Baggerarbeiten auf einer Baustelle in einem Wohngebiet.
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Foto: dpa, Arno Burgi
Wer in einer Sozialwohnung lebt, aber über den gültigen Einkommensgrenzen verdient, muss wohl auch künftig keinen Differenzbetrag zur ortsüblichen Miete an die Kommune überweisen. Ein entsprechender Gesetzentwurf des SSW stieß in Erster Lesung auf breite Skepsis. Lars Harms (SSW) begründete den Vorstoß damit, dass bundesweit rund 54 Prozent aller Sozialwohnungen von Menschen bewohnt würden, die über den gültigen Einkommensgrenzen liegen. Dies habe eine Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft vor einigen Jahren ergeben. Überprüfungen gebe es derzeit kaum.
Bei den gut 47.000 Sozialwohnungen in Schleswig-Holstein seien das rund „fehlbelegte“ 20.000, rechnete Harms vor. Für den SSW sei die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe „eine Frage der Gerechtigkeit“ – „wir wollen aber nicht erwirken, dass Menschen im Zweifelsfall aus ihrer Wohnung ausziehen müssen“. Bisher liegen laut Harms die Grenzen für den Bezug von Sozialwohnungen bei einem Jahreseinkommen 14.400 Euro für Einzelne und 21.600 Euro für Paare. Die Erlöse aus der Fehlbelegungsabgabe sollen zweckgebunden in den Bau neuer Sozialwohnungen fließen.
Warnung vor hohem Verwaltungsaufwand
Alle anderen Fraktionen lehnten eine Fehlbelegungsquote allerdings im Grundsatz ab. Peter Lehnert (CDU) und Jan Marcus Rossa (FDP) verwiesen auf den hohen Verwaltungsaufwand. Viele Gemeinden wären „überlastet“. Beide warnten auch vor einer „Ghettoisierung von Quartieren“. Andreas Tietze (Grüne) verwies darauf, dass keine „absolute Gerechtigkeit“ erreicht werden könne. Und AfD-Fraktionschef Jörg Nobis nannte den Gesetzentwurf „verfassungswidrig“
Ein mitberatener Vorstoß der SPD zu mehr Förderung von „qualifizierten“ Mietspiegeln“ nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, für den die Sozialdemokratin Ünsal warb, fand mehr Anklang. Allerdings sollten die Kommunen selbst entscheiden, ob sie das wollen, betonte Ünsal: „Letztlich erhöht die Maßnahme die Transparenz und Rechtssicherheit“, erklärte sie. Ihren Angaben zufolge gibt es qualifizierte Mietspiegel bereits in Kiel, Lübeck, Neumünster und Norderstedt. Laut dem Antrag kann mit der Erhebung über den Mietzins, „die Transparenz über die örtliche Vergleichsmiete zu erhöhen und “Konflikte zwischen Mietern und Vermietern über die zulässige Miethöhe zu verringern“.
Minister stellt Regelungsvorschlag in Aussicht
Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) bezeichnete den Antrag als einen „einen gangbaren Weg“ und stellte einen Regelungsvorschlag in Aussicht. Qualifizierte Mietspiegel seien allerdings für die Kommunen „sehr teuer“. Grüne und AfD zeigten sich hier deutlich skeptischer.
Gesetzentwurf und Antrag wurden zur weiteren Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.