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28. August 2020 – August-Plenum

Ausweis für Mundschutz-Befreiung?

Diskriminierung und Isolation gehört für viele Menschen mit Behinderung zu den Folgen der Pandemie. Wie können Wege zu mehr Teilhabe und Akzeptanz aussehen? Der Landtag sucht nach Lösungen.

Fahrgäste mit Mundschutz steigen in einen Bus ein.
Fahrgäste mit Mundschutz steigen in einen Bus ein.
© Foto: dpa, Soeren Stache

Der Landtag setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen trotz Pandemie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Ein Antrag der SPD-Fraktion fordert, dass es einen Ausweis für Menschen geben soll, die aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung vom Tragen eines Mundschutzes befreit sind. Denn: Dieser Personenkreis bekomme wieder Problemen beim Zutritt in Busse, Supermärkte oder auch Arztpraxen. Das Plenum signalisierte Gesprächsbereitschaft zu dem Vorstoß und will das Thema im Sozialausschuss weiter beraten.

„Nicht jeder Mensch kann einen Mund-Nasen-Schutz tragen“, sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Baasch. Etwa bei Atemwegs- oder Angsterkrankungen gebe es darum Ausnahmeregelungen. Dennoch bekomme der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung immer wieder von betroffenen Bürgern zu hören, dass ihnen „in rüder Form“ der Zugang zu Geschäften oder Arztpraxen verwehrt worden sei. Atteste würden nicht anerkannt. Ein Ausweis könne in solchen Situationen Sicherheit geben, „um Akzeptanz zu schaffen“, so Baasch. „Viele Menschen stehen vor Problemen, weil sie beim Einkaufen den Mundschutz nicht tragen können“, pflichtete die Abgeordnete Marret Bohn (Grüne).

Viele Menschen betroffen

Ein Antrag der AfD-Fraktion und ein Alternativantrag von Jamaika nehmen die Situation von Menschen mit Behinderung, die in einer betreuten Einrichtung leben, in den Blick. Im Zuge des Lock-Downs waren diese Menschen oftmals über Wochen von Freunden und Familie isoliert worden. Der AfD-Abgeordnete Frank Brodehl sagte, die Situation vom Anfang der Pandemie dürfe sich nicht wiederholen. Der Antrag wurde abgelehnt, ein Alternativantrag der Jamaika-Koalitionen dagegen angenommen.

Dort heißt es: „Die Landesregierung wird gebeten, mit Blick auf eine mögliche ´zweite Welle´ vermehrter Corona Infektionen in Schleswig-Holstein, das bestehende Konzept zum Schutz von Menschen mit Behinderungen und zur Ermöglichung von Teilhabe und Besuchen zu überprüfen und ggfs. zu aktualisieren.“ Bohn nannte Zahlen: „In Schleswig-Holstein leben 2,9 Millionen Menschen. 573.000 von ihnen haben eine Behinderung. Das sind etwa 20 Prozent." Es gehe um Akzeptanz.

Weitere Redner:
Andrea Tschacher (CDU), Dennys Bornhöft (FDP), Christian Dirschauer (SSW), Sozialminister Heiner Garg (FDP)

Während die Länder derzeit eine Ausweitung der Maskenpflicht und einheitliche Bußgelder für Verweigerer in Bussen und Bahnen prüfen, fordert die SPD die Landesregierung auf, einen amtlichen Ausweis für den von der Maskenpflicht ausgenommenen Personenkreis auf den Weg zu bringen. Und die AfD-Fraktion will die Landesregierung veranlassen, im Hinblick auf eine mögliche neue Corona-Infektionswelle ein Schutz- und Besuchskonzept für Menschen mit Behinderung zu erstellen. Beide Anträge werden in einer Debatte erörtert.

Die SPD begründet ihren Vorstoß damit, dass behinderte oder kranke Menschen, die keine Maske tragen können, beispielsweise oft nicht in Geschäfte oder Busse kommen. Ein eindeutiger amtlicher Ausweis würde da Abhilfe schaffen. „Zudem können diesem Personenkreis zusätzlich spezielle ´Klarsichtmasken´ zur Verfügung gestellt werden“, regen die Sozialdemokraten weiter an. Bei der Erarbeitung des Ausweises müsse der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung einbezogen werden.

Besuchskonzepte für Wohnheime

Die AfD warnt in ihrem Antrag für ein Schutz- und Besuchskonzept für behinderte Menschen davor, dass sich „die extreme Belastungssituation, der Bewohner von Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörigen im zweiten Quartal 2020 ausgesetzt waren, in dieser Form nicht wiederholen darf“. Es dürfe keinen Rückfall in pauschale Betretungsverbote geben. Stattdessen seien individuelle Lösungen für die Wohneinrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Tagesförderstätten sowie Tagesstätten und die weiteren Einrichtungen der Behindertenhilfe rechtssicher zu entwickeln. Auch die AfD will, dass bei der Erarbeitung eines Konzepts der Behindertenbeauftragten des Landes als Experte zu Rate gezogen wird.

(Stand: 24. August 2020)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2020
Mai 2020

Antrag

Teilhabe während der Corona-Pandemie sicherstellen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2323(neu)

Antrag

Menschen mit Behinderung in der Corona-Pandemie durch Entwicklung von Besuchskonzepten besser schützen und integrieren
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2341
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/2364