Jubelnde Menschen sitzen auf und stehen entlang der Berliner Mauer am Brandenburger Tor.
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Foto: dpa, Wolfgang Kumm
30 Jahre nach dem Wende-Herbst 1989 richtet Schleswig-Holstein in diesem Jahr die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit am 2. und 3. Oktober aus. Vor diesem Hintergrund appelliert der Landtag, die Erinnerung an das DDR-Regime und an die friedliche Revolution wachzuhalten. „Gerade in Lübeck und im Herzogtum Lauenburg haben wir die Folgen der Teilung mit Schießbefehl und Stacheldraht miterlebt“, merkte Tobias Koch (CDU) an.
Konkret soll der 9. November als Tag mit „verschiedenen historischen Ereignissen“ in das Zentrum der politischen Bildung rücken. Das sieht ein gemeinsamer Antrag von Jamaika, SPD und SSW vor, der einstimmig beschlossen wurde. Mit dem 9. November verbindet sich nicht nur der Mauerfall 1989, sondern auch die Pogromnach 1938, der gescheiterte Hitler-Putsch 1923 und die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg 1918. Schulen sollen „Projekttage“ ausrichten und schleswig-holsteinische Schüler in Kontakt mit Gleichaltrigen in Mecklenburg-Vorpommern, mit Zeitzeugen der Wende und mit Politikern bringen.
AfD-Antrag stößt auf breiten Widerstand
„Das Andenken an 1989 soll sich dauerhaft im Bewusstsein halten“, so Frank Brodehl. Seine AfD-Fraktion hatte die Debatte angestoßen mit der Forderung, eine zentrale Gedenkveranstaltung am 9. November im Landeshaus abzuhalten. Der Mauerfall sei ein „Ereignis der Freiheit, das prägend und identitätsstiftend ist für unser Volk“. Er forderte zudem mehr öffentliche Mittel für das Gedenken an den ehemaligen Grenzübergängen in Gudow/Zarrentin und Lübeck-Schlutup.
Der AfD-Antrag stieß bei den anderen Fraktionen jedoch auf breite Ablehnung. Eka von Kalben (Grüne) warf der AfD vor, die Freiheitsbewegung in der DDR für sich zu „vereinnahmen“. „Wir erleben, wie stark die Grenzen immer noch sind“, sagte sie mit Blick auf die AfD-Erfolge bei den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen.
Appell ans gesamtdeutsche „Wir-Gefühl“
„Für viele Menschen stellt die Zeit nach 1990 keine Erfolgsgeschichte dar“, gab Ralf Stegner (SPD) zu bedenken und warf die Frage auf: „Wir haben die politische Einheit, aber wie steht es um die soziale Einheit?“ Viele Westdeutsche hätten „bestenfalls wohlwollendes Desinteresse für den Osten“, so Stegner. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die jahrzehntelange Teilung tiefere Prägungen hinterlassen hat“, sagte auch Christopher Vogt (FDP). „Ossis und Wessis“ müssten mehr miteinander ins Gespräch kommen.
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) mahnte: „Heute müssen wir besonders darauf achten, dass unser Wir-Gefühl nicht leidet.“ Es müsse darum gehen, „die gesellschaftliche Einheit unseres Landes zu vollenden“. Die Erinnerung an 1989/90 wachzuhalten, sei „keine Sache der Geschichtswissenschaft“, betonte Lars Harms (SSW): „Da sind wir alle gefragt.“ Die fraktionslose Abgeordnete Doris von Sayn-Wittgenstein sah „gesunden Nationalstolz“ und „aufrechten Patriotismus“ in den Protesten gegen das DDR-Regime.