Die SPD-Abgeordnete Regina Poersch hält eine Rede im Plenarsaal des Kieler Landtsages.
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Foto: Thomas Eisenkrätzer
Schleswig-Holsteins Wirtschaft ist nach Ansicht des Landtags bisher vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen. Bis Mittwoch seien aus Bundes- und Landesmitteln bereits „rund 620 Millionen Euro an Liquiditätshilfen in die Unternehmen des Landes gegeben worden“, teilte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) in einem von der Jamaika-Koalition geforderten Berichten zur Lage von Hotels und Gaststätten sowie zu Wirtschaftshilfen mit. Lob gab es auch aus der Opposition. Nun müsse man sich Gedanken um den Neustart machen, ohne die Sicherheits- und Abstandsregeln zu ignorieren, lautete der Tenor.
Boni-Zahlungen weiter möglich
Buchholz verwies auf das am Montag im Landeskabinett beschlossenen Härtefallfonds für Betriebe, die nicht hinreichend vom Überbrückungshilfeprogramm des Bundes profitieren oder die einen Umsatzeinbruch erst später in der Krise erlitten haben. Damit seien bis zu 750.000 Euro an Einzel-Darlehen oder stillen Beteiligungen möglich. Insgesamt habe das Land bisher Darlehen und Zuschüsse von etwa 220 Millionen Euro für Unternehmen geleistet. „Für ein Bundesland, deren Wirtschaft nicht die größte in der Bundesrepublik ist, ist das schon eine Leistung“, betonte Buchholz. Es gelte für ihn vor allem, Arbeitsplätze zu erhalten.
Den SPD-Antrag mit den Forderungen, dass keine Boni an Manager gezahlt werden dürfen oder Gehaltsobergrenzen für Führungspersonal notwendig seien, lehnte er ab. Das stünde auch nicht im federführenden Bundesprogramm – „und an diese Richtlinien müssen wir uns halten“, begründete Buchholz. Der Antrag, der bei der Abstimmung nur die Unterstützung des SSW fand, laufe ins Leere.
„Anständig essen“ im Landgasthof
Der gemeinsam mit der Jamaika-Koalition aufgesetzte Antrag zum Schiffbau sei zudem bereits „erledigt“, ergänzte Buchholz. Dennoch wurde er einstimmig vom Plenum verabschiedet. Sozialdemokraten, CDU, Grüne und FDP fordern darin Bund und Land auf, geplante Aufträge für Behörden-, Forschungs- und Marineschiffe vorzuziehen, um die Branche zu stützen.
Für Hotels und Beherbergungsbetriebe zeichnete Buchholz ein heterogenes Bild. Er wisse von derzeitigen Buchungslagen, die „teilweise 15 bis 20 Prozent über dem Vorjahr liegen“. Die Ferienregionen müssten „auf freiwilliger Basis“ dafür sorgen, dass gerade durch den Tagestourismus keine neuen Corona-Hotspots entstünden, warnte er. Dafür seien Apps, etwa um Strandplätze zu buchen, eine gute Hilfe. Sorgen bereiten ihm allerdings die Landgasthöfe. Daher appellierte er an die Schleswig-Holsteiner, in diesem Sommer „ein- bis zweimal in einem Landgasthof anständig essen zu gehen“.
„Mit aller Härte“ gegen Subventionsbetrügern
Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) erklärte, der Job, den „die Politik hierzulande bislang gemacht hat, war nicht so schlecht“. Die Lage bleibe aber schwankend. Bei aller Einigkeit kritisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende dennoch einige Aktionen, die „alles andere als hilfreich“ gewesen seien. „Wir verstehen bis heute nicht, was Sie geritten hat, zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf zwei verkaufsoffene Sonntage zu bestehen, einer davon sogar vor Einführung der Maskenpflicht“, rügte er. Lukas Kilian (CDU) hielt daraufhin der SPD vor, „das Haar in der Suppe“ zu suchen. Die Landesregierung habe nur vorgehabt, Einkaufsströme zu entzerren.
Scharfe Kritik übte der Landtag an Subventionsbetrügern, die Hilfsgelder ohne Anspruch abzugreifen. „Wer in einer Krise ein derart unbürokratisches Verfahren zum eigenen Vorteil in strafbarer Weise ausnutzt und Betroffene schädigt handelt in perfider Bosheit, sagte Kilian. Der SSW-Abgeordnete Lars Harms nannte dieses Vorgehen „extrem unsolidarisch“. Dagegen müsse „mit aller Härte“ vorgegangen werden. Auch wenn er sich noch flexiblere und passgenauere Hilfen für einige Unternehmen und weniger Bürokratie wünsche, sei das ausgegebene Geld auch in der Höhe vernünftig und richtig eingesetzt, so Harms.
FDP sieht Probleme bei Ausbildungsverträgen
„Wir sind auf einem sehr guten Weg“, konstatierte Joschka Knuth (Grüne), der wie einige weitere Redner dafür warb, bei regionalen Anbietern und jungen Unternehmern einzukaufen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Alle Beteiligten hätten „sehr ernsthaft und sachlich“ gehandelt, schloss Kay Richert (FDP) an, der ebenfalls die Zeit für „eine Reform regulatorischer Elemente“ sieht. Er hob zudem hervor, dass viele Betriebe dieses Jahr nicht ausbildeten. Die Zahl der Verträge sei um acht Prozent zurückgegangen.
Volker Schnurrbusch (AfD) fühlte sich von der Landesregierung „permanent gut informiert“. Er forderte, alle Corona-Beschränkungen „rückstandslos zu entsorgen“. Branchen, die jetzt noch unter Vorgaben leiden würden, müssten „von staatlichen Fesseln befreit werden“. Schnurrbusch sprach sich zudem gegen eine staatliche Unterstützung von E-Mobilisierung und Wasserstofftechnologie aus. „Wir wollen lieber den ÖPNV unterstützen“, sagte er.