Der Landtag will den Haushalt für das kommende Jahr verabschieden. Durch die Ende November vorgelegte und vom Jamaika-Kabinett gebilligte Nachschiebeliste sind in dem neuen Haushaltsentwurf Ausgaben von 13,022 Milliarden Euro vorgesehen. Die erwarteten Einnahmen betragen im kommenden Jahr 13,48 Milliarden Euro. Die Landesregierung plant, 27 Millionen Euro alte Schulden zu tilgen. Aktuell drückt das Land eine Schuldenlast in Höhe von 28,9 Milliarden Euro. Alleine für Zinsen plant das Finanzministerium im Haushalt 458 Millionen Euro ein. Die Investitionsquote beträgt 9,7 Prozent.
Die von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) im Herbst vorgenommene Nachjustierung des Haushaltsentwurfs aus dem Sommer beschert den Kommunen und dem Ausbau der Digitalisierung zweistellige Millionenbeträgen zusätzlich. Die Änderungen des Etats sehen vor, dass die Mittel für Digitalisierung um 36,5 Millionen aufgestockt werden – unter anderem für das Kita-Online-Portal, die Verbesserung des mobilen Streifen- und Einsatzdiensts der Polizei und das Programm „Schulen ans Netz“. Die Kommunen werden mit 30 Millionen Euro zusätzlich gestärkt.
Schuldentilgung nach unten korrigiert
Trotz dieser Steigerungen sind im neuen Haushaltsentwurf die Ausgaben mit 13,022 Milliarden Euro insgesamt um 32 Millionen Euro niedriger als zunächst veranschlagt. Allerdings sinken auch die erwarteten Einnahmen um 40 Millionen Euro auf 13,48 Milliarden Euro. Die zunächst angepeilte Schuldentilgung von 36 Millionen Euro in 2020 wurde auf 27 Millionen Euro nach unten korrigiert. Und auch die Investitionsquote fällt etwas niedriger aus (9,7 statt 10,1 Prozent), denn es werden 66 Millionen Euro weniger investiert. Gründe sind eine bedarfsgerechte Nachsteuerung von Mitteln aus dem Infrastrukturprogramm Impuls und eine Streckung der zunächst für ein Jahr vorgesehen Finanzhilfen des Bundes für die soziale Wohnraumförderung auf mehrere Jahre.
Die 30 Millionen Euro zusätzlich für die Kommunen in 2020 dienen zum Teil als Ausgleich für die Kürzungen bei den Integrationsmitteln des Bundes. Das Programm „Ehrenamt und Flüchtlinge“ wird mit einer Million Euro fortgesetzt. Zur Stärkung des ÖPNV werden die Zuschüsse um fünf Millionen auf 33 Millionen Euro erhöht. Weitere 20 Millionen Euro stellt das Land den Kommunen für die Kompensation der Auswirkungen des Systemwechsels im Bereich der Sozialhilfe zur Verfügung.
Stärkung der Kommunen ein „dicker Brocken“
Die Aufstockung der Mittel für die Kommunen im Jahr 2020 hat mit der 2021 geplanten Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) zwischen Land und Kommunen noch nichts zu tun. Hier steht eine endgültige Einigung noch bevor. Grundsätzlich ist die Stärkung der Kommunen laut Finanzministerin Heinold „ein dicker Brocken für die Finanzplanung des Landes“. Möglicherweise müsse Jamaika dafür an anderer Stelle sparen.
Entlastend auf den nachjustierten Haushalt 2020 wirken unter anderem niedrigere Zinsausgaben. Sie fallen um 34 Millionen Euro geringer aus als zunächst von Heinold aus Sicherheit großzügig kalkuliert. Im Vergleich zu Prognosen von 2010 betrage die Zinslast statt 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro im nächsten Jahr 450 Millionen Euro. Aktuell habe das Land einen Zehn-Jahres-Kredit für 0,5 Prozent Zinsen aufnehmen können. Außerdem fallen 2020 die Personalausgaben um 27 Millionen Euro niedriger aus als erwartet und 17 Millionen Euro für das LNG-Projekt werden erst später gebraucht.
Fraktionen setzen eigene Akzente
Millionen zusätzlich für neue Radwege, die beitragsfreie Kita oder zusätzliches Geld für ein besseres Baustellenmanagement – die Fraktionen legen traditionell eigene Finanzierungswünsche vor. Während die Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP mit Änderungsanträgen im Umfang von etwa 13,3 Millionen Euro präsentieren, bringt die oppositionelle SPD Vorschläge in die laufenden Haushaltsberatungen ein, die unterm Strich zusammen rund 90 Millionen Euro kosten würden. Die AfD sieht insbesondere bei den Ausgaben für die Flüchtlingspolitik 18 Millionen Euro Einsparpotential, und der SSW freut sich über grünes Licht im Finanzausschuss für einige Anträge der Landtagsgruppe.
Vorschläge der Jamaika-Fraktionen:
Mit jeweils 500.000 Euro machen Mittel für eine Wasserstoffstrategie des Landes und die Sanierungsarbeiten im Jugendfeuerwehrzentrum Rendsburg die größten Einzelposten der Vorschläge von CDU, Grünen und FDP aus. Je 300.000 Euro soll es für ein modernes Baustellenmanagement, für den Aktionsplan Radverkehr und die Digitalisierung von Planungsunterlagen bei Infrastrukturprojekten geben. Ebenfalls ein sechsstelliger Betrag (250.000 Euro) ist für Erst-Aufforstungsmaßnahmen vorgesehen. Die Finanzexperten der Koalition verweisen darauf, dass ihre Vorhaben solide gegenfinanziert seien.
Und: kurz vor der Plenartagung präsentierten die Jamaika-Fraktionen einen Änderungsantrag, der für die Pflegekammer für das kommende Jahr eine Anschubfinanzierung in Höhe von drei Millionen Euro vorsieht. Damit wären die Mitglieder, das Pflegepersonal des Landes, ein Jahr beitragsfrei. In den letzten Monaten hatten sie hierfür mehrfach demonstriert.
Vorschläge der SPD-Fraktion:
Die Forderungen der Sozialdemokraten in ihrem alternativen Haushaltsplan 2020 fallen in vielen Bereichen finanziell wesentlich größer aus. Die Fraktion will in den kommenden beiden Jahren insgesamt 27 Millionen Euro in Sanierung und Bau von Radwegen investieren. Außerdem beantragte die SPD 16 Millionen Euro für echte Lernmittelfreiheit an Grundschulen sowie jeweils fünf Millionen Euro für die Vernässung von Mooren in den kommenden vier Jahren und 25 Millionen Euro für die beitragsfreie Krippe für Kinder bis drei Jahre. Insgesamt haben die Anträge ein Volumen von rund 90 Millionen Euro. Alle Vorschläge seien gegenfinanziert, unter anderem ließen sich 15 Millionen Euro durch den Verzicht auf die gemeinsame Abschiebehaftanstalt der norddeutschen Länder einsparen, hieß es bei der Vorstellung der Finanzvorschläge.
Vorschläge der AfD:
In einer Pressemitteilung beziffert die AfD ein mögliches Einsparpotential im Landesetat von über 100 Millionen Euro. Allein im Bereich der Flüchtlings- und Integrationspolitik könnten den Angaben zufolge etwa 18 Millionen Euro eingespart werden. Auch die von Jamaika geplanten 3,8 Millionen Euro zur Umsetzung ihrer Energiewende-Politik seien überflüssig. Und: „Die Budget-Erhöhungen, die in den Einzelhaushaltsplänen der Landesministerien für das Jahr 2020 vorgesehen sind, gingen ebenfalls über das hinaus, was zwingend erforderlich wäre. Hier sind Minderausgaben von rund 62 Millionen Euro möglich“, heißt es.
Vorschläge des SSW im Landtag:
Der SSW hat sich über die Zustimmung des Finanzausschusses zu einige Anträgen der Landtagsgruppe gefreut. So sei erreicht worden, dass die Dansk Centralbibliothek im kommenden Jahr einen Zuschuss von 100.000 Euro für die Anschaffung eines neuen Bücherbusses erhält und der Palliativ- und Hospizverband drei neuen Stellen sowie Sach- und Umzugskosten bekommen (149.400 Euro und ab dem Jahr 2021 mit 126.700 Euro). aufwenden.
Ein gemeinsamer Änderungsantrag aller Fraktionen (mit Ausnahmen der AfD) sieht die Einrichtung einer „Clearingstelle Windenergie vor. Die Gesamtkosten werden auf knapp 270.000 Euro beziffert.
Mitberatung:
Sondervermögen künstliche Intelligenz (Top 2)
Mit einem Sondervermögen von 4,5 Millionen Euro will die Landesregierung die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) in Schleswig-Holstein voranbringen. Der Finanzausschuss gab hierfür bereits grünes Licht, nur die AfD votierte dagegen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kündigte im August in der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung an: Bei der Entwicklung und Anwendung der KI will Schleswig-Holstein bundesweit eine führende Rolle übernehmen.
Konkret soll das Sondervermögen helfen, Projekte und Initiativen über acht Handlungsfeldern anzuschieben, darunter in den Bereichen Verwaltung und Wirtschaft oder Klima und Energie. So sollen unter anderem kleine und mittlere Unternehmen, Forschungs- und Lehreinrichtungen sowie der digitale Ausbau der Verwaltung gestärkt werden. Auch in Fragen des Klimaschutzes erhofft sich die Regierung positive Effekte von KI.
Mitberatung:
Fahrrad-Infrastruktur (Top 18)
Wenige Wochen bevor Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) ankündigte, bis 2023 rund 900 Millionen Euro zusätzlich für den Radverkehr in Deutschland auszugeben und Projekte der Länder und Kommunen vor Ort zu fördern, hatte der SSW eine bessere Fahrradinfrastruktur in den Städten Schleswig-Holsteins gefordert. Die Landesregierung solle ein Programm auflegen, dass eine „besondere und dauerhafte“ Förderung des Fahrradverkehrs im städtischen Bereich gewährleiste, heißt es in einem Anfang September vorgelegten Antrag. Das Thema wird im Zuge der Haushaltsberatung mit aufgerufen, weil das Land zusätzlich 300.000 Euro für den Aktionsplan Radverkehr zur Verfügung stellen will (siehe Absatz oben: „Vorschläge der Koalition“)
Seinen Antrag begründet der SSW damit, dass insbesondere die Sanierung und der Neubau von Fahrradwegen in den Innenstädten die besten Voraussetzungen schaffe, um Luftreinheit und Sicherheit zu verbessern. „Da die Städte allein hier nicht über die nötigen Mittel verfügen und die allgemeinen Fördermittel für Radwegebau nicht ausreichen, muss das Land hier die Städte gesondert unterstützen“, heißt es weiter.
Pläne der Kieler Regierung
Mit den von Bundesminister Scheuer versprochenen zusätzlichen 900 Millionen Euro werden deutschlandweit nun bis 2023 rund 1,4 Milliarden Euro in den Radverkehr fließen. Noch in diesem Jahr sollen nach dem Willen des Bundesverkehrsministeriums dafür Sonderprogramme auf den Weg gebracht werden. Gefördert werden sollen zum Beispiel der Ausbau von Fahrradstraßen und Fahrradbrücken oder -tunnel, aber auch Lastenräder sowie Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen.
Die Landesregierung in Kiel hat im Frühjahr eine Fahrradstrategie mit „konkreten Schritten“ angekündigt und dabei auf das BYPAD-Verfahren gesetzt. BYPAD steht für Bicycle Policy Audit (Überprüfung der Fahrradförderung). Im Wirtschaftsausschuss des Landes stellte Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) im November erste Ergebnisse vor. So ist Schleswig-Holstein zwar bundesweit bei der Größe des Radwegenetzes vorne dabei, es gebe aber regionale Lücken und es fehle ein einheitliches, landesweites Konzept. Einige Kommunen seien beim Radwegenetz sehr engagiert, wie etwa in vielen Regionen in der Metropolregion, anderen Kommunen fehle es schlichtweg an Wissen auf diesem Gebiet, sagte Buchholz in der Ausschusssitzung im November.
Innerstädtische Velorouten im Kommen
Nach Angaben des Kieler Wirtschaftsministeriums gibt es in keinem anderen Bundesland so viele Radwege entlang der Straßen wie in Schleswig-Holstein. Demnach gebe es im Land knapp 94000 Straßenkilometer und davon rund 5200 Kilometer mit Radweg, was einer Quote von 55,6 Prozent entspreche. Allerdings sei ein praktisches Problem beim Radwegeausbau der Status Quo, der sich aus den Planungen einer „automobilgerechten Stadt“ der 60er und 70er Jahre ergeben habe, sagte kürzlich Verkehrsminister Buchholz. Damals seien zuerst Autos, Busse und Lkw gekommen, erst danach Radfahrer und Fußgänger. Problem bleibe insbesondere in Städten und Gemeinden der begrenzte Platz durch vorhandene Bebauung.
Einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa aus Frühjahr 2018 zufolge investieren viele Kommunen in Schleswig-Holstein zunehmend Geld in die Fahrrad-Infrastruktur. Als konkrete Projekte wurden neben dem Neu- oder Ausbau von Fahrradwegen etwa farbliche Fahrbahnbeläge an Kreuzungen, Dienst- oder Leihfahrräder, Haltegriffe an Ampeln, Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen, überdachte Stellplätze mit Bügeln und Ladestationen für E-Bikes genannt. Im Kommen sind auch „Schnellstraßen“ für die Zweiräder. In Kiel wurde erst kürzlich die „Veloroute 10“ eröffnet – eine fünf Kilometer lange, vier Meter breite und rund fünf Millionen Euro teure autofreie Strecke zwischen einem Einkaufscenter und der Uni.
Mitberatung:
Archivwesen (Top 29)
In einem separaten Antrag begrüßen es die Koalitionsfraktionen, dass es im kommenden Jahr Haushaltsmittel für zwei Stellen für das digitale Landesarchiv geben soll. CDU, Grüne und FDP wollen mit dem Antrag die Landesregierung auffordern, „Gespräche mit den Kommunalarchiven und dem Landesarchiv darüber zu führen, wie die kommunalen Verpflichtungen in Anbetracht der digitalen Herausforderungen noch besser umgesetzt werden können“.
Mitberatung:
Das UKSH-Milliardenpaket (Top 35)
Im Zuge der Haushaltsdebatte werden zwei aus dem Dezember 2018 stammende Anträge von SPD und den Koalitionsfraktionen mit aufgerufen, die beide auf die Ausstattung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) mit medizinischen Gerätschäften zielen. Dabei geht es konkret um die Finanzierung der Erstausstattung in den neu errichteten beziehungsweise sanierten Bauten. Eine Empfehlung des Finanzausschusses liegt noch nicht vor; die Sitzung zu dem Thema soll am frühen Morgen vor der Eröffnung der Tagung stattfinden.
Die neueste Entwicklung zu diesem Thema: Mitte November dieses Jahres haben Landesregierung, weite Teile des Parlaments (einzig die AfD gehörte nicht mit zu den Unterzeichnern) und das UKSH ein Finanzpaket zur finanziellen Absicherung des Uniklinikums unterzeichnet. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) beziffert das Finanzvolumen auf bis zu eine Milliarde Euro. Das Land will Altschulden des Klinikums in Höhe von 340 Millionen Euro übernehmen und gibt Zusagen für Investitionsmittel in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Zudem wird der jährliche Investitionszuschuss des Landes bis 2028 auf 50 Millionen Euro aufgestockt.
Mitberatung:
Sonderzahlung für Beamte (Top 36)
Die Koalitionsfraktionen haben es im Finanzausschuss abgelehnt, den Beamten als Ersatz für ein Weihnachtsgeld eine Sonderzahlung in Höhe von 1000 Euro zu zahlen. Die Forderung hatte der SSW erhoben. Die Landtagsgruppe unterstützte mit ihrem Ende September vorgelegten Antrag ein diesbezügliches Kompromissangebot des Deutschen Beamtenbundes. Im Ausschuss ging die AfD mit dem SSW, die SPD enthielt sich.
In der Ersten Lesung im November hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) darauf hingewiesen, dass der vorliegende Antrag eine Verschlechterung für Beschäftigte niedriger Besoldungsstufen darstellen könne – denn diese erhielten derzeit noch 660 Euro Weihnachtsgeld und zuzüglich 400 Euro Weihnachtsgeld pro Kind. Der SSW argumentierte damit, dass die jüngste Reform der Besoldungsstruktur für Beamte unzureichend gewesen sei und eine Sonderzahlung den Landeshaushalt geringer belaste als die Wiedereinführung eines Weihnachtsgeldes für alle Besoldungsgruppen.
(Stand: 9. Dezember 2019)
Debatte Erste Lesung zum Haushalt:
September 2019
Weitere vorherige Debatten zum Thema Haushalt und Beamte:
November 2019 (Sonderzahlung Beamte)
Dezember 2018 (Haushalt 2019)
Dezember 2018 (Verkauf HSH Nordbank)
Februar 2018 (Haushalt 2018)
Debatte Erste Lesung Künstliche Intelligenz:
August 2019
Weitere vorherige Debatte zum Thema Künstliche Intelligenz:
Januar 2019
Vorherige Debatte zum Thema Fahrradverkehr:
Mai 2019 (Sicherheit)
Ausschusssitzung zum Thema Fahrradverkehr:
27. November 2019
Debatte bei Antragstellung UKSH:
Dezember 2018 (Teil einer Haushaltsdebatte)
Vorherige Debatte zum Thema UKSH:
November 2019