Die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Michael August
Der Landtag hat mit breiter Mehrheit erneut seine Bereitschaft bekräftigt, Flüchtlinge aus besonderen Notlagen in Schleswig-Holstein aufzunehmen. Vor dem Hintergrund des abgebrannten Lagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos forderten CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW in einem gemeinsamen Antrag zudem die Landesregierung auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene für eine schnelle Verteilung der Geflüchteten aus Moria auf weitere europäische Länder einzusetzen sowie die Hilfe vor Ort zu unterstützen. Einzig die AfD wandte sich gegen erneute Aufnahme von Flüchtlingen.
Die Große Koalition in Berlin hatte sich in der vergangenen Woche darauf verständigt, mehr Geflüchtete von den griechischen Inseln aufzunehmen. Demnach dürfen 1553 bereits Asylstatus besitzende weitere Menschen aus 408 Familien nach Deutschland einreisen. Diese Flüchtlinge sollen zusätzlich zu den geplanten bis zu 150 unbegleiteten Minderjährigen nach Deutschland kommen. Auch einige hundert kranke Kinder und ihre Familien – insgesamt rund 1000 Personen – will die Bundesregierung einreisen lassen.
CDU warnt vor Alleingang
Im Landtag wurde das als positiver Schritt nach der „bedrückenden Tragödie“ in Moria gewertet. Schleswig-Holstein habe aber Platz für mehr hilfesuchende Menschen, viele Kommunen hätten bereits ihre Bereitschaft für eine Aufnahme der Flüchtlinge angeboten, lautete der Tenor. Diese Aufnahmebereitschaft in Schleswig-Holstein beeindrucke sie sehr, dankte Barbara Ostmeier (CDU): „Humanität ist das Gebot der Stunde.“ Sie sprach sich aber zugleich gegen eigenmächtiges Handeln der Bundesländer bei dem Thema aus. Ein „Selbsteintrittsrecht der Länder ohne Beteiligung des Bundes“ dürfe es nicht geben.
In diesem Punkt widersprach die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli (SPD). „Leider haben wir bis heute keinen einzigen Ton von Bundesinnenminister Seehofer dazu gehört, warum er Bundesländern und Kommunen verweigert, geflüchtete Menschen bei sich aufzunehmen“, sagte sie. Sie forderte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) gemeinsam den Druck auf CSU-Minister Horst Seehofer zu erhöhen. Midyatli erinnerte daran, dass es bereits seit 2015 eine unwürdige Unterbringung auf den griechischen Inseln gebe. Sie forderte ein einheitliches Asyl-System in Europa, denn: „Dublin 3 ist gescheitert.“
„Gesamteuropäisches Versagen“
Von den bewilligten Menschen kämen 50 Geflüchtete nach Schleswig-Holstein, erklärte Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben. Sie kritisierte, dass es Europa nicht hinbekomme, eine Unterbringung „für die Schwächsten und Schwachen“ zu organisieren. Jan Marcus Rossa (FDP) sprach ebenfalls von einem „Trauerspiel“ und einem „gesamteuropäischen Versagen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik“. Der Bundesregierung hielt er „bloße Symbolpolitik“. Denn: Die aufgenommenen Flüchtlinge kämen gar nicht aus Moria. Das sei „ohne jede Wirkung für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen“. Lars Harms (SSW) forderte die Bundesregierung auf, die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen, um gesamteuropäische Lösungen voranzutreiben.
Claus Schaffer (AfD) meinte hingegen, die Flüchtlinge hätten selbst das Feuer gelegt, um ihre Weiterreise nach Europa zu erzwingen. Dem dürfe man nicht nachgeben, um nicht „den sozialen Frieden in Deutschland“ zu gefährden und „dieselben Fehler wie 2015“ zu machen. Man müsse jetzt die Griechen „tatkräftig vor Ort“ unterstützen, so Schaffer.
Ministerin würdigt Engagement der Kommunen
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) erklärte, Schleswig-Holstein werde mindestens 3,4 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen – „egal wie viele es insgesamt sind“. Das Engagement der Kommunen im Land unterstütze die Regierung dabei, Menschen in Not zu helfen. Wichtig sei aber auch, sich auf europäischer Ebene auf eine „humanitär geprägte und faire Asylpolitik“ zu verständigen, so die Ministerin.