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21. Februar 2020 – Februar-Plenum

Der lange Weg zur Inklusion

Der Landtag macht sich für eine höhere Qualität der Inklusion an Schulen stark, sieht aber auch Probleme. Ein Bericht der Landesregierung zum Thema wird in den Ausschüssen weiter beraten.

Die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering hält eine Rede im Plenarsaal des Landtages.
Die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering hält eine Rede im Plenarsaal des Landtages.
© Foto: Michael August

Mehr Qualität bei der Inklusion an Schulen – das will die Landesregierung langfristig erreichen. Der Landtag steht grundsätzlich hinter diesem Ziel, macht in der Debatte über einen Regierungsbericht zum Thema aber auch klar, dass es bis dahin noch ein langer Weg sei. Wie schon bei der Vorstellung des Inklusionsberichts im Januar betonte Bildungsministerin Karin Prien (CDU), dass Schleswig-Holstein mit 70 Prozent die höchste Inklusionsquote bundesweit habe. Allerdings gehe es nicht um einen „Wettlauf um die höchste Quote“. Für sie gelte der Leitsatz: „So viel gemeinsame Beschulung wie möglich, so viel individuelle Unterstützung wie nötig.“

Harsche Kritik kam aus den Reihen der Sozialdemokraten. „Inklusion ist bei Ihnen in schlechten Händen“, attestierte Kai Vogel der Ministerin. Er beklagte vor allem, der Regierung sei das Leitbild abhandengekommen. Und: „Es fehlt Ihnen an einer klaren Zielperspektive für Inklusion“. Die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering mahnte: „Wer sich vor Ort in den Schulen umschaut, wird bestätigen, dass wir noch viele Barrieren abbauen müssen“. Dabei gehe es zum Beispiel auch um bauliche und akustische Maßnahmen für hörgeschädigte Kinder oder um Räume für Pflege.

Der Inklusionsbericht wurde an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss überwiesen.

Weitere Redner:
Anette Röttger (CDU), Ines Strehlau (Grüne), Anita Klahn (FDP), Frank Brodehl (AfD)

Bundesweit hat Schleswig-Holstein mit rund 70 Prozent eine der höchsten Inklusionsquoten. Dies geht aus dem aktuellen Regierungsbericht hervor, den Bildungsministerin Karin Prien im Januar der Öffentlichkeit präsentierte und der nun im Plenum beraten werden soll. Die CDU-Ministerin kündigte bereits an, dass die zahlenmäßige Steigerung der Inklusionsquote nicht um jeden Preis das Nahziel sei. Stattdessen will sie bis zum Ende dieser Wahlperiode, also bis 2022, vor allem auch einheitliche Qualitätsstandards im Land schaffen. Bisher sei dieser Prozess in den Kreisen sehr unterschiedlich.

Der Bericht stellt die „rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit unter Berücksichtigung von Schulischer Assistenz und Schulbegleitung“ dar. Hierzu gebe es im Land unterschiedliche Modelle, und einzelne Ansätze zu einer engeren Zusammenarbeit hätten derzeit noch Pilotcharakter. „Sie zeichnen sich durch große Unterschiede in der Reichweite und Laufzeit, bei den Kooperationspartnern und in der Akzeptanz aus“, heißt es.

Lehrer aufstocken

Insgesamt gab es laut dem Bericht in Schleswig-Holstein im vergangenen Schuljahr 243.137 Schüler in den Jahrgangsstufen 1 bis 10. Davon hatten 6,79 Prozent einen anerkannten sonderpädagogischen Förderbedarf. Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Maßnahmen lag im Schuljahr 2018/19 bei genau 69,53 Prozent. Seit dem Schuljahr 2015/16 ist eine relativ konstante Quote zu verzeichnen.

Prien sprach sich dafür aus, den Förderbedarf von Schülern früher festzustellen. „Ich möchte Lehrer und Eltern ermutigen, schon vor dem dritten oder vierten Schuljahr die Möglichkeiten intensiver Diagnostik in Anspruch zu nehmen“, sagte sie. Auch das Lernen in Kleingruppen soll helfen die Inklusion voranzubringen. Ein weiterer Baustein ihrer Qualitätsoffensive seien insgesamt 490 neue Stellen für Sonderpädagogen in den Jahren 2018 bis 2024. Laut dem Bericht gibt es derzeit rund 2.350 Lehrkräfte, die in den 82 Förderzentren und 20 Verbundsysteme im Land „für die Qualität von Inklusion“ zuständig sind.

Kritik am Regierungshandeln

Aus Sicht von Kritikern konnte die Qualität des inklusiven Lernens mit der schnellen Umsetzung nicht Schritt halten, besonders wegen Personalmangels. Der Landesrechnungshof sprach in einem Bericht vor gut zwei Jahren von gravierenden Mängeln. Allein bei den Grundschulen fehlten viele Lehrer und etwa 1500 Sonderpädagogen. Während das Bildungsministerium dem Rechnungshof Fehler bei der Datenerhebung unterstellte und auf die 490 geplanten Stellen beharrte, legte die SPD nach: Es hapere an der notwendigen räumlichen und sachlichen Ausstattung der Schulen und es fehle ein Bekenntnis der Regierung zur Schulassistenz, beklagte SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat Anfang Februar.

(Stand: 17. Februar 2020)

Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
März 2019 (Bericht Schulassistenzen)
Februar 2019 (Zeugnisse Förderkinder)
September 2018
Juni 2018 (Berichte/ohne Aussprache)

Bericht der Landesregierung

Bericht zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/1913
(Federführend ist das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur)