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26. Februar 2021 – Februar-Plenum

Landtag beschließt neues Polizeigesetz

Das sogenannte Gefahrenabwehrrecht der Polizei- und Ordnungsbehörden steht nach monatelangen Diskussionen auf einem neuen Fundament. Einzig die SPD trägt die Reform, die auch den finalen Rettungsschuss neu regelt, nicht mit.

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Michael August

Schleswig-Holstein hat ein neues Polizeigesetz. In Zweiter Lesung stimmte der Landtag gegen die Stimmen der SPD für eine Reform, die unter anderem Klarheit für den Einsatz des „finalen Rettungsschusses“, der Verwendung von Elektroschockpistolen oder den datenschutzrechtlichen Vorgaben für Body Cams gibt. Das Gesetz gebe der Polizei „passende Instrumente im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und für mehr Eigenschutz“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Mit dem Gesetz reagiere die Landesregierung auf aktuelle Herausforderungen.

Eine weitere Änderung betrifft den Umgang mit Gewalttätern. Sie können künftig bis zu vier Wochen aus der Wohnung verwiesen werden. Auch ist in dem Gesetz verankert, dass „Racial Profiling“, also das anlasslose Überprüfen von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, nicht zur Polizeiarbeit gehört. Besonders umstritten war die tödliche Schussabgabe, die nun in absoluten Ausnahmesituationen als letztes Eingriffsmittel zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben zulässig ist. Umstritten war in der Debatte, dass dieser auch gegen Kinder unter 14 Jahren als letztes Mittel der Gefahrenabwehr angewandt werden kann – gedacht beispielsweise bei Amokläufen.

SPD: „mehr Schein als Sein“

Die SPD-Abgeordnete Kathrin Bockey hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Die SPD-Abgeordnete Kathrin Bockey hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Michael August

Bürgernahe Polizeiarbeit habe sich im 21. Jahrhundert verändert. Daher sei die Novelle „längst überfällig und unumgänglich“, freute sich Tim Brockmann (CDU). Der Anspruch sei es, der Polizei den Rücken zu stärken. „Wir schaffen ein modernes Polizeirecht mit Rechts- und Handlungsfähigkeit.“ Dennoch müsse in den kommenden Jahren nachgeschärft werden, besonders bei der Ermittlungsarbeit im digitalen Zeitalter, so Brockmann.

Das sah Kathrin Bockey (SPD) ganz anders. Im Gesetz sei vieles „mehr Schein als Sein“, etwa beim Einsatz von Bodycams, dem „Placebo“ Fußfesseln oder der Zuverlässigkeitsüberprüfung, die auf kommunale Behörden erweitert werden sollte. Zudem biete es kaum Schutz für Opfer häuslicher Gewalt und gebe keine Antworten auf hartnäckige Gefährder. „Vier Wochen Wegweisung reichen bei weitem nicht aus“, kritisierte Bockey in der über einstündigen emotionalen Debatte.  

Grüne: „Mussten Kröten schlucken“

Burkhard Peters (Grüne) wies darauf hin, dass der Gesetzentwurf ein Kompromiss sei, bei dem „alle Beteiligten Kröten schlucken mussten“. Die Meinungen hätten in der Jamaika-Koalition „weit auseinander“ gelegen. Dafür sei das Papier nun „sehr vorzeigbar“ und gebe Rechtssicherheit. „Unterschiede müssen in einer Erarbeitung eines Projektes nicht schädlich sein“. Jörg Hansen (FDP) pflichtet bei: „Wir haben jetzt ein Gesetz mit Maß und Mitte, das weit über Mittelmäßigkeit herausgeht.“

Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms, hätte sich an der einen oder anderen Stelle noch Änderungen gewünscht. Aber: „Alles in allem können wir uns aber gut im neuen Polizeirecht zurechtfinden“, sagte er. Claus Schaffer (AfD) beklagte, dass die Jamaika-Koalition viel zulange für das „linksgrün-eingefärbte“ Gesetz gebraucht habe, das auf ungerechtfertigte Weise „Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei“ erhebe. Dennoch stimmte der Zusammenschluss der AfD für das Gesetz.

Balance zwischen Freiheit und Sicherheit

Innenministerin Sütterlin-Waack zeigte sich in der Debatte zuversichtlich, dass die Zahl der im Dienst verletzten Polizisten durch die Novelle reduziert werden könne. Diese Zahl war in den vergangenen Jahren ins Schleswig-Holstein angestiegen. Insgesamt wahre die Polizeireform die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit, sagte die CDU-Politikerin.

Das Land bekommt ein neues Polizeigesetz. Die in Zweiter Lesung zur Abstimmung stehende Reform der Jamaika-Regierung schafft unter anderem Klarheit für den Einsatz des „finalen Rettungsschusses“, der Verwendung von Elektroschockpistolen (sogenannte Taser) oder den datenschutzrechtlichen Vorgaben für Body Cams. Eine weitere Änderung betrifft den Umgang mit Gewalttätern. Sie können künftig bis zu vier Wochen aus der Wohnung verwiesen werden. Auch soll in dem Gesetz verankert werden, dass Racial Profiling nicht zur Polizeiarbeit gehört. Von Racial Profiling spricht man, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale, aber ohne konkreten Anlass kontrolliert werden.

Die tödliche Schussabgabe ist laut dem Entwurf in absoluten Ausnahmesituationen als allerletztes Eingriffsmittel zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben zulässig. Besonders umstritten war die Einbeziehung von Kindern unter 14 Jahren in die Regelung. „Insbesondere durch akute terroristische Bedrohungslagen besteht zunehmend die Gefahr, dass auch Personen, die noch nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, gegen andere Menschen Gewalt zu verüben versuchen, und diese in gegenwärtige Lebensgefahr bringen“, argumentiert Jamaika in dem Entwurf.

Einsatz von V-Leuten engmaschiger

Bereits seit längerem ist bekannt, dass künftig für den Umgang der Polizei mit Informanten aus kriminellen Kreisen strengere Regeln gelten sollen. Die Zusammenarbeit mit Vertrauenspersonen und der Einsatz verdeckter Ermittler beispielsweise bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität stellt die Koalition unter Richtervorbehalt. Im Zuge der parlamentarischen Aufarbeitung der sogenannten Rockeraffäre bei der Landespolizei war der Ruf nach gesetzlichem Regelungsbedarf laut geworden.

„Der vorliegende Gesetzentwurf schafft durch moderate Anpassungen und Ergänzungen die für eine effektive Gefahrenabwehr erforderlichen Befugnisse, bietet Rechts- und Handlungssicherheit für die Polizei- und Ordnungsbehörden und schützt zugleich die Bürgerinnen und Bürger vor ungerechtfertigter Beeinträchtigung ihrer persönlichen Freiheitsrechte“, heißt es in dem Gesetzentwurf von Jamaika. Die Reform erfülle „alle Anforderungen an ein modernes Sicherheits- und Ordnungsrecht“.

(Stand: 22. Februar 2020)

Debatte Erste Lesung:
Juni 2020
Weitere vorherige Debatte zum Thema
Oktober 2020 (Gewalt gegen Polizisten)
Dezember 2020 (Rassismusstudie)

Zweite Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/2118
(Ausschussüberweisung am 17. Juni 2020)
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/2775
Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2819