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19. Juni 2020 – Juni-Plenum

Regierung setzt auf „Digitale Souveränität“

Digitalisierungsminister Albrecht ist von den Vorzügen von Open-Source-Software überzeugt. Doch kann die Landesregierung damit auch die Anwender in der Landesverwaltung erreichen? Die SPD ist skeptisch.

Ein Stempel mit dem Wort „Digitalisierung“ und ein rotes Stempelkissen liegen auf einem Blatt Papier.
Ein Stempel mit dem Wort „Digitalisierung“ und ein rotes Stempelkissen liegen auf einem Blatt Papier.
© Foto: dpa, Monika Skolimowska

Der Landtag hat sich nach einem Bericht von Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) mit den Chancen und Risiken der von der Regierung angestrebten Umstellung auf Open-Source-Software befasst. Für die Umstellung in der Landesverwaltung spreche, so Albrecht, dass das Land sich von gängigen marktbeherrschenden Anbietern wie etwa Microsoft unabhängig machen und jedes Jahr Millionenbeiträge einsparen kann. Zudem könne die hiesige IT-Wirtschaft profitieren. Im Plenum wurden allerdings Stimmen laut, dass das Projekt an mangelnder Akzeptanz unter den rund 25.000 Landesbediensteten scheitern könne.

Für den Abgeordneten Lukas Kilian (CDU) bieten Open-Source-Software-Lösungen etwa die Möglichkeit, Apps an den jeweiligen Zweck individuell anzupassen ‒ wie etwa bei der Corona-App. Die IT-Wirtschaft im Land werde davon profitieren, wenn „wir die Systeme hier einkaufen“. Aber, so Kilian: „Wenn wir die Mitarbeiter nicht mitnehmen, werden wir kläglich scheitern“.

SPD vermisst Schulungsstrategie

Software-Umstellungen seien immer ein sozio-technischer Prozess, sagte der Experte für Digitalisierung der SPD-Fraktion, Heiner Dunckel. „Auch, wenn es uns nicht gefällt: MS Office ist Standard.“ Die Umstellung könne nur gelingen, wenn die neue Software „ohne große Friktionen“ eingebunden werden könne. Das bedeute „erhebliche Anstrengungen“ bei der Schulung der Mitarbeiter. „Ich bezweifle, dass Ihnen das Ausmaß klar ist“, so Dunckel in Richtung des Ministers. Die Regierung müsse hier noch nacharbeiten.

In seinem Bericht setzte Albrecht andere Akzente, etwa die Förderung der regionalen IT-Wirtschaft und die größere Unabhängigkeit von bislang dominierenden Anbietern wie Microsoft und deren „weniger transparenten Geschäftsmodellen“. Open-Source dagegen „ermögliche Kontrolle und Transparenz“, so Albrecht. Das sei wichtig, denn „souveräne Demokratie sei immer enger verbunden mit digitaler Souveränität“. Der Minister sieht Schleswig-Holstein bundesweit als Vorreiter bei der Open-Source-Strategie ‒ Hamburg habe sich bereits an das „Beispiel made in Schleswig-Holstein“ angeschlossen.

Open-Source-Software

Als Open-Source-Software werden Computer-Anwendungen bezeichnet, deren Quelltext öffentlich eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Im Unterschied zu Closed-Source-Software, deren Quellcodes nicht einsehbar sind, gilt: Open-Source-Plattformen geben Entwicklern die Freiheit, Anwendungen flexibel an die Anforderungen ihres Unternehmens oder ihrer Kunden anzupassen. Meistens können Open-Source-Programme kostenlos genutzt werden.

Zum einen soll Open-Source-Software Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern reduzieren. Darüber hinaus setzt die Landesregierung auf „Digitale Souveränität“: Eine souveräne Verwaltung sei nur möglich, wenn in Zeiten zunehmender Digitalisierung die Verarbeitung von Daten transparent gemacht werde. Dies sei nur mit Software erreichbar, „die auf ihren Quellcode hin überprüfbar ist“.

Der Regierungsbericht wurde zur weiteren Beratung Umwelt- und Agrarausschuss, den Innen- und Rechtsausschuss, den Finanzausschuss sowie den Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Weitere Redner:
Joschka Knuth (Grüne), Stephan Holowaty (FDP), Claus Schaffer (AfD), Lars Harms (SSW)

Das auch für Digitalisierung zuständige Umweltministerium hat – wie von den Koalitionsfraktionen im Juni 2018 eingefordert – einen Bericht zur Nutzung von Open-Source-Software (OSS) in der Landesverwaltung vorgelegt. Der Einsatz von quelloffenen Systemen, wofür Open Source steht, nehme seit Jahren „eine wichtige Position im Bereich der IT-Strategie“ ein und sei ein wichtiger Baustein für mehr IT-Sicherheit, heißt es in dem Papier. Einen Zeitplan für die Umsetzung legt die Regierung nicht vor.

Zum einen soll Open-Source-Software Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern reduzieren. Darüber hinaus setzt die Landesregierung auf „Digitale Souveränität“: Eine souveräne Verwaltung sei nur möglich, wenn in Zeiten zunehmender Digitalisierung die Verarbeitung von Daten transparent gemacht werde. Dies sei nur mit Software erreichbar, „die auf ihren Quellcode hin überprüfbar ist“. Unter dem Schlagwort „Green IT“ soll zudem der Einsatz umweltfreundlicher Software weiter vorangetrieben werden. Und auch hier zeige sich: Einzig Open-Source-Modelle ließen sich eingehend auf entsprechende Kriterien überprüfen.

Umstellung nicht im Alleingang

Als Beispiele für IT-Systeme, die bereits mit einer Open-Source-Struktur laufen, wird in dem Bericht das Landesportal der Regierung sowie das Intranet der Landespolizei genannt. Auch für den vom Land angebotenen Basisdienst KSH-Recht (Kommunales Recht Schleswig-Holstein), mit dem Kommunen ihr geltendes Ortsrecht im Internet zur Verfügung stellen können, sei ein unter freier Lizenz stehendes, quelloffenes System verfügbar. Bei dem im Aufbau befindlichen Schulportal SH habe sich das Bildungsministerium ebenfalls für ein System auf Open-Source-Basis entschieden.

Die Umstellung der IT-Systeme in der Landesverwaltung, so heißt es im Bericht, könne Schleswig-Holstein nicht im Alleingang leisten. Es erscheine auch nicht sinnvoll, „die Softwareentwicklung für die öffentliche Verwaltung in Schleswig-Holstein vom Vorgehen der anderen Bundesländer und des Bundes zu entkoppeln“. Neben der bundesweiten Koordination werde es entscheidend sein, ein Netzwerk zu etablieren, „um vergleichbare Vorhaben zu analysieren, von deren Erfahrungen zu lernen und eigene Konzepte erfolgreich fortzuentwickeln“. Schleswig-Holstein sei beim Einsatz von Open Source bereits gut aufgestellt und vernetzt. In den nächsten Jahren müssten die Ergebnisse weiter ausgebaut werden. Vornehmliches Ziel sei es, „die Nutzerzahlen beim Frontendbetrieb mit OSS-Produkten zu steigern“.

Stichwort: Open-Source-Software

Als Open-Source-Software werden Computer-Anwendungen bezeichnet, deren Quelltext öffentlich eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Im Unterschied zu Closed-Source-Software, deren Quellcodes nicht einsehbar sind, gilt: Open-Source-Plattformen geben Entwicklern die Freiheit, Anwendungen flexibel an die Anforderungen ihres Unternehmens oder ihrer Kunden anzupassen. Meistens können Open-Source-Programme kostenlos genutzt werden.

(Stand: 15. Juni 2020)

Debatte bei Antragstellung:
Juni 2018

Regierungsbericht

Nutzung von Open-Source-Software
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/2056
(Federführend ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung)

Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/756
(Landtagsbeschluss vom 14. Juni 2018)