Rosen liegen unter einem Einschussloch in einer Scheibe im Bereich des Tatorts einer Terror-Attacke in der Nähe einer Synagoge.
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Foto: dpa, Matthias Schrader
Der Landtag hat sich vor dem Hintergrund der jüngsten Anschläge in Dresden, Paris, Nizza und Wien mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, mit aller Härte Extremisten zu bekämpfen und Rassismus und Antisemitismus sowie Islamfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten. Ein entsprechender Antrag der Jamaika-Koalition wurde gegen die Stimmen des Zusammenschlusses der AfD und der Abgeordneten Sayn-Wittgenstein angenommen. Ein Änderungsantrag der SPD, auch die sogenannte „negative Religionsfreiheit“ anzuerkennen, fand hingegen keine Mehrheit. Ein AfD-Papier zum politischen Islam wurde unter heftigster Kritik aller Fraktionen zurückgewiesen.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) verurteilte die Anschläge „auf das Schärfste“. Wer sich aggressiv und gewaltbereit gegen den Staat wende, sei ein Verfassungsfeind, egal aus welcher Richtung er komme, sagte sie. Diese Personen würden „konsequent und kompromisslos bekämpft“.
„Wir lassen uns nicht spalten“
Die Ministerin verwies besonders auf ein Landesprogramm gegen religiös-motivierten Extremismus. Wenn Angebote wie diese verbessert würden, verhindere das nicht nur Extremismus, sondern Terroranschläge. Gleichzeitig machte Sütterlin-Waack deutlich, eine Religion mit Terror gleichzusetzen sei „genauso menschenunwürdig wie der Terror selber“. Schleswig-Holstein bleibe ein vielfältiges und tolerantes Land, sagte sie und schloss mit den Worten: „Wir lassen uns unser friedliches Zusammenleben nicht zerstören, wir lassen uns nicht spalten.“
Auch Redner der Jamaika-Koalition rückten das Thema Prävention in den Fokus. Die SPD betonte, Islamisten und Rechtsextremisten hätten ein gleiches Strukturbild. Beide wollten die Gesellschaft spalten. Der SSW nannte Zahlen. Demnach gebe es in Deutschland aktuell 627 islamistische Gefährder, davon seien 320 Deutsche. Allerdings lebten viele im Ausland. Und: 54 islamistische Gefährder seien 2019 aus Deutschland abgeschoben worden.
Der Antrag der Abgeordneten des Zusammenschlusses der AfD wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Er werfe „verschiedenen Begriffe in einen Topf“, sei „infam und widerwärtig in schlimmster Form“, hieß es dazu aus dem Plenum.
Stimmen aus dem Plenum:
Tobias von der Heide (CDU)
Wir verurteilen Terroranschläge auf das Schärfste. Terroranschläge sind keine fernen Ereignisse. Wir haben auch konkret in Schleswig-Holstein Anknüpfungspunkte und Gefahren. Unser Schwerpunkt bleibt eine wirksame Prävention. Hass und Gewalt dürfen nicht unter dem Deckmantel der religiösen Gesellschaft getragen werden – da müssen wir wehrhaft sein.
Claus Schaffer (AfD)
Der politische Islam ist in all seinen Facetten inkompatibel mit unserer Verfassung und unseren Werten und steht ihr sogar feindlich gegenüber. Gefährder müssen abgeschoben werden. Eine bloße Überwachung schützt niemandem. Kinder und Jugendliche dürfen nicht an den politischen Islamismus verlieren.
Ralf Stegner (SPD)
Auch die jüngsten Angriffe sind Angriffe auf unsere freien Gesellschaften und das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft. Diese perfiden Gefährder gehören ins Gefängnis. Aber: Der Islam gehört zu Deutschland. Es ist entscheidend, dass wir diesen Teil unserer Gesellschaft vor Spaltung schützen. Wir lehnen Gewalt ab, egal von wem sie ausgeht oder wie sie begründet wird.
Lasse Petersdotter (Grüne)
Unsere Aufgabe muss es sein, den Tätern nicht auf dem Leim zu gehen. Und: Wir müssen unsere Strategien auf Wirksamkeit überprüfen. Die meisten Opfer von islamistischen Taten sind noch immer Muslime. Islamismus ist dezentral organisiert – dieser Franchise-Terrorismus macht es schwer, dagegen anzugehen. Wir dürfen die Szene genauso wie auch Einzelpersonen nicht aus den Augen lassen.
Jan Marcus Rossa (FDP)
Wir werden auch in der politischen Ausrichtung neue Wege gehen müssen, um der Gefahr von islamistischem Terror entgegenzutreten. Die aktuelle Bedrohungslage in Deutschland ist hoch. Das ist auch eine Konsequenz daraus, dass wir in den 1950er-Jahren Parallelgesellschaften zugelassen und Gastarbeiter ausgegrenzt haben.
Lars Harms (SSW)
Es wird in viele Länder abgeschoben. Für eine Abschiebung von Gefährdern ist es nicht notwendig, dass das Herkunftsland als sicheres Herkunftsland zu deklarieren. Wer noch hier ist, wird engmaschig beobachtet. Das gilt auch für die 70 rechtsextremistischen und den einen linken Gefährder. Worum es eigentlich geht ist, dass keine neuen radikalisierten Menschen dazukommen.