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20. Februar 2020 – Februar-Plenum

Glücksspiel: „Legalisieren, um zu regulieren“

Betreiber von Sportwetten, Poker oder Casinospielen im Internet sollen künftig in ganz Deutschland legal ihrem Geschäft nachgehen können. Der neue Kurs beim Glücksspiel stieß im Landtag auf breites Lob.

Ein Mann steht vor einem Bildschirm mit einer Seite für Online-Roulette .
Ein Mann steht vor einem Bildschirm mit einer Seite für Online-Roulette .
© Foto: dpa, Carsten Rehder

Die große Mehrheit im Landtag begrüßt die geplante Reform des Glückspielrechts, die die Ministerpräsidenten der Länder Ende Januar auf den Weg gebracht haben. Demnach sollen künftig bisher illegale Internetspiele wie Online-Poker oder Online-Casinos erlaubt werden. „Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen“, so Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU). Er hob die strengen Vorgaben zum Spieler- und Jugendschutz sowie zum Schutz vor Suchtgefahren hervor. Im Landtag gab sich einzig die SPD skeptisch gegenüber der Neuregelung.

Bisher hat nur Schleswig-Holstein als einziges Bundesland Lizenzen für Online-Glücksspiele vergeben. Nun habe sich das Land gegenüber den anderen 15 Bundesländern weitgehend durchgesetzt, betonte Hans-Jörn Arp (CDU). Falls es zu keiner Einigung gekommen wäre, dann hätte Schleswig-Holstein ein gemeinsames Papier mit Hessen und Bayern „aus der Schublade gezogen“, so Arp.  

„Ende einer realitätsfernen Parallelwelt“

Der geplante Staatsvertrag beende die bisherige realitätsferne „Parallelwelt“, merkte Lasse Petersdotter (Grüne) an. Das Zocken sei aktuell zwar weitgehend verboten, tatsächlich sei aber „ein riesiges, buntes Angebot“ problemlos „über Google“ zu erreichen. Künftig gelte das Motto: „Wir legalisieren, um zu regulieren.“ Lars Harms (SSW) zählte die Vorzüge des neuen Kurses auf: mehr Spielerschutz, Rechtssicherheit für die Anbieter sowie Einnahmen für den Staat, die in den Sport und die Kultur fließen sollen: „Vernünftiger kann man die Sache nicht angehen.“

Der Kompromiss enthält Regeln für den Spielerschutz. Veranstalter von Sportwetten, Poker oder virtuellen Automatenspielen müssen ein System zur Früherkennung von suchtgefährdeten Spielern einrichten. Zudem sollen die Einzahlungen limitiert werden – auf 1.000 Euro pro Monat. Für Sportwetten soll es im Rundfunk und im Internet zwischen 6 und 21 Uhr ein Werbeverbot geben. In einer Sperrdatei sollen Zocker mit Selbst- oder Fremdsperre erfasst werden. Gewinne über einem bestimmten Betrag werden automatisch ausgezahlt, und „Safe Server“, die sämtliche Spieldaten erfassen, ermöglichen jederzeit eine behördliche Kontrolle.

Glücksspielbehörde in Schleswig-Holstein?

Kai Dolgner (SPD) kritisierte die „Jubelarie“ der Befürworter, denn der endgültige Text des Staatsvertrages liege noch gar nicht vor. Entscheidend müsse „der Schutz der Menschen“ sein, so Dolgner. Zudem müssten alle Geldflüsse über eine Aufsichtsbehörde laufen, um Geldwäsche zu verhindern.

Jan Marcus Rossa (FDP) hob hervor, dass die bisherige „Verbotsstrategie“ der schleswig-holsteinischen SPD gescheitert sei. Er blickte auf die geplante zentrale Glücksspielbehörde. Hessen hat bereits Interesse angemeldet, aber auch Schleswig-Holstein will sich darum bemühen. „Wir haben hier das Know-how, das notwendig ist“, warb Rossa für den Standort Schleswig-Holstein. Die Ministerpräsidenten wollen im März dem neuen Staatsvertrag grundsätzlich zustimmen. Er muss dann noch von den einzelnen Landesparlamenten ratifiziert werden, um, wie geplant, am 1. Juli 2021 in Kraft zu treten.

Rote Karte für Verlierer

Eine „Spielerkarte“ nach norwegischem Muster schlug der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer vor. Darauf werden Verluste notiert, und Betroffene können zum eigenen Schutz gesperrt werden. Auch Schaffer stellte sich hinter den Länder-Kompromiss: „Online-Glücksspiel ist in Deutschland schlichtweg Realität.“

Jamaika und SSW begrüßen die geplante Reform des Glückspielrechts, die die Ministerpräsidenten der Länder Ende Januar auf den Weg gebracht haben. Der Kompromiss der 16 Länder schaffe die Voraussetzungen für „ein vernunftorientiertes, bundeseinheitliches Glückspielrecht“ und laufe auf eine „dauerhaft tragfähige Lösung“ des jahrelangen Konflikts in dieser Frage hinaus, heißt es in der Vorlage für die Debatte im Landtag.

Schleswig-Holstein hatte in den Jahren 2011 und 2012 einen Sonderweg eingeschlagen und als einziges Bundesland Lizenzen für Online-Glücksspiele vergeben. Die Befürworter erhofften sich einen warmen Regen für die Landeskasse durch die Glücksspielabgaben der Zock-Firmen. Kritiker warnten vor einer wachsenden Spielsucht. Alle anderen Länder halten sich hingegen an den Glücksspielstaatsvertrag, der das Online-Spiel weitgehend ausschließt.

Spielerschutz und Aufsichtsbehörde

Der aktuelle Kompromiss sieht eine weitgehende Liberalisierung vor, enthält aber zugleich Regeln für den Spielerschutz. So sieht er vor, dass Anbieter für jeden Spieler ein Spielkonto einrichten müssen. Veranstalter von Sportwetten, Online-Casinospielen, Online-Poker und virtuellen Automatenspielen müssen ein „automatisiertes System“ zur Früherkennung von glücksspielsuchtgefährdeten Spielern einsetzen. Zudem sollen die Einzahlungen limitiert werden, und zwar auf 1.000 Euro pro Monat. Für Sportwetten soll es im Rundfunk und im Internet zwischen 6 und 21 Uhr ein Werbeverbot geben.

In einer Sperrdatei sollen künftig Zocker mit Selbst - oder Fremdsperre erfasst werden. Die Sperrdatei wird bei einer geplanten zentralen Aufsichtsbehörde geführt. Anbieter müssen alle Spieldaten für die Behörde zu Kontrollzwecken abrufbar halten. Diese soll so prüfen, ob Spielverläufe zu Lasten von Spielern manipuliert oder Regulierungsvorgaben verletzt wurden. Die Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten, Online-Poker oder virtuellen Automatenspielen soll künftig mit Wirkung für alle Länder von der Glücksspielbehörde erteilt werden. CDU, Grüne, FDP und SSW im Landtag sprechen sich dafür aus, diese Behörde in Schleswig-Holstein anzusiedeln.

Neuer Staatsvertrag Mitte 2021

Es ist geplant, dass die Ministerpräsidenten dem neuen Staatsvertrag Anfang März grundsätzlich zustimmen. Er muss dann noch von den einzelnen Landesparlamenten ratifiziert werden. Der neue Staatsvertrag soll am 1. Juli 2021 in Kraft treten - dann läuft der bisherige aus.

(Stand: 17. Februar 2020)

Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
November 2019 (3. Änderungsvertrag/ohne Aussprache)
Mai 2019 (Online-Casinospiele)
Februar 2019 (Lizenzen)

Antrag

Neuregulierung des Glücksspiels
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen, FDP und der Abg. des SSW – Drucksache 19/1984