Auf Druck der Koalitionsfraktionen soll Bildungsministerin Karin Prien (CDU) dem Parlament ihre Sichtweise zu den Ergebnissen der Kultusministerkonferenz (KMK), die Mitte Oktober vergangenen Jahres stattfand, darlegen. Die Minister der 16 Länder hatten eine „Ländervereinbarung“, die für mehr Einheitlichkeit und Zusammenarbeit in Deutschland sorgen soll, beschlossen. So wollen die Kultusminister die Schulausbildung und Schulabschlüsse in den kommenden Jahren deutlich vergleichbarer gestalten.
Das Vertragspapier der KMK, das noch von den Ministerpräsidenten der Bundesländer unterzeichnet werden muss, soll das 56 Jahre alte „Hamburger Abkommen“ zur „Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens“ ablösen. Es beschreibt Grundsätze und Ziele der Zusammenarbeit der Länder. Im „Hamburger Abkommen“ waren unter anderem gemeinsame Regeln der Länder zur gegenseitigen Anerkennung von Schulabschlüssen, zu Schulferien, den Schularten und der Anerkennung von Lehramtsabschlüssen festgelegt.
Länderübergreifender Pool für Abi-Aufgaben
In der neuen Vereinbarung sichern sich die Länder unter anderem zu, „durch geeignete Maßnahmen“ dafür zu sorgen, dass Schüler bei einem länderübergreifenden Schulwechsel „ihre Bildungslaufbahn bruchlos fortsetzen können“. Ein wesentlicher Punkt sind die Abituraufgaben. Hier wollen sich die Länder dazu verpflichten, eine bestimmte Anzahl der Aufgaben aus einem gemeinsamen, länderübergreifenden Pool zu entnehmen.
Eingerichtet werden soll außerdem eine „Ständige wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz“. Dieses in früheren Planungen auch „Bildungsrat“ genannte Gremium soll die Länder in Fragen der Weiterentwicklung des Bildungswesens unter anderem mit Blick auf eine bessere Vergleichbarkeit beraten.
Unterschiedliche Reaktionen
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Prien steht voll hinter den bildungspolitischen Beschlüssen der Kultusminister. Die Konferenz habe „für die Zukunft unseres Bildungssystems wegweisende Beschlüsse gefasst“, sagte die CDU-Politikerin nach der Konferenz. Mit der Verpflichtung der Länder, wesentliche Zukunftsthemen der Bildungspolitik in den kommenden Jahren mit klaren, gemeinsamen Zielen weiterzuentwickeln, werde den berechtigten Erwartungen an einen zeitgemäßen Bildungsföderalismus entsprochen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte dagegen die Inhalte der Ländervereinbarung als „Rolle rückwärts“ und „schwarzen Tag für die Bildung“. Das Papier schreibe den „Status quo einer Bildungspolitik der 1950er-Jahre West fest“, sagte die GEW-Bundesvorsitzende Marlis Tepe. „Prüfungen werden zentralisiert und normiert, Qualität soll über noch mehr Tests und Bildungsstandards gesichert und veraltete Pädagogik jetzt auch digital betrieben werden“. Zudem sei das Thema Inklusion, das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Schülern, zu kurz gekommen.
Die Pläne der Kultusministerkonferenz im Einzelnen
GRUNDSCHULE:
Für Kinder, die in die Grundschule kommen, sollen einheitliche Standards für sprachliche und mathematische Kompetenzen und entsprechende Förderung gesetzt werden. Dafür soll die KMK gemeinsam mit der Jugend- und Familienministerkonferenz eine Empfehlung erarbeiten. Die Länder wollen sich zudem auf einen Gesamtstundenrahmen und einen Mindeststundenumfang in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht in der Grundschule verständigen. Die Vermittlung der Schreibschrift wird betont, ebenso ein einheitlicher Rechtschreibrahmen.
NACH DER GRUNDSCHULE
Im sogenannten Sekundarbereich I – also den ersten Jahren nach der Grundschule – soll das Namenschaos in Deutschland geordnet werden. Hier gibt es in jedem Land andere Bezeichnungen: Hauptschule, Realschule, Mittelschule, Regelschule, Oberschule oder Stadtteilschule. „Zur Erhöhung der Transparenz und damit Akzeptanz prüfen die Länder die Möglichkeit einer einheitlicheren Namensgebung für die Schularten“, heißt es im Beschluss der KMK. Zudem sollen einheitliche Regelungen im Sekundarbereich I zur Wochenstundenzahl der Fächer und Lernbereiche im Pflicht- und Wahlpflichtunterricht geschaffen werden.
ABITUR:
Die Länder verpflichten sich dazu, dass ab 2023 die Hälfte der Aufgaben für die Abi-Prüfungen in Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch aus gemeinsamen Aufgabenpools kommen soll. Das soll ab 2025 dann auch für Biologie, Chemie und Physik gelten. Solche gemeinsamen Aufgabenpools gibt es jetzt schon für Deutsch, Mathe, Englisch und Französisch. Allerdings gibt es bisher keine Pflicht, daraus auch Aufgaben zu verwenden.
Weil die Abitur-Note zu einem großen Teil von den Leistungen vor den eigentlichen Prüfungen abhängt, soll zudem bis 2023 eine genaue Anzahl „verpflichtend zu belegender und in die Gesamtqualifikation einzubringender Fächer einschließlich ihrer Gewichtung“ festgelegt werden. Es gehe nicht darum, dass an einem Tag überall in Deutschland dasselbe Abitur geschrieben wird, sondern um mehr zentrale Elemente, hieß es.
(Stand: 22. Februar 2021)
Vorherige Debatten zum Thema:
Oktober 2020 (Situation an Schulen)
August 2020 („Lernen in Corona-Zeiten“)
Januar 2020