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12. Dezember 2019 – Dezember-Plenum

Kita-Reform nimmt letzte Hürde

Für die heute verabschiedete Kita-Reform des Jamaikabündnisses gibt es Zuspruch auch von der Opposition. Doch die Beitragsgestaltung und Fragen nach der Inklusion ließen die Emotionen hochkochen.

Kinder stehen im Umkleideraum eines Kindergartens.
Kinder stehen im Umkleideraum eines Kindergartens.
© Foto: dpa, Carsten Rehder

Die Kita-Reform ist beschlossene Sache. Der Landtag hat sich gegen die Stimmen der SPD-Fraktion für die Annahme des Kita-Gesetzes der Landesregierung ausgesprochen. Ein Kernpunkt ist die Angleichung und Deckelung der Elternbeiträge ab August 2020. Bisher gibt es im Land erhebliche Unterschiede. Einigkeit bestand fraktionsübergreifend, dass die Reform ein Schritt in die richtige Richtung sei.

Die Reform tritt am 1. August 2020 in Kraft. Neben der Beitragsdeckelung sollen der Betreuungsschlüssel verbessert und die Schließzeiten der Kitas im Jahr verkürzt werden. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, sollen Kinder auch außerhalb des Wohnortes eine Kita besuchen können. Auch die Rahmenbedingungen für Tagesmütter würden verbessert. Die Landes- und Bundesmittel für Kitas steigen von 332 Millionen Euro im laufenden Jahr auf 568 Millionen Euro im Jahr 2022. In dieser Wahlperiode fließe eine Milliarde Euro ins Kita-System, betonten Jamaika-Redner.

Die richtige Arbeit fängt erst an

„Wir haben den Weg zum familienfreundlichsten Bundesland eingeschlagen“, verkündete die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben. Anita Klahn (FDP) lobte den zweieinhalbjährigen Arbeitsprozess: „Ein wichtiges Anliegen war, ein neues Kita-Gesetz nicht am grünen Tisch zu entwickeln, sondern im engen und konstruktiven Austausch mit den Beteiligten und den Betroffenen“. Das Gesetz schaffe erstmalig gesetzlich normierte Mindeststandards und somit Verlässlichkeit für Kommunen, Eltern und Träger. Dabei sei klar, dass nach der Phase der Evaluierung nachgebessert werden müsse.

Die CDU-Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann stieß ins gleiche Horn: „Wir probieren die Reform erst aus“, sagte sie und betonte, dass bei der Reform auch die spezifischen Anliegen der Waldkitas und der dänischen Minderheit berücksichtigt worden seien. „Das ist ein Startpunkt, die richtige Arbeit fängt gerade erst an“, kommentierte etwa der Abgeordnete Flemming Meyer (SSW). Er lobte den Gesetzentwurf auch als „Ausdruck einer guten Minderheitenpolitik“.

Lob und Tadel von der SPD

Serpil Midyatli von der oppositionellen SPD fand auch lobende Worte für die Reform, kritisierte aber, dass sich die Situation für Familien in einigen Regionen und vor allem in den Städten verschlechtere. Denn die neuen Beiträge lägen etwa in Kiel und Neumünster unterhalb der Deckelung. „Es fehlt Geld in dem System“, befand Midyatli. Die Koalition bleibe weit hinter ihren Ankündigungen zurück, Kommunen und Eltern zu entlasten sowie die Qualität der Betreuung zu steigern. Zudem werde der Fachkräftemangel in den Kitas ausgeblendet, so Midyatli.

Auch vom rechten Rand gab es Kritik: Der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer kritisierte, der Gesetzentwurf bevorzuge die Fremdbetreuung in Kitas und Krippen zu Lasten der Betreuung von Kindern im familiären, häuslichen Umfeld.

Diskussion um Inklusion

Insbesondere in den Drei-Minuten-Beiträgen wurde hitzig über die Frage nach der Inklusion von Kindern mit Behinderung gestritten. Der SPD-Abgeordnete Wolfgang Baasch bezeichnete die Reform als diskriminierend für Kinder mit Handicap: „Kitas können die Aufnahme verweigern oder kündigen. Ich kann diesem Gesetz so nicht zustimmen“, empörte er sich. Auch müssten Inklusionskinder künftig mehr Kita-Beiträge zahlen.

Sozialminister Heiner Garg (FDP) sprach von einem der größten Projekte der Landesregierung, auf das alle Beteiligten stolz sein könnten. Die Reform entlaste viele Familien finanziell, die Kommunen bekämen deutlich mehr Landesmittel und die Qualität in den Einrichtungen werde verbessert. Garg bezeichnete die Kita-Reform als lernendes System. Es sei heute kein Schlusspunkt gesetzt worden, die Reform sei vielmehr der Start in eine neue Phase der frühkindlichen Bildung.

Die Inklusionskritik der SPD wies der Minister scharf zurecht: „Es ist die Verantwortung der Opposition, auf ihre Rhetorik zu achten, um die Menschen da draußen nicht zu verängstigen“, sagte er. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt wies daraufhin, dass die Beiträge für Inklusionskinder an dem von der früheren Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) verantworteten Teilhabegesetz liege.

Die Kita-Reform, eines der im Koalitionsvertrag verankerten Leuchtturmprojekte von CDU, Grünen und FDP, nimmt im Parlament die letzte Hürde. Ein Kernpunkt: Die Höhe der Elternbeiträge wird ab August 2020 begrenzt. Damit sollen die Beiträge landesweit einheitlicher werden. Sie dürfen bei Kindern unter drei Jahren künftig 180 Euro für eine täglich 5-stündige Betreuung und 288 Euro im Falle von acht Stunden täglich nicht überschreiten. Bei Kindern über drei Jahren liegt die Grenze bei 145 Euro (fünf Stunden) und 233 Euro (acht Stunden). Der Beitrag für Kitas steigt durch die Reform von 332 Millionen Euro an Landes- und Bundesmitteln im laufenden Jahr auf 568 Millionen Euro 2022 an.

Ein weiterer Eckpfeiler der Reform ist die Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Bei den Drei- bis Sechsjährigen sollen künftig rechnerisch 2,0 Fachkräfte für eine Gruppe zuständig sein, bisher waren es 1,5. Die Gruppen sollen in der Regel 20 Kinder haben. Nach einer in den Ausschussberatungen vorgenommen Änderung zum Ursprungsentwurf dürfen Kitas künftig maximal an 20 statt schließen. Ursprünglich geplant waren 22 Ruhe-Tage. Längstens drei Wochen am Stück dürfen die Ferien dauern. Kleine Kindergärten mit maximal drei Gruppen dürfen insgesamt sechs Wochen Ferien machen.

Zudem wurde die Freistellung von Kita-Leitungen angepasst. Für die Vor- und Nachbereitung haben Pädagogen dem Gesetzentwurf zufolge künftig 7,8 statt 7,3 Stunden pro Woche zur Verfügung. Die Kosten betragen etwa 12,5 Millionen Euro und sollen über Kürzungen bei Pauschalen finanziert werden.

SPD sieht Ziele verfehlt

Den Sozialdemokraten reicht das nicht aus. Sie haben weitere Forderungen. So sollten für die Schaffung neuer Kita-Plätze vom Land mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt werden. Außerdem will die SPD pro Kita-Gruppe zehn Stunden für Vor- und Nachbereitung der Erzieher, die Zahl der Schließtage soll auf 15 Tage reduziert und Eltern sollen für die Kita-Betreuung von Kindern mit Handicap weiter nichts zahlen müssen. Zudem müsse dem Änderungsantrag der SPD zufolge das neue Finanzierungsmodell korrigiert werden. Es sehe den Geldfluss Land-Kreis-Kitaträger vor. Die bisher eingebundenen Gemeinden würden übergangen, sie müssten aber weiterhin Verträge mit den Trägern abschließen.

(Stand: 9. Dezember 2019)

Debatte Erste Lesung:
September 2019 (Kita-Reform Regierung)
Weitere vorherige Debatten zum Thema:
März 2019
April 2018
Juli 2017

Zweite Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur finanziellen Entlastung von Familien und Kommunen
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1699
(Ausschussüberweisung am 27. September 2019)
Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses – Drucksache 19/1847

Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1890