an Bord zu halten. Es wurde mit heißer Nadel gestrickt, und das ergibt eben nur Flickwerk.“ Überhaupt müsse über die Rolle der MPK diskutiert werden. Es gebe im Bund und Land andere parlamentarische Beteiligungsmöglichkeiten.
Von Kalben bedauerte, dass es keine verpflichtende Testung für Betriebe gebe. Die Ansteckung am Arbeitsplatz sei deutlich höher als in der Außengastronomie, erklärte sie und fügte an: „Wir brauchen Akzeptanz und müssen weiter erklären, wie wir vorgehen.“ Vor Ostern werde es keine weiteren Lockerungen geben, danach setze die Regierung den eigenen Stufenplan um.
FDP-Fraktionschef, Christopher Vogt…
… kritisierte die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz als „katastrophal“. Ohnehin sei die Ministerpräsidentenkonferenz ein Abstimmungsgremium, dass nicht im Grundgesetz stehe. Die stetige Verlängerung eines pauschalen Lockdowns führe zu Frust in breiten Teilen der Bevölkerung. „Nach mehr als einem Jahr Pandemie ist es Zeit für mehr intelligente und differenzierte Lösungen“, sagte er. Hier lohne sich ein Blick nach Dänemark, wo mithilfe breiter Testungen eine „differenziertere Strategie“ umgesetzt werde.
Mit Blick auf Menschen, die trotz steigender Fallzahlen aktuell ins Ausland reisen, sagte der Liberale: „Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit“. Er selbst kenne „nicht wenige Menschen“, die trotz Corona-Pandemie verreisten. „Die Hilflosigkeit der Bundesregierung ist erschreckend“, sagte Vogt mit Blick auf Bestrebungen der Bundesregierung, Reisen ins Ausland grundsätzlich verbieten zu wollen. „Wir müssen mehr testen“, forderte er.
Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms,…
… kritisierte die Bundesregierung scharf. „Die Probleme, die wir haben, liegen eindeutig im Impfversagen der Bundesregierung“, sagte er. Im internationalen Vergleich sei Deutschland beim Impfen „noch nicht einmal unter den Top 20“. Die Verantwortung dafür werde weitergeschoben. „Es wird immer nur darüber geredet, was verhindert werden soll“, so Harms. Auf diese Weise würden die Symptome bekämpft, nicht aber deren Ursache.
Eine Herausforderung der Pandemie sei die Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und gesellschaftlichem Leben. „Diese Abwägung haben wir in der Ministerpräsidentenkonferenz nicht gehabt“, kritisierte Harms. Die mangelnde Abwägung werde negative Folgen für Betriebe, die Tourismusbranche aber auch für Schulen und Kitas haben.
Jörg Nobis vom Zusammenschluss der AfD im Landtag...
...sprach von einer „Bankrotterklärung“ der Kanzlerin. Der Osterruhe-Plan sei blanker Aktionismus gewesen. Die Akzeptanz für die Corona-Maßnahmen schmelze wie Schnee in der Sonne. Günther müsse kontaktarmen Urlaub ab sofort erlauben, sagte Nobis.
Ein Antrag der SPD-Fraktion zur digitalen Kontaktnachverfolgung fand nur die Unterstützung der Abgeordneten des SSW und wurde abgelehnt. Angenommen wurde dagegen ein entsprechender Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Ein Dringlichkeitsantrag der SPD für „Nachhaltige Hilfen für Beschäftigte in Kurzarbeit“ wurde an den Wirtschaftsausschuss überstellt.