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14. November 2019 – November-Plenum

Landtag fordert mehr Energie für den Klimaschutz

Der Klimaschutz und damit verbunden die Suche nach alternativer Energie zählen zu den viel diskutierten Themen dieser Monate. Fast zwei Stunden berät der Landtag gleich vier Anträge in einer Debatte.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis hält eine Rede im Plenarsaaal.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis hält eine Rede im Plenarsaaal.
© Foto: Michael August

In einer vier Anträge abdeckenden Klimadebatte hat der Landtag vor einem unumkehrbaren Klimawandel gewarnt und sich dafür ausgesprochen, künftig alle Gesetze und Verordnungen einem Klimacheck zu unterziehen und deren Klimaverträglichkeit auftzuzeigen. Wo möglich, soll dabei die zu erwartende Wirkung auf die Treibhausgasemissionen quantifiziert werden, heißt es in einem Antrag der Jamaika-Koalition, der als einziger mit Mehrheit beschlossen wurde. Statt wie ursprünglich angesetzt 35 Minuten diskutierte das Plenum fast zwei Stunden lang die Themen Ölheizungen, Ölbohrungen, Klimapaket und Klimahinweise in landespolitischen Regelungen.

Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sprach sich in einem von der SPD geforderten Bericht klar gegen eine Ausweitung der Förderung von fossilen Energieträgern aus. Das betreffe auch die Ausweitung der Ölförderung von der Plattform Mittelplate im Wattenmeer. Hier müssten allerdings „Recht und Gesetz“ beachtet werden, betonte der Minister. Vom Bund forderte er eine „Ausstiegsperspektive aus den Fossilien“. Es sei an der Zeit, „den Hebel umzulegen“. Elektro- und Wasserstofftechnologien seien mittlerweile so ausgereift, dass sie einsatzfähig bereitstünden. „Wir setzen hier in Schleswig-Holstein Maßstäbe und hoffen, dass wir nicht noch vom Bund ausgegrenzt werden“, so Albrecht.

AfD bestreitet unnatürlichen Klimawandel

Für die AfD bestritt der Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis mit Nachdruck einen menschengemachten Klimawandel. Er forderte, das im Bundesrat in Vorbereitung befindliche „Klimaschutzgesetz“ abzulehnen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und alle Gesetze, Verordnungen und sonstigen Vorschriften zum Klimaschutz abzuschaffen. Denn: Das sei zu teuer und gefährde das Industrieland Deutschland, so Nobis.

Das stieß bei allen anderen Parteien auf Unverständnis und heftigen Protest. Der SPD-Abgeordnete Thomas Hölck warf der AfD vor „menschenfeindlich“ zu agieren, der Liberale Oliver Kumbartzky (FDP) sprach von „reaktionärer Blindheit“, und Flemming Meyer vom SSW nannte diese Art der Politik „gefährlich, verantwortungslos und rücksichtslos“. Heiner Rickers (CDU) machte deutlich, wenn der Klimawandel nicht schnellstens verlangsamt wird, werde es schon bald „kein lebenswertes Leben mehr auf diesem Planeten geben“. Es sei „fünf vor zwölf bis zwölf Uhr“, sagte er.

Gegen Ölförderung im Wattenmeer

Zentral diskutiert wurde die Ölförderung von der Bohrinsel Mittelplate aus. Der Sozialdemokrat Hölck sprach sich klar gegen eine Ausweitung aus. Ein vorliegender Antrag von Dea Wintershall auf eine Schrägförderung zu einer neuen Öl-Lagerstätte „passt einfach nicht mehr in die Zeit“, so Hölck. Der Nationalpark Wattenmeer müsse Vorranggebiet für die Natur bleiben. Ähnlich äußerte sich Eka von Kalben (Grüne): „Nationalpark und Ölförderung vertragen sich nicht.“ Für den SSW betonte Flemming Meyer, die Ölförderung im Wattenmeer sei „rückwärtsgewandt“.

FDP-Mann Kumbartzky hingegen verwies darauf, dass Mittelplate Deutschland unabhängiger von Importen aus Staaten mache, „die nicht so viel Wert auf Umwelt- und Arbeitsschutz legen“. Überdies würden dort seit Jahren höchste Sicherheitsstandards eingehalten.

Landesprogramm für Öl-Heizungen abgelehnt

Ein von der SPD gefordertes Landesprogramm mit dem Ziel, Hauseigentümer in Schleswig-Holstein beim Austausch von Öl-Heizungsanlagen auf klimafreundliche Techniken finanziell zu unterstützen, fand keine Mehrheit – obwohl auch die Grünen Sympathien zeigten: „Aus dieser Art der Wärme müssen wir schleunigst aussteigen. Weiter noch neue Ölheizungen zu fördern, ist ein Anachronismus“, erklärte etwa die Grünen-Fraktionschefin von Kalben.

Weitere Redner:
Lukas Kilian (CDU), Volker Schnurrbusch (AfD), Joschka Knuth (Grüne), Sandra Redmann (SPD)

Das Plenum hat vier Anträge zur Klimaschutz-und Energiepolitik gebündelt. In einer einzigen, auf 35 Minuten angesetzten Debatte sollen Vorstöße der SPD zum Austausch von Ölheizungen und zur möglichen Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer, eine AfD-Forderung nach einer Ablehnung des in Berlin geschnürten Klimapakts sowie ein Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur Beachtung des Klimaschutzes bei allen landespolitischen Regelungen diskutiert werden.

ÖLHEIZUNGEN:
Mit Blick auf das vom schwarz-roten Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Einbau-Verbot für neue Ölheizungen fordert die SPD-Fraktion im Norden ein Landesprogramm, das Hauseigentümer beim Austausch von Öl-Heizungsanlagen auf klimafreundlichere Techniken finanziell unterstützen soll. Das Papier solle die Landesregierung noch vor der Verabschiedung des Haushalts 2020 vorlegen.

Konkret ist der Einbau neuer Ölheizungen ab 2026 verboten – es gibt aber Ausnahmen, wenn etwa ein Haus weder mit Gas noch mit Fernwärme versorgt und die Heizung auch nicht aus erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Gas- oder Ölheizkessel, die 1991 oder später eingebaut worden sind, dürfen ab dem Einbau nur 30 Jahre lang betrieben werden; ältere Ölanlagen müssen sofort stillgelegt werden. Die Regelungen zu den Ölheizungen sind Teil der Klimaschutz-Beschlüsse und fließen in das neue Gebäudeenergiegesetz ein.

Wer seine alte Ölheizung durch ein klimafreundlicheres Modell ersetzen lässt, soll eine „attraktive Austauschprämie“ bekommen. Die Spitzen von Bundes-Union und Bundes-SPD hatten beschlossen, dass die Prämie bei 40 Prozent der Kosten liegen soll. Zudem kann der Austausch steuerlich abgesetzt werden.

Laut der SPD-Fraktion im Norden dient Heizöl derzeit noch in rund 18 Prozent der schleswig-holsteinischen Haushalte der Wärmeversorgung.

ÖL-ERKUNDSBOHRUNGEN IM WATTENMEER:
Eine vom Ölkonzern Wintershall Dea beantragte zusätzliche Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer hat ein altes Streitthema neu entfacht. Während Umweltschützer gegen eine zusätzliche Ölförderung lautstark protestieren, betonen die Jamaika-Fraktionen von CDU, Grüne und FDP, es werde nach Recht und Gesetz entschieden – zuständig sei hierfür das Bergamt in Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen). Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht von den Grünen lehnt weitere Bohrungen mit Blick auf das Nationalparkgesetz ab. Zu all diesen Positionen fordert die SPD jetzt einen Regierungsbericht – insbesondere mit einer „Einschätzung zu der rechtlichen Situation in Land und Bund“ sowie zur Haltung der Landesregierung.

Wintershall Dea sieht durch weitere Bohrungen keine Umweltrisiken. Die unterirdische Erschließung erfolge in 2000 bis 3000 Metern komplett von der vor der Dithmarscher Küste liegenden Bohr- und Förderinsel Mittelplate aus. Von dort werde seit 1987 Jahren störungsfrei Öl gefördert, betont der Konzern. Es gehe bei dem neuen Antrag nur darum, bekannte Reserven im südlichen Zipfel der nachgewiesenen Lagerstätte zu erschließen. Dieser Zipfel liege allerdings knapp außerhalb der Fläche, für die bis 2041 eine Förder-Bewilligung bestehe. Mittelplate hat laut Dea noch um die 17,8 Millionen Tonnen Ölreserven (Stand Ende 2018), das sind mehr als 60 Prozent der deutschen Gesamtreserven.

In den letzten Jahren sind mehrere Anläufe gescheitert, die Ölförderung im Wattenmeer auszuweiten. Zuletzt stoppte das Umweltministerium im Jahr 2017 geplante Erkundungsbohrungen, und 2018 gab Dea bekannt, auf drei Erkundungsbohrungen von neuen Bohrstellen aus – also abseits von Mittelplate – zu verzichten.

KLIMASCHUTZ-PROGRAMM BEENDEN:
Die AfD spricht sich für eine radikale Kehrtwende bei der Klimaschutz- und Energiepolitik aus. Unter anderem fordert die Fraktion dazu auf, das kürzlich beschlossene Klimaschutzpaket der schwarz-roten Koalition in Berlin abzulehnen und das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) abzuschaffen. Darüber hinaus seien „alle nationalen wie internationalen Verpflichtungen, die in Bezug auf den ´Klimaschutz´ eingegangen wurden, zu beenden und keine zukünftigen Verpflichtungen mehr einzugehen“, heißt es in dem Antrag.

Und weiter schreibt die AfD: „Erforderliche Anpassungsmaßnahmen“, etwa beim Deichbau oder der Bewässerung von Agrarflächen in niederschlagsarmen Zeiten, „erfolgen vor dem Hintergrund, dass sich das Klima immer schon verändert hat und unabhängig von der Tatsache, dass Prognosen über die zukünftige Klimaentwicklung auf Grund des Charakters des Klimasystems grundsätzlich nicht möglich sind“.

KLIMASCHUTZ-PRÜFUNG ALLER GESETZE:
Die Koalitionsfraktionen wollen, dass künftig „alle relevanten Regelungsentwürfe“ des Landes auf die Vereinbarkeit mit den Klimaschutzzielen des Landes hin überprüft werden. Dazu zählen CDU, Grüne und FDP Gesetze, Verordnungen und Vergabe- und Förderrichtlinien. „Wo möglich, soll die zu erwartende Wirkung auf die Treibhausgasemissionen quantifiziert werden“, heißt es in dem entsprechenden Antrag. Weiter schreiben die Koalitionsfraktionen, der Klimawandel sei nur in den Griff zu bekommen, „wenn Klimaschutz als Querschnittsaufgabe der Ressorts begriffen und ausgewertet werde“.

(Stand: 11. November 2019)

Vorherige Debatten zum Thema:
September 2019 (Klimapaket des Bundes)
Juni 2019 (Klimaschutzbericht)

Antrag

Hauseigentümerinnen und –eigentümer beim Austausch von Öl-Heizungsanlagen unterstützen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1623(neu)

Antrag

Keine weitere Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1789 

Antrag

Rückkehr zu einer faktenbasierten Klima- und Energiepolitik, echten Umweltschutz betreiben
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1792

Antrag

CO2-Ausstoß bremsen: Klimabilanz bei den Folgenabschätzung von Gesetzen, Verordnungen und Förderungen aufnehmen
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1802
Alternativantrag der SPD-Fraktion – Drucksache 19/1821