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9. Dezember 2020 – Dezember-Plenum

SPD fordert Rassismusstudie für den Öffentlichen Dienst

Nach dem Bund will nun auch das Land eine Untersuchung zu möglichem Rassismus in der Polizei durchführen. Die SPD-Fraktion fordert eine solche Studie auch für den Öffentlichen Dienst insgesamt.

Ein Polizei-Schild hängt an einem Polizeipräsidium.
Ein Polizei-Schild hängt an einem Polizeipräsidium.
© Foto: dpa, Roland Weihrauch

Einzelne Vorfälle oder strukturelles Problem? Der Landtag debattiert zwei Anträge, die möglichen Rassismus in verschiedenen Bereichen des Öffentlichen Dienstes im Land in den Blick nehmen. Während Jamaika in einem Antrag eine vom Innenministerium angekündigte Studie unterstützt, die eine Untersuchung bei der Polizei etwa zum Werteverständnis und zur Motivlage bei angehenden Polizisten anstrebt, fordert die SPD-Fraktion in einem kurzfristig eingereichten Alternativantrag, den gesamten Öffentlichen Dienst zu beleuchten. Mehrheitlichen Zuspruch gab es für den Koalitionsantrag. Der Alternativantrag der Sozialdemokraten wird im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten.

„Natürlich können wir nicht in den Kopf eines jeden Polizeibeamten schauen“, sagte der Abgeordnete Tim Brockmann (CDU). Ein strukturelles Problem mit Rassismus in der Landespolizei sieht er nicht, sondern sprach von „verschiedenen Vorfällen in Teilen der Polizei“. Weder das Anfang Oktober veröffentlichte Lagebild „Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden“ des Bundeamtes für Verfassungsschutz, noch der aktuelle Bericht der Polizeibeauftragten gäben Hinweise auf ein latentes Rassismus- oder Extremismusproblem in der Landespolizei.

Vorbildfunktion des Öffentlichen Dienstes

Der größten Oppositionsfraktion greift der Blick auf die Landespolizei allein zu kurz. „Es liegt in der Natur der Sache, dass die Polizei mit ihren weitreichenden Eingriffsbefugnissen besondere Aufmerksamkeit erfährt, aber müssen wir nicht auch dorthin schauen, wo die Machtstrukturen nicht so offensichtlich im Blickpunkt der Öffentlichkeit sind?“, sagte Kathrin Bockey (SPD). Lehrer, Justizbedienstete oder Finanzbeamte – der Öffentliche Dienst trage in seiner Gesamtheit große Verantwortung und schaffe „die Grundlagen für das Vertrauen der Bürger, dass in unserem Land Recht und Gesetz gelten und dass es gerecht zugeht“. Sein Handeln habe Vorbildcharakter.

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) betonte, ihr Haus verfolge bei fremdenfeindlichen, rassistischen oder rechtsextremistischen Vorfällen eine „Null-Toleranz-Linie“. „Bereits im Bewerbungsverfahren fühlen wir den Bewerbern ganz genau auf den Zahn“, sagte Sütterlin-Waack. Ein besonderer Fokus liege auf der Aus- und Fortbildung der Beamten. So pflege die Polizeischule in Eutin eine enge Partnerschaft mit der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Israel und sei seit Anfang 2020 Mitglied bei „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Das Bild einer weltoffenen Bürgerpolizei hätten die Beamten inzwischen verinnerlicht.

Bundesstudie kommt

Ende Oktober hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer nach monatelangem Streit in der Großen Koalition doch bereit gezeigt, eine Studie zu Rassismus in der Polizei in Auftrag zu geben. Allerdings zu seinen Bedingungen: Der CSU-Politiker besteht darauf, dass die Forscher gleichzeitig auch Schwierigkeiten und Frust im Alltag der Sicherheitsbeamten in den Blick nehmen. Der Diskussion vorangegangen waren Berichte von rechtsextremen Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern. SPD, Linke und FDP hatten daraufhin eine umfassende Rassismus-Studie bei der Polizei gefordert.

Einem Lagebericht des Bundesinnenministeriums zu Rechtsextremismus-Verdachtsfällen bei Polizei, Zoll und Geheimdiensten geht hervor, dass es zwischen Januar 2017 und März 2020 insgesamt 58 Verdachtsfälle bei den Sicherheitsbehörden des Bundes und 319 Fälle in den Ländern auf. Davon stammen drei Fälle nach Angaben des Innenministeriums in Kiel aus Schleswig-Holstein.

Weitere Redner:
Aminata Touré (Grüne), Jörg Hansen (FDP), Lars Harms (SSW), Claus Schaffer (AfD)

In einer Resolutionsvorlage begrüßen die Koalitionsfraktionen die angekündigte bundesweite Untersuchung zu möglichen extremistischen und rassistischen Einstellungen in Polizeikreisen sowie innerhalb öffentlicher Institutionen. Ferner unterstützen CDU, Grüne und FDP die Pläne von Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) für eine landesinterne Studie zum Werteverständnis und zur Grundhaltung der Beamten. „Der Landtag unterstützt alle Bemühungen der Landesregierung, proaktiv das Erstarken sämtlicher Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wirksam zu bekämpfen“, heißt es in dem zweiseitigen Antrag.

Weiter wird in dem vorliegenden Papier die Landesregierung gebeten, „im Rahmen des schleswig-holsteinischen Aktionsplanes gegen Rassismus auch den Arbeitsalltag, das Werteverständnis sowie die Widerstandsfähigkeit der Polizei gegen menschenverachtende Verhaltensweise zu untersuchen“. Gegebenenfalls sei später zu prüfen, ob und an welchen Stellen die Einstellungsverfahren, die Aus- und Fortbildung sowie die Organisations- und Führungskultur entsprechend gestärkt werden können. Und: Um rassistischen und anderen menschenfeindlichen Einstellungen im Staatsdienst vorzubeugen, müsse politische Bildung als ein fester Bestandteil in Aus- und Fortbildungen verankert werden, lautet eine weitere Forderung.

Sütterlin-Waack rühmt weltoffene Bürgerpolizei

Ende Oktober hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer nach monatelangem Streit in der Großen Koalition doch bereit gezeigt, eine Studie zu Rassismus in der Polizei in Auftrag zu geben. Allerdings zu seinen Bedingungen: Der CSU-Politiker besteht darauf, dass die Forscher gleichzeitig auch Schwierigkeiten und Frust im Alltag der Sicherheitsbeamten in den Blick nehmen. Der Diskussion vorangegangen waren Berichte von rechtsextremen Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern. SPD, Linke und FDP hatten daraufhin eine umfassende Rassismus-Studie bei der Polizei gefordert.

Aus einem Lagebericht des Bundesinnenministeriums zu Rechtsextremismus-Verdachtsfällen bei Polizei, Zoll und Geheimdiensten geht hervor, dass Mitarbeiter deutscher Sicherheitsbehörden, die durch rechtsextremistische Handlungen auffallen, nur selten Kontakte zu Organisationen der rechten Szene hätten. Der Bericht listet zwischen Januar 2017 und März 2020 insgesamt 58 Verdachtsfälle bei den Sicherheitsbehörden des Bundes und 319 Fälle in den Ländern auf. Davon stammen drei Fälle nach Angaben des Innenministeriums in Kiel aus Schleswig-Holstein. Ministerin Sütterlin-Waack betont, Verfassungsschutz und Polizei verfolgten bei fremdenfeindlichen, rassistischen oder rechtsextremistischen Vorfällen eine Null-Toleranz-Linie. Die Aus- und Fortbildung setze auf das Bild einer weltoffenen Bürgerpolizei.

(Stand: 7. Dezember 2020)

Vorherige Debatten zum Thema:
Oktober 2020
Mai 2020

Antrag

Polizei gegen Rassismus und Rechtsextremismus stärken
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2630

Öffentlicher Dienst muss Vorreiter beim Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus sein
Alternativantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2641