Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Schleswig-Holstein hat ein neues Polizeigesetz. In Zweiter Lesung stimmte der Landtag gegen die Stimmen der SPD für eine Reform, die unter anderem Klarheit für den Einsatz des „finalen Rettungsschusses“, der Verwendung von Elektroschockpistolen oder den datenschutzrechtlichen Vorgaben für Body Cams gibt. Das Gesetz gebe der Polizei „passende Instrumente im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und für mehr Eigenschutz“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Mit dem Gesetz reagiere die Landesregierung auf aktuelle Herausforderungen.
Eine weitere Änderung betrifft den Umgang mit Gewalttätern. Sie können künftig bis zu vier Wochen aus der Wohnung verwiesen werden. Auch ist in dem Gesetz verankert, dass „Racial Profiling“, also das anlasslose Überprüfen von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, nicht zur Polizeiarbeit gehört. Besonders umstritten war die tödliche Schussabgabe, die nun in absoluten Ausnahmesituationen als letztes Eingriffsmittel zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben zulässig ist. Umstritten war in der Debatte, dass dieser auch gegen Kinder unter 14 Jahren als letztes Mittel der Gefahrenabwehr angewandt werden kann – gedacht beispielsweise bei Amokläufen.
SPD: „mehr Schein als Sein“
Die SPD-Abgeordnete Kathrin Bockey hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Bürgernahe Polizeiarbeit habe sich im 21. Jahrhundert verändert. Daher sei die Novelle „längst überfällig und unumgänglich“, freute sich Tim Brockmann (CDU). Der Anspruch sei es, der Polizei den Rücken zu stärken. „Wir schaffen ein modernes Polizeirecht mit Rechts- und Handlungsfähigkeit.“ Dennoch müsse in den kommenden Jahren nachgeschärft werden, besonders bei der Ermittlungsarbeit im digitalen Zeitalter, so Brockmann.
Das sah Kathrin Bockey (SPD) ganz anders. Im Gesetz sei vieles „mehr Schein als Sein“, etwa beim Einsatz von Bodycams, dem „Placebo“ Fußfesseln oder der Zuverlässigkeitsüberprüfung, die auf kommunale Behörden erweitert werden sollte. Zudem biete es kaum Schutz für Opfer häuslicher Gewalt und gebe keine Antworten auf hartnäckige Gefährder. „Vier Wochen Wegweisung reichen bei weitem nicht aus“, kritisierte Bockey in der über einstündigen emotionalen Debatte.
Grüne: „Mussten Kröten schlucken“
Burkhard Peters (Grüne) wies darauf hin, dass der Gesetzentwurf ein Kompromiss sei, bei dem „alle Beteiligten Kröten schlucken mussten“. Die Meinungen hätten in der Jamaika-Koalition „weit auseinander“ gelegen. Dafür sei das Papier nun „sehr vorzeigbar“ und gebe Rechtssicherheit. „Unterschiede müssen in einer Erarbeitung eines Projektes nicht schädlich sein“. Jörg Hansen (FDP) pflichtet bei: „Wir haben jetzt ein Gesetz mit Maß und Mitte, das weit über Mittelmäßigkeit herausgeht.“
Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms, hätte sich an der einen oder anderen Stelle noch Änderungen gewünscht. Aber: „Alles in allem können wir uns aber gut im neuen Polizeirecht zurechtfinden“, sagte er. Claus Schaffer (AfD) beklagte, dass die Jamaika-Koalition viel zulange für das „linksgrün-eingefärbte“ Gesetz gebraucht habe, das auf ungerechtfertigte Weise „Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei“ erhebe. Dennoch stimmte der Zusammenschluss der AfD für das Gesetz.
Balance zwischen Freiheit und Sicherheit
Innenministerin Sütterlin-Waack zeigte sich in der Debatte zuversichtlich, dass die Zahl der im Dienst verletzten Polizisten durch die Novelle reduziert werden könne. Diese Zahl war in den vergangenen Jahren ins Schleswig-Holstein angestiegen. Insgesamt wahre die Polizeireform die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit, sagte die CDU-Politikerin.