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23. September 2020 – September-Plenum

Neue Corona-Notkredite: SPD und SSW stützen den Kurs

Schleswig-Holsteins Steuereinnahmen brechen wegen der Corona-Pandemie weg. Die Landesregierung will mit Notfallkrediten in Milliardenhöhe reagieren. SPD und SSW sagten ihre Unterstützung zu – allerdings unter Bedingungen.

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Michael August

In einer Finanzdebatte nach der jüngsten Steuerschätzung hat Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) die Corona-Krise als „maximale Herausforderung“ bezeichnet. „Gegen die Krise ansparen zu wollen, wäre der falsche Weg“, so die Ministerin, „weil wir das zarte Pflänzchen der Konjunktur wieder tottreten würden“. 4,5 Milliarden Euro neue Schulden soll das Land nach Heinolds Vorstellung in den kommenden Jahren aufnehmen. Davon sollen 2,5 Milliarden in das Infrastrukturprogramm „Impuls“ fließen. 517 Millionen sollen an die Kommunen gehen, und mit weiteren 1,4 Milliarden Euro will Heinold den Landeshaushalt in den Jahren 2021 bis 2024 stützen.

Die Finanzministerin bat um die Unterstützung der Opposition und rief dazu auf, „die Weichen gemeinsam zu stellen“. Im Landesetat klafft laut der Sonder-Steuerschätzung von Anfang September eine gewaltige Lücke. Bis 2024 muss das Land demnach mit rund 3,6 Milliarden Euro weniger auskommen als vor der Pandemie erwartet. Allein im laufenden Jahr wird wohl eine Milliarde Euro weniger in die Kassen fließen. Deswegen sollen neben den Krediten für die kommenden Jahre zusätzlich 1,2 Milliarden in den laufenden Haushalt 2020 gehen.

SPD und SSW stehen bereit, scharfe Kritik von der AfD

„Wir sind als Opposition bereit, Jamaika die Hand zu reichen“, erklärte Beate Raudies (SPD): „Jetzt ist parlamentarisches Handeln gefragt, über die Grenzen aller demokratischen Fraktionen hinweg.“ Die SPD drängt darauf, mit den Hilfsgeldern die öffentliche Daseinsvorsorge stärker zu unterstützen, etwa Schulen und Krankenhäuser. Hintergrund: Für den Notkredit braucht Jamaika die Unterstützung der Opposition, da die in der Landesverfassung verankerte Schuldenbremse eine Abkehr vom Sparkurs nur „im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen“ gestattet. Eine Zwei-Drittel-mehrheit im Landtag muss zustimmen.

„Die Kredite sind notwendig, und sie finden unsere Zustimmung“, stellte Lars Harms (SSW) klar. Er forderte mehr Geld für das „größte Problem“ der heutigen Zeit, den Bau von Wohnungen. Die Gespräche zwischen SPD, SSW und Jamaika über die Ausgestaltung der Hilfen sollen in den kommenden Tagen starten.

Jamaika für Investitionen und gegen Steuererhöhungen

Die Jamaika-Fraktionen stellten sich eindeutig hinter die Ministerin. „Ohne weitere Kredite wird es nicht gehen“, merkte Ole Plambeck (CDU) an: „Massive Einsparungen oder Steuererhöhungen wären das komplett falsche Signal.“ Die Koalition setze auf Investitionen in die Infrastruktur und helfe den Kommunen, so Plambeck. Lasse Petersdotter (Grüne) sprach von einem „guten Plan“. Der Staat habe auch in den Jahren nach der Wiedervereinigung und in der Finanzkrise 2008/2009 massiv Kredite aufgenommen: „In einer solchen Krise sind wir jetzt auch.“ Es wäre ein schwerer Fehler, mahnte Annabell Krämer (FDP), den Rotstift bei den Investitionen anzusetzen, „denn nur Wirtschaftswachstum hilft uns weiter“. Zugleich sprach sie sich „selbstverständlich“ gegen Steuererhöhungen aus.

Jörg Nobis (AfD) übte hingegen scharfe Kritik an Heinolds Kurs: „Was Sie jetzt vorhaben, das ist finanzpolitisches Harakiri.“ Jamaika missbrauche die Corona-Notlage für „Klientelpolitik“, etwa für Klimaschutz oder den Bau von Radwegen. Nobis rief die Ministerin auf, stattdessen Einsparpotenziale aufzuzeigen und „den Bürgern schon heute zu sagen, was auf sie zukommt“.

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) wird auf Antrag der AfD im Parlament über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Landesfinanzen berichten. Eine Sonder-Steuerschätzung hatte Anfang September ergeben, dass Schleswig-Holstein in diesem Jahr voraussichtlich eine Milliarde Euro weniger an Steuern einnehmen wird als vor der Corona-Krise geplant. Für die weitere Finanzplanung lauten die Konsequenzen: Bis 2024 muss das Land mit rund 3,6 Milliarden Euro weniger auskommen als erwartet.

Für dieses Jahr fällt das Minus aber etwas geringer aus, als die Steuerexperten im Mai vorausgesagt hatten. Damals war von fast 1,2 Milliarden Euro die Rede. Absolut fließen dieses Jahr absehbar 9,95 Milliarden Euro in die Landeskasse und 2021 dann 10,58 Milliarden. Für 2021 ist das Einnahmen-Minus mit 780 Millionen Euro um 320 Millionen größer als nach der Mai-Steuerschätzung.

Neuer Notkredit geplant

Im Frühjahr hatte der Landtag bereits Notkredite in Höhe von einer Milliarde Euro freigegeben, um Ausgaben zur Abfederung der Krise zu finanzieren, zum Beispiel Hilfsprogramme für die Wirtschaft. Die Landesregierung plant nun einen weiteren Notkredit über 4,5 Milliarden Euro, wie am Tag vor der Tagung bekannt wurde. Für die Aufnahme des Notktredits braucht die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP die Unterstützung der Opposition. Hintergrund ist die Schuldenbremse in der Landesverfassung. Dort wird eine Abkehr vom Sparkurs nur „im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen“ gestattet. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag muss zustimmen. Bisher hatten SPD und SSW Unterstützung für den Hilfskurs und die notwendigen 49 Stimmen im Parlament zugesagt.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die Regierung den Kommunen im Land 517 Millionen Euro zugesagt, um die massiven finanziellen Herausforderungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Hinzukommen sollen nun 2,5 Milliarden Euro für das Infrastrukturprogramm Impuls bis 2029. 1,4 Milliarden Euro sind eingeplant, um Einsparungen zwischen 2021 und 2024 zu vermeiden und 100 Millionen Euro für Tests und mögliche Impfungen in der Corona-Pandemie. Außerdem will Heinold eine weitere Kreditermächtigung für 1,2 Milliarden Euro, um konjunkturelle Mindereinnahmen durch die Corona-Krise auszugleichen. Darin enthalten sind 200 Millionen Euro Risikopuffer.

Schuldenberg wächst

Nach Angaben des Finanzministeriums drückten das nördlichste Bundesland bereits vor der Corona-Pandemie Schulden in Höhe von 29 Milliarden Euro. Bis 2024 werden außerdem noch insgesamt 1,8 Milliarden Euro durch Verpflichtungen aus dem Verkauf der ehemaligen HSH Nordbank dazu kommen.

(Stand: 22. September 2020)

Vorherige Debatten zum Thema:
Dezember 2019 (Haushalt 2020)
Weitere vorherige Finanzdebatten:
Mai 2020 (2. Nachtragshaushalt)
März 2020 (1. Nachtragshaushalt)
Dezember 2019 (Haushalt 2020)

Antrag

Mündlicher Bericht über die Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung des Landes
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2287