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17. Juni 2020 – Juni-Plenum

AfD-Antrag zur Ächtung linker Gewalt abgelehnt

Der Landtag lehnt politisch motivierte Gewalt aus jeder Richtung ab. Ein Antrag der AfD-Fraktion, speziell linke Gewalt zu ächten, wird fraktionsübergreifend abgelehnt.

Der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
Der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
© Foto: Michael August

Die AfD-Fraktion ist mit ihrem Vorstoß gescheitert, den Landtag anlässlich der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts zu einem Bekenntnis gegen linksextreme Gewalt gegenüber Politikern zu bewegen. Die Antifa habe „mit Antifaschismus so viel zu tun, wie der antifaschistische Schutzwall der DDR“, sagte der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer und beklagte, der Landtag habe sich im Bereich der linken Gewalt bislang „nicht zur Ächtung durchringen können.“ Er wies darauf hin, dass erst im Mai das Auto der AfD-Kreisvorsitzenden Ostholstein in Brand gesteckt worden sei.

„Ich habe noch keinen Antrag von Ihnen gegen rechts gesehen“, entgegnete der Innenexperte der CDU-Fraktion, Tim Brockmann. Er hob wie alle anderen Redner im Plenum hervor, Gewalt dürfe niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein ‒ weder von rechts, noch von links. Auch Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) wies darauf hin, dass die Feinde der Demokratie in verschiedenen Richtungen lauerten. „Die Sicherheitsbehörden haben alle im Blick und sind auf keinem Auge blind“, sagte sie mit Blick auf den aktuellen Verfassungsschutzbericht.

Knapp 1300 politisch motivierte Taten

Wie aus dem Bericht für 2019 hervorgeht, hat das zahlenmäßige Ausmaß der politisch motivierten Kriminalität in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Den Angaben zufolge wurden 1264 Taten politisch motivierter Kriminalität registriert. Das entspricht einem Anstieg um gut vier Prozent zum Vorjahr. Einen Großteil führt die Behörde auf den Anstieg der sogenannten Propagandadelikte zurück. Die Verfassungsschützer sehen im Rechtsextremismus und im Islamismus derzeit die größte Bedrohung für die innere Sicherheit im Land.

Der Bericht wurde zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsauschuss überwiesen.

Weitere Redner:
Tobias von Pein (SPD), Burkhard Peters (Grüne), Jan Marcus Rossa (FDP), Lars Harms (SSW)

Bericht folgt rund eine Stunde nach der Debatte

Wie aus dem Verfassungsschutzbericht für 2019 hervorgeht, hat das zahlenmäßige Ausmaß der politisch motivierten Kriminalität in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. „Das Extremismuspotenzial steigt“, sagte der Leiter des Verfassungsschutzes, Joachim Albrecht, Anfang Mai bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts in Kiel. Seine Mitarbeiter registrierten im vergangenen Jahr 1264 Taten politisch motivierter Kriminalität. Das entspricht einem Anstieg um gut vier Prozent zum Vorjahr.

Einen Großteil führt die Behörde auf den Anstieg der sogenannten Propagandadelikte zurück. Auch die Zahl politisch motivierter Gewalttaten ist von 47 auf 66 Taten gestiegen, bleibt jedoch unter dem Wert von 2017 mit 79 Taten. Bei den Gewaltdelikten konnten 77,5 Prozent der Fälle aufklärt werden. Insgesamt lag die Aufklärungsquote im Bereich rechter Straftaten bei 42,88 Prozent.

Sorge über Verlagerung ins Netz

Die Verfassungsschützer hierzulande erledigen ihren Job zunehmend im Netz. Ziel von Extremisten sei es, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU), demokratische Gesellschaften sowie deren offene Meinungsvielfalt durch Desinformationen zu sabotieren. „Das daraus erwachsende zunehmende Gefahrenpotenzial treibt unsere Sicherheitsbehörden um.“ Der Verfassungsschutz habe deshalb seine Kapazitäten in diesem Bereich ausgebaut.

Die Verfassungsschützer sehen im Rechtsextremismus und im Islamismus derzeit die größte Bedrohung. Extremisten nutzten für Agitation, Propaganda und zur Mobilisierung zunehmend soziale Medien, Messenger-Dienste, individuelle Webseiten sowie Spieleplattformen. Dabei setzten sie auf den psychologischen Mechanismus, sich in das Gedächtnis eingrabender, immer wiederkehrender kleiner Botschaften, Bilder, Witze, kurzer Videos und Symbole. Die Zahl der dem Rechtsextremismus zugerechneten Personen ging im vergangenen Jahr von 1100 auf 1060 leicht zurück. Dennoch geht der Verfassungsschutz von 360 gewaltorientierten Rechtsextremisten im Norden aus.

650 Salafisten im Land

Die Zahl der Reichsbürger und Selbstverwalter erhöhte sich 2019 leicht um 20 auf 333 Personen. Die weitgehend heterogene Szene bleibt dem Verfassungsschutz zufolge wegen ihrer Waffenaffinität und latenten Gewaltbereitschaft insbesondere gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine relevante Größe im politischen Extremismus.

Dem Islamismus und islamistischen Terrorismus werden in Schleswig-Holstein 715 Personen zugeordnet. Das sind elf Prozent mehr als vor einem Jahr. „Von ihnen sind 650 Personen dem Salafismus zuzurechnen“, so Sütterlin-Waack. Es bestehe weiter eine intensive Gefährdung aus diesem Bereich.

335 gewaltbereite Linksextremisten

Einen Anstieg gab es auch beim Linksextremismus. Ihm ordnen die Experten im Norden derzeit 700 Personen zu, 30 mehr als vor einem Jahr. Das gewaltbereite Personenpotenzial liegt unverändert bei 335 Menschen. Die Verfassungsschützer sprechen jedoch von einer „kontinuierlichen Präsenz auf niedrigem Niveau“ und erkennen in der linksextremistischen Szene „keine intensivierten Vernetzungen ins zivilgesellschaftliche Spektrum“.

Die AfD hingegen sieht Linksextremismus als wachsende Gefahr. In einem Antrag, der in der Debatte mitberaten wird, bezeichnet die Oppositionsfraktion linken Extremismus als „eine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ und fordert die Landesregierung auf, „ihre Anstrengungen im Kampf gegen den Linksextremismus zu intensivieren“. Vor allem „linksextreme Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung“ sei zu verurteilen, ebenso wie „jegliche Form von Hass, Hetze und Diskriminierung gegen Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung“.

Die jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichte zeigen ausführlich auf, welche Gefahren von extremistischen Bewegungen ausgehen. Sie stellen die wesentlichen Entwicklungen des Rechts- und Linksextremismus sowie der extremistischen Bestrebungen mit Auslandsbezug dar und verschaffen damit einen Überblick über die extremistische Szene in Schleswig-Holstein.

(Stand: 15. Juni 2020)

Vorherige Debatten zum Thema:
Mai 2020 (Bekenntnis zur Demokratie)
August 2019 (Todeslisten)
Mai 2019 (Verfassungsschutzbericht 2018)

Antrag

Linksextremismus ächten - Politische Gewalt gegen Politiker und Parteien darf nicht toleriert werden
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2215

Regierungsbericht

Verfassungsschutzbericht 2019
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/2158(neu)
(Federführend ist das Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung)