An der Einsatzweste eines Polizisten ist ein Bodycam befestigt.
©
Foto (Archiv): dpa, Carsten Rehder
Schleierfahndung unter Richtervorbehalt, Bodycams im Einsatz und Elektroschockpistolen als zulässige Waffen: Das sind einige der Neuerungen, die die Reform der „polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz“ vorsieht. Der den rechtlichen Rahmen regelnde Entwurf der Landesregierung trifft in Erster Lesung auf grundsätzliche Zustimmung. Die SPD zielte jedoch mit scharfer Kritik auf den finalen Rettungsschuss, der dem Entwurf zufolge auch auf Kinder unter 14 Jahren abgegeben werden kann.
Das Polizeirecht sei zuletzt 1992 grundlegend überarbeitet und 2007 ergänzt worden, sagte die im Mai zur Innenministerin ernannte Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Mittlerweile gebe es aber neue Bedrohungslagen, die die Polizei bewältigen müsse. Dazu zählte die Ministerin vor allem den internationalen Terrorismus. Die Polizei brauche daher Instrumente, um auf diese Anforderungen reagieren zu können sowie ein „Höchstmaß an Rechtssicherheit“.
SPD: Auf Kinder schießt man nicht
Es handele sich um „moderate“ Anpassungen und Ergänzungen betonte Sütterlin-Waack: „Der Entwurf trägt den Leitgedanken des Ausgleichs von Sicherheit und Freiheit.“ Umgesetzt würden dabei auch die jüngsten Vorgaben des Bundesgerichtshofes. Der finalen Rettungsschuss dürfe nur „in absoluten Ausnahmesituationen als allerletztes Abwehrmittel bei Gefahr von Leib und Leben“ eingesetzt werden, erklärte die Ministerin.
Auf Kinder schießt man nicht, entgegnete die Polizeiexpertin der SPD, Kathrin Bockey. Diese „politische Verschiebung von ethischer Verantwortung“ stelle „einen mentalen Dammbruch“ dar, den die SPD nicht mitgehe. Gesetze mache man mit einem kühlen Kopf und nicht unter dem Eindruck des aktuellen Geschehens, konstatierte sie: „Schüsse auf Kinder und Fußfesseln sind nicht das, was wir uns vorstellen.“
Die Polizeireform wird jetzt im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten.
Weitere Stimmen aus dem Plenum
Tim Brockmann (CDU):
Das ist ein guter Tag für die Landespolizei. Viele Punkte werden den Arbeitsalltag unserer Polizisten erleichtern. Wir scheuen uns nicht davor, moralisch-ethische Themen anzupacken. Der polizeiliche Schusswaffengebrauch kann und darf nur Ultimo Ratio sein. Dann ist die Rechtssicherheit der eingesetzten Polizisten essentiell.
Burkhard Peters (Grüne):
Es gibt nur wenig im Jamaika-Koalitionsvertrag, was so heikel war wie die Überarbeitung des Polizeirechts. Die Meinungen lagen zum Teil meilenweit auseinander. Wir haben das nur dank Innenminister Hans-Joachim Grote (Anmerkung: Grote ist inzwischen zurückgetreten) und Staatssekretär Torsten Geerdts hinbekommen. Es geht um die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.
Christopher Vogt (FDP):
Freiheit braucht auch Sicherheit. Der Schlüssel liegt in der effektiven Durchsetzung des geltenden Rechts. Wir wollen eine effektive Bekämpfung der Kriminalität und haben uns strikt daran orientiert, was die Polizeibeamten brauchen, ohne Bürgerrechte zu schleifen. Terrorismus, Cyberkriminalität und neue Aggressivität gegen Polizisten sind Themen, auf die man vorbereitet sein muss.
Claus Schaffer (AfD):
Viel zu viel Zeit hat die Jamaika-Koalition bei der Reform vertan. Das vorliegende Papier weist Licht und Schatten auf. Die Polizei braucht den Taser jetzt. Ähnlich verhält es sich mit dem polizeilichen Rettungsschuss. Das hätte alles schneller gehen können.
Lars Harms (SSW):
Es ist richtig, beim finalen Rettungsschuss den Beamten Rechts- und Handlungssicherheit zu geben, so wie sie in den allermeisten anderen Bundeländern besteht. Wir wenden uns jedoch gegen racial profiling, das häufig auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierende Agieren von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten.