Im März hat der Landtag den ersten Nachtragshaushalt mit Corona-Hilfen über 500 Millionen Euro freigegeben, nun will das Land noch einmal aufstocken. Anfang April hatte die Jamaika-Regierung dem Landtag einen zweiten Nachtragshaushalt vorgeschlagen, der eine Verdopplung der Finanzhilfen auf eine Milliarde Euro vorsieht. Die angespannte Lage erfordere es, noch einmal kräftig nachzulegen und dafür deutlich mehr neue Schulden zu machen, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) gegenüber dem Finanzausschuss, der in seiner Sitzung am Mittwoch (6. Mai) bereits grünes Licht gegeben hat.
Momentan sind seitens der Landesregierung 650,5 Millionen Euro für konkrete Programme vorgesehen – in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheitswesen, Kultur, Bildung und Sport. Zusätzlich plant Heinold derzeit 349,5 Millionen Euro als globale Mehrausgabe ein. Damit will sie das Land für Notsituationen oder Folgekosten aus Bundesgesetzen wappnen. Die Ministerin stützt sich auf die Landesverfassung, auf deren Basis der Landtag in einer Notsituation trotz Schuldenbremse mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit solche Beschlüsse fassen darf.
Pflegekräfte mit Bonus unterstützen
Mit einem Bonus in Höhe von 1500 Euro sollen Pflegekräfte in Vollzeit sowie anteilig Teilzeitkräfte beziehungsweise Auszubildende unterstützt werden. Hierfür seien bereits 40 Millionen vorgesehen, ohne zu wissen, ob die Gelder in dieser Höhe benötigt werden. Obwohl, so die Ministerin, durchaus Chancen bestehen, dass Pflege- und Krankenversicherung die Sondervergütung ganz oder in Teilen übernehmen, wollte die Regierung mit der Auflistung des Postens bereits „klare Signale“ an das Pflegepersonal senden.
Zu der Debatte liegen zahlreiche zusätzliche Finanz-Anträge der Fraktionen vor. In fast allen Bereichen, darunter Bildung, Soziales oder Kultur, werden spezielle Hilfen oder Programme gefordert.
Aktuell: Überfraktionelle Absprachen
Am Dienstag vor der Tagung haben sich Jamaika-Koalition und SPD auf einen dritten Monat ohne Kita-Beiträge für die Eltern in Schleswig-Holstein in der Corona-Krise verständigt. Dies sei Teil einer Einigung mit der SPD über den zweiten Nachtragshaushalt im Landtag, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Die SPD hatte den dritten Monat ohne Kita-Beiträge für die Eltern gefordert. Bislang sind es zwei.
Die Landesverfassung erlaubt in Notsituationen trotz Schuldenbremse bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit die Aufnahme neuer Schulden. Die SPD hat laut Vogt ihre Zustimmung zum Nachtragshaushalt signalisiert. Verständigt habe sich die Koalition mit den Sozialdemokraten auf ein Paket über 63 Millionen Euro. Neben 25 bis 30 Millionen Euro für die Kitas seien darin auch zehn Millionen Euro für die Ganztagsbetreuung und 15 Millionen Landesgeld für den Ausbau des digitalen Lernens enthalten. Für digitales Lernen enthalte das Land zudem gut 17 Millionen Euro vom Bund.
SPD zieht sechs Anträge zurück
Außerdem wolle der Landtag mit zwei Millionen Euro eine Studie zu den Folgeschäden einer Erkrankung am neuartigen Coronavirus finanzieren, sagte Vogt. Schausteller sollen in der Corona-Krise mit drei Millionen Euro unterstützt werden, Künstler mit einer Million Euro. Außerdem sind 7,1 Millionen Euro an Darlehen für Jugendherbergen eingeplant.
Die SPD zog nach dieser Absprache sechs Anträge zurück, die ursprünglich mitberaten wwerden sollten. Es handelt sich um Vorlagen zu: TOP 37 „Teilhabe an digitaler Bildung für alle ermöglichen“, TOP 39 „Hilfe für Kulturschaffende“, TOP 40 „Das Land soll die Kofinanzierung des Digitalpaktes Schule übernehmen“, TOP 41 „Unterstützungsfond für Folgen der Corona Pandemie in der Land- und Ernährungswirtschaft“, TOP 43 „Soforthilfeprogramm für Schaustellerinnen und Schausteller“, TOP 44 „Familien von Betreuungsgebühren weiter entlasten“
(Stand: 6. Mai)
Vorherige Meldungen/Debatte zum Thema Haushalt:
März 2020 (1. Nachtragshaushalt 2020)
Dezember 2020 (Haushalt 2020)
Finanzausschusssitzung / 7. April 2020
Weitere Anträge der Fraktionen
AFD: AUF DIÄTENERHÖHUNG VERZICHTEN
Die AfD will in diesem und im kommenden Jahr auf eine Diätenerhöhung verzichten und hat einen entsprechenden Entwurf für eine Gesetzesänderung vorgelegt. Der Grund für ihr Vorhaben: die Corona-Pandemie. Diese werde für die Wirtschaft Schleswig-Holsteins gravierende Auswirkungen haben, „deren Gesamtschaden noch nicht einmal ansatzweise einschätzbar ist“.
Normalerweise werden die Abgeordneten-Entschädigungen jeweils zum 1. Juli eines Jahres an die Einkommensentwicklung angepasst. Maßstab ist der durchschnittliche Monatsverdienst vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Derzeit erhält ein Abgeordneter 8661 Euro brutto pro Monat.
Die Abgeordneten im Bundestag wollen in diesem Jahr wegen der immensen Kosten für die Abfederung der Corona-Folgen auf die Erhöhung ihrer Diäten verzichten. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat eine Erhöhung dagegen Anfang Mai angekündigt.
Vorherige Meldungen (ohne Aussprache) zum Thema Abgeordnetenentschädigung:
Aktuelle Erhöhung der Diäten
Abgeordneten-Entschädigungen
März 2020 (Altersvorsorge)
August 2018 (Altersvorsorge)
September 2017 (Altersvorsorge)
Juni 2017 (Diäten)
SSW: HILFEN FÜR WOHNUNGSLOSE
Der SSW fordert in einem Antrag, gezielt obdachlose und finanzschwache Menschen zu unterstützen. So wird dazu aufgerufen, für Obdachlose zusätzliche, vor Corona-Ansteckung „geschützte“ Unterbringungsplätze zu schaffen und ihnen leichteren Zugang zu sanitären Anlagen zu ermöglichen. In Lübeck etwa waren Anfang Mai bereits mobile Toiletten aufgestellt worden. Weiterhin plädiert die Oppositionsgruppe im Landtag für die Einführung eines zeitbegrenzten Zuschlags von 100 Euro monatlich für Hartz IV-Bezieher und für Menschen, die Grundsicherung im Alter beziehen.
„Es ist dringend geboten, auch diejenigen verstärkt in den Blick zu nehmen, die schon ohne Krise keine besonders große Lobby haben“, heißt es in dem SSW-Antrag. Diese Menschen dürften durch die aktuelle Situation nicht noch zusätzlich belastet werden.
Vorherige Debatten zum Thema Obdachlosigkeit:
Juni 2019
November 2018
Weitere Infos zum Thema:
Empfang für Obdachlose (Jan. 2029)
Landtag lädt zum Grillfest (Juni 2019)
Politiker bewirten obdachlose Menschen (Feb., 2019)
AFD: EINSPARPOTENZIALE BENENNEN
In der Corona-Krise verschuldet sich das Land in erheblichem Maße. Deswegen, so die AfD, müssten in Zukunft 70 Millionen Euro pro Jahr gespart werden. Die Oppositionsfraktion ruft deswegen die Landesregierung auf, bis Ende Juni entsprechende „Einsparpotentiale“ zu benennen. In den Bereichen Gesundheit und Bildung sei zwar kaum finanzieller Spielraum zu erkennen, betont die AfD. „Insbesondere bei Zuschüssen für private Organisationen“ gebe es jedoch Sparmöglichkeiten.
CDU, GRÜNE, FDP: PFLEGEBONUS AUSSCHÜTTEN
Mit Blick auf die Pflegekräfte im Land würdigen die Koalitionsfraktionen das Vorhaben der Regierung einen Pflegebonus auszuschütten. Dies sei ein „Zeichen der gesellschaftlichen Wertschätzung und zugleich als Honorierung der außerordentlichen Leistungen in der Corona Krise“ heißt es in einem Antrag von CDU, Grünen und FDP. Die Landesregierung hat bereits angekündigt, 40 Millionen Euro in den Nachtragshaushalt, bei vorrangiger Nutzung von Bundesmitteln, einsetzen zu wollen – vorausgesetzt der Landtag stimmt zu. Der Bonus solle „zeitnah, einmalig, bürokratiearm und bundesweit einheitlich“ auf den Weg gebracht werden, heißt es in dem Antrag. Ausgeschlossen sei, dass die Bonuszahlungen „den Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen in Rechnung gestellt werden“, betont Jamaika.
CDU, SPD, GRÜNE, FDP, SSW: SCHULDENBREMSE AUSSETZEN
Der Landtag wird mit dem zweiten Nachtragshaushalt insgesamt eine Milliarde Euro in die Corona-Hilfe investieren. Entsprechend erneuern die Jamaika-Fraktionen, SPD und SSW ihren Beschluss aus dem März und stellen fest, dass aktuell eine „außergewöhnliche Notsituation“ nach Artikel 61 der Landesverfassung vorliegt. Damit wird wohl mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag die verfassungsmäßige Schuldenbremse ausgesetzt.
Zugleich wird festgelegt, dass die neuen Schulden innerhalb von maximal 20 Jahren ab 2023 zurückgezahlt werden sollen. Die jährlichen Raten sollen jeweils mindestens ein Zwanzigstel der Gesamtsumme betragen. Das wären 50 Millionen Euro pro Jahr, falls die Corona-Milliarde komplett ausgegeben wird.
(Stand: 6. Mai 2020)